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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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sagte sie.
    Darüber mußte ich lachen. Amerikaner sind so romantisch. Hermelin und scharlachrote Roben, und wir wohnen alle in Woburn Abbey. >Ich möchte so gern einen Adelstitel<, sagte sie. >Bobby nicht< - als stritten sie sich darüber, ob es Ente zum Dinner geben sollte!«
    Lady Cray schenkte sich nach und goß Sergeant Wiggins noch Tee ein. Jury wollte nichts mehr trinken.
    »Erzählen Sie mir etwas über den Tod des Neffen.« Er wußte, daß sie mit ihrem ganzen Gerede über blaues Blut und Kricket dieses schmerzliche Thema vermeiden wollte.
    »Er hieß Philip. Er ist umgebracht worden - ermordet.«
    »Das tut mir leid. In Philadelphia?«
    »Nicht in Philadelphia. Da hat er gearbeitet. Irgendwo oben in Pennsylvania. Er hatte eine kleine Blockhütte im Wald, sehr einsam gelegen, und da ist einfach jemand hineinspaziert« - sie zuckte mit den Schultern - »und hat ihn erschossen. Vor zwei Monaten.« Prophylaktisch schüttelte sie den Kopf. Sie wußte, was Jury fragen würde. »Die Polizei glaubt, es war ein Einbruch. Warum, weiß ich nicht. Philip besaß nichts Wertvolles. Er war wie so oft zum Wochenende in seine Hütte gefahren - das alles hat eine Freundin von ihm der Polizei erzählt -, und man hätte ihn sicher auch erst sehr viel später gefunden, wenn diese Freundin nicht unruhig geworden wäre, als er am Sonntagabend nicht zurückkam. Sie waren wohl verabredet.«
    Wiggins schaute von seinem Notizbuch auf. »Seine Freundin?«
    »Ja, Helen oder Heather ... ach, ich weiß nicht mehr genau. Philip hat ein-, zweimal von ihr erzählt. Fanny ist natürlich hingeflogen. Sie hat mit irgend so einem Sheriff in
    Pennsylvania geredet, wo es passiert ist. Ich glaube, er hieß Sinclair. Sie ist noch eine Weile dort geblieben und dann nach Texas geflogen oder nach . « Sie hielt inne, zog die Stirn in Falten und versuchte, sich zu erinnern. »Irgendwo da draußen. Abilene? Das hat sie mir mitgebracht.« Sie nahm die Skulptur wieder vom Tisch und hielt sie hoch. »Ist sie nicht bildschön?«
    Das fand Jury auch. »Was ist mit Philips restlicher Familie?«
    »Fanny war seine einzige Verwandte. Ich sollte hinzufügen, daß die Calverts - Philips Vater und Mutter - beide umgekommen sind, als Philip klein war. Bei einem Flugzeugabsturz. Fanny war keine Blutsverwandte von ihm, aber ich kann Ihnen sagen, sie liebte ihn abgöttisch. Ich bin überzeugt, daß Menschen an gebrochenem Herzen sterben können. Wie dem auch sei, sie ist tot.«
    Lady Cray schaute zum Fenster hinaus, ein eiskalter Windstoß raschelte in den toten Blättern und verstreute sie wie Kupfermünzen. »Ich habe Philip kennengelernt, vor zwei Jahren war er hier. Und er verstand sich prächtig mit meinem Enkel.« Lady Cray schwieg, hörte auf, mit dem Türkisblock herumzuhantieren, und betrachtete ihn mit ihren wunderschönen, nun traurig schimmernden Augen. »Es geht darum, Superintendent, daß ich meine, ich sollte wenigstens das für sie tun: weiter versuchen herauszufinden, was mit Philip wirklich geschehen ist. Als er starb, war sie am Boden zerstört. Das können Sie sich nicht vorstellen.«
    O doch, das kann ich, dachte Jury. Er betrachtete den silbernen Flötisten, der in die Skulptur eingearbeitet war.
    Er stand auf und ging zu der hohen Tür, die auf den kalten Garten hinausführte, in dem es tropfte, als habe sich der Regen von letzter Nacht darin verfangen, als regneten die Bäume. In der Tate hatte er auf derselben Bank wie Fanny Hamilton gesessen; das Bild von Chatterton schwamm ihm vor Augen. Weiße Haut, rotes Haar. Er lag auf dem schmalen Bett. Jury schloß die Augen. Er gewann seine Haltung einigermaßen zurück und drehte sich mit einem feinen Lächeln wieder zu Lady Cray um. »Und Sie haben gedacht, daß ich vielleicht .?« Er beließ es bei der Frage.
    »Ja, ich weiß, es ist eine große Bitte; ich weiß, Sie haben Urlaub. Aber das heißt auch, daß Sie keine Verpflichtungen haben .«
    »Lady Cray, es gibt internationale Gepflogenheiten. Der Mord ist in den Vereinigten Staaten geschehen. Scotland Yard kann nicht einfach der amerikanischen Polizei ins Handwerk pfuschen.«
    »Jetzt haben Sie sich mal nicht so«, sagte sie ganz sachlich.
    Er lächelte. »Es geht nicht darum, daß ich mich habe. Ich will keine Schwierigkeiten machen.«
    »Machen Sie aber. Ein paar Tage Ferien in Philadelphia wären doch mal eine Abwechslung, oder etwa nicht? Natürlich würde ich für die Unkosten aufkommen. Erster Klasse. Oder wenn Sie wollen, fliegen Sie mit
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