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Die Joghurt-Luege

Titel: Die Joghurt-Luege
Autoren: Vlad D. Georgescu , Marita Vollborn
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|7| Einführung
    Die Umsätze sind gigantisch, die Zahl der Beschäftigten ist enorm. Mehr als 130 Milliarden Euro erwirtschaftet die Lebensmittelbranche hierzulande jedes Jahr, über 550 000 Menschen hält sie in Lohn und Brot. Produziert wird rund um die Uhr, die Verkäufe laufen an sieben Tagen die Woche, bundesweit.
    Die Zahlen variieren: Zwischen 50 000 und 70 000 Lebensmittelgeschäfte sorgen dafür, dass der Verbraucher alles bekommt, was sein Herz begehrt: Erdbeeren im Dezember, Äpfel aus Chile oder Weintrauben aus Südafrika sind ebenso selbstverständlich wie die tiefgekühlte Pizza, tiefgekühltes Gemüse oder Joghurt für Fitnessfanatiker – bar jedweder Fette und mit möglichst wenig Kalorien. Fleisch in allen Variationen ist ebenso normal wie Victoria-Barsch oder Pazifik-Fisch. Und das Sortiment im Kühlregal reicht von Fitnessdrinks bis hin zu Functional Food. Moderne Lebensmittel sollen uns gesund halten, schmecken und für wenig Geld zu haben sein. So jedenfalls lautet die globale Message einer Industrie, die mit Milliardenaufwand über Werbung, PR-Kampagnen und Sponsoringaktionen die Konsumenten vom Segen der New-Food-Ära zu überzeugen versucht. Ein wohl kalkulierter und gezielt unters Volk gebrachter Trugschluss, wie unser Buch dokumentiert.
    Denn die meisten modernen Lebensmittel fordern in Wirklichkeit ihren Tribut – und gefährden Gesundheit und Psyche der Verbraucher massiv. Dabei geht es nicht um Schadstoffbelastungen, Hygieneskandale oder Zusatzstoffe allein. Vielmehr löst die gigantische Marketingmaschinerie der großen Dominatoren am Lebensmittelfirmament eine Verhaltensänderung bei den Verbrauchern aus. Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen belegen, dass diese |8| Mechanismen existieren und deren Folgen gravierend sind: »Immer dümmer« würden Menschen, weil der Konsum bestimmter Lebensmittel einen wahren Teufelskreis auslöse. Erst übergewichtig, dann träge und am Ende nur noch vor dem Fernsehapparat – das sei etwa der vorgezeichnete Weg bei vielen Jugendlichen, konstatieren Wissenschaftler der Universität Erlangen und stützen sich dabei auf IQ-Messungen bei Kindern und Teens, deren Essgewohnheiten genau unter die Lupe genommen wurden.
    Die Lebensmittelindustrie kennt die fatalen Auswirkungen ihrer Marketingstrategien, hält aber ungehindert daran fest. Todesfälle unter den Verbrauchern als Folge des gesteuerten Nahrungsmittelkonsums sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Über 300 000 Menschen sterben jedes Jahr allein in den USA, weil sie den Verlockungen der Lebensmittelindustrie nicht widerstehen konnten. Weltweit sind gar mehr als drei Millionen Menschenleben zu beklagen, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) attestiert. Der übermäßige Konsum von Süßigkeiten, zuckerhaltigen Getränken oder Chips & Co. verursacht auch hierzulande volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe und belastet die gesetzliche Krankenversicherung enorm.
    Was noch vor einigen Jahrzehnten undenkbar schien, ist mittlerweile traurige Realität geworden: Kinder erkranken an Adipositas oder »Alters«-Diabetes, Asthma und Allergien, und das nur, weil sie Lebensmittel und eine Werbelandschaft vorfinden, die unsere Essgewohnheiten auf subtile Weise steuern. Wer glaubt, nur Kinder und Jugendliche seien der Lebensmittelmaschinerie ausgesetzt, irrt. Bei Erwachsenen beobachten Mediziner brüchige Arterien, eine höhere Neigung zur Demenz und registrieren den vorzeitigen Herztod ihrer Patienten als Folge des veränderten Nahrungsmittelkonsums. Die Folgen des uneingeschränkten Geschäfts mit Lebensmitteln sind dramatisch: eine deutlich höhere Morbidität im Alter und eine sinkende Lebenserwartung der Bevölkerung.
    Zwar soll eine ganze Reihe von Gesetzen dafür sorgen, dass Lebensmittel nur dann in den Verkehr gelangen, wenn sie sicher sind. Doch in der Praxis erweisen sich die Regelungen und Gesetzestexte als Makulatur. Das einst sehr strenge deutsche Lebensmittelrecht hat längst |9| den Platz für verwässerte Verordnungen, sinnlose Reglements und unverständliche Deklarationen frei gemacht. Juristen, nicht Lebensmittelchemiker, bestimmen daher die Marktstrategien der großen Lebensmittelmultis. Durch findige Angaben zu den Inhaltsstoffen suggerieren die Hersteller die Unbedenklichkeit der Ware – wohl wissend, dass das nicht immer stimmt. So kommt es in regelmäßigen Abständen zu Rückrufaktionen und Warnmeldungen durch das Bundesinstitut für Risikobewertung
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