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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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Brosche besinnen müsse, auf jeden flackernden Schatten, der auf den Stoff fiel und die Falten so plastisch hervortreten ließ, als seien sie in das marmorne Gewand einer Statue gemeißelt. All das empfand er in einem Moment greller Klarheit. Und doch war es ein Segen, daß er sich an das erste Mal und nicht das letzte Mal erinnerte, daß er sie gesehen hatte. Lady Cray hatte Jane nicht gekannt, die Familie Holdsworth letztendlich ja. Jane stand am Anfang, Lady Cray am Ende.
    Er war sich nur vage bewußt, daß er sie nach den Holdsworths gefragt hatte, mußte es aber getan haben, während er durch die Verandatür in den kalten Garten hinausblickte.
    »Und ob ich sie gesehen habe! Was dachten Sie denn? Alex und Millie .«
    Jury hörte nur mit halbem Ohr zu, während sie über Alex Holdsworth und das kleine Mädchen Millie sprach. Das auf seinem Gesicht festgefrorene Lächeln wirkte wahrscheinlich so natürlich, daß sie gar nicht bemerkte, wie weit er in Gedanken fort war.
    »Sie wohnen jetzt dort, bei Adam, wissen Sie. Er fährt immer noch manchmal nach Castle Howe, nur um alle dort verrückt zu machen. Wir amüsieren uns immer prächtig, Alex, Millie und ich. Wir gehen zusammen in diese Actionfilme - Terminatoren, Aliens und so weiter -, oder ich versammle ein paar nichtsahnende Freunde, und wir spielen Poker. Na ja, Alex spielt Poker. Und wir verbringen auch immer reichlich viel Zeit bei den Pferderennen in Cheltenham.«
    »Und gewinnen Sie?«
    Sie hob die Augenbrauen. »Natürlich gewinnen wir. Wir würden ja wohl kaum hingehen, um zu verlieren, oder?«
    Jetzt wurde sein Lächeln echt; es war auch schwer, bei dem Gedanken an Alex, das Pokern und die Zockerei auf der Rennbahn nicht zu lächeln.
    Das Hausmädchen trug Silbertablett und Eiseimer herein und setzte mit geübten Bewegungen das silberne Teeservice und den Dom Perignon ab. Wiggins erhob sich um zu helfen und wurde mit einem schüchternen Lächeln belohnt; das Abstellen des Champagners im Eiseimer und der hohen, geriffelten Gläser erfolgte mit flattrigen, gesenkten Blicken, als frage das Mädchen sich, ob es das Recht habe, hier im Salon zu sein. Auf Wiggins’ freundliches Murmeln reagierte es nicht.
    Kaum war das Mädchen abgetreten, sagte Lady Cray: »Angst vor ihrem eigenen Schatten, denke ich manchmal. Achten Sie gar nicht darauf, Sergeant Wiggins. Zucker?«
    Wiggins hatte sich für Tee entschieden und bat um drei Stück Zucker, als Lady Cray die silberne Zuckerdose hochhielt. »Aber sie scheint ihre Sache doch ganz gut zu ma-chen«, sagte er, nachdem er ihr den ganzen Weg zur Tür mit Blicken gefolgt war.
    Jury nahm seine Tasse, und die Gastgeberin schenkte sich ein Glas Champagner ein.
    »Eine vorzügliche Köchin ist sie gewiß. Und erstaunlicherweise klug. Ich finde es schade, wenn man erstklassig kocht und gleichzeitig gesellschaftlich so unbeholfen ist, aber, leider Gottes, das gibt’s. Ich finde mich mit der Sprachlosigkeit ab, um in den Genuß ihrer Kochkünste zu kommen. Fanny mochte sie sehr.« Lady Cray seufzte. Dabei beugte sie sich vor und nahm eine ungewöhnliche Skulptur zur Hand, einen Türkisblock, der mit Silberdraht umwunden und mit einer kleinen silbernen, Querflöte spielenden Figur verziert war. »Ich werde Fanny Hamilton aufrichtig vermissen, Superintendent. Mit dem Polizeipräsidenten habe ich über ihren Neffen gesprochen. Aber kann ich Ihnen zunächst etwas über Fanny erzählen?« Sie stellte die Skulptur wieder hin und lehnte sich zurück.
    »Selbstverständlich.«
    »Sie ist vor ungefähr einem Jahr hier bei mir eingezogen, nachdem ich von Castle Howe zurück war .« Sie machte eine Pause und schaute Jury an. »Übrigens, ich weiß nicht, was wir ohne diesen blitzgescheiten Anwalt gemacht hätten.«
    Pete Apted, Kronanwalt. Der legendäre Jurist, der in dem Fall die Verteidigung übernommen hatte. »Ja. Gefangene macht Mr. Apted nicht, stimmt’s?«
    Sie erzählte weiter. »Fanny war eine törichte Frau, in vielerlei Hinsicht. Na ja, das bin ich vielleicht auch. Aber wir waren doch sehr verschieden, und ich habe sie im Grunde hier nur wohnen lassen, weil unsere Ehemänner so eng miteinander befreundet waren. Bessere Freunde als Bobby und Dickie - Dickie war übrigens Lord Cray - können Sie sich gar nicht vorstellen. Sie waren auch reichlich spleenig. Aber liebenswert. Und in puncto Männerfreundschaft, na, da machte Bobby und Dickie niemand etwas vor.« Um deren innige Verbundenheit zu demonstrieren, hielt sie wie zum
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