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Die Joghurt-Luege

Titel: Die Joghurt-Luege
Autoren: Vlad D. Georgescu , Marita Vollborn
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Lebensmittelindustrie.
    Beispiel Fettzufuhr: Trotz der zunehmenden Zahl Übergewichtiger können die wenigsten Deutschen so genannte gute von schlechten Fetten unterscheiden, wie eine Umfrage des Emnid-Instituts zeigt. Nur ein Drittel der Deutschen (34 Prozent) achtet aus gesundheitlichen Gründen auf das Fett in ihrem Essen. »Fett ist aber nicht gleich Fett; es kommt nicht nur auf die Menge an, sondern auch auf die Art der Fette«, sagt Prof. Eberhard Windler, Fettstoffwechselexperte am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Ganz ohne Fett könnte der Mensch nämlich nicht leben, weil die Vitamine A, D, E und K fettlöslich sind und daher ohne Fett nicht vom Körper aufgenommen werden können. Eine extrem fettreduzierte Lebensweise wirkt sich daher sogar negativ auf die Gesundheit aus. Werden hingegen die richtigen Fette verwendet, können diese helfen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. Die Emnid-Umfrage ergab, dass nur 26 Prozent der Deutschen den Unterschied zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren richtig erklären können. 58 Prozent davon haben schon einmal von dem Unterschied gehört, wissen aber nicht, in welchen Nahrungsmitteln welche Fettsäuren vorkommen.
    Unwissen aber bietet den Nährboden für manipulierten Lebensmittelkonsum, selbst dann, wenn es eigentlich nichts Neues zu verkaufen gibt. Besonders sarkastisch: Mittels Werbung und über millionenschwere PR-Kampagnen soll den Menschen ausgerechnet der gesundheitliche Nutzen der neuen Lebensmittel suggeriert werden. »Functional Food« sei an dieser Stelle als ein Beispiel genannt, wie mithilfe fragwürdiger Studien und wissenschaftlich nicht haltbarer Methoden sogar eine therapeutische Wirkung der Produkte suggeriert wird.
    Ein Trend, den die Industrie geschickt zu nutzen weiß. Wie das gehen kann, erfuhr man per Pressemitteilung Ende 2005 in Frankreich. Gleich zwei große Joghurthersteller schlossen mit französischen Krankenversicherern Abkommen ganz besonderer Art. Danach |12| könnten in der französischen Republik Käufer von bestimmten Functional-Food-Joghurts bei Vorlage der Quittung einen Teil der Ausgaben von ihrer Krankenversicherung zurückerhalten – der Joghurt auf Rezept rückt in greifbare Nähe.
    Dass Geld im Mittelpunkt aller Entscheidungen zu stehen scheint, dokumentiert am eindrucksvollsten das Beispiel BSE. Die von Menschen geschaffene Erkrankung beschäftigt Mediziner und Forscher nach wie vor – auf politischer Ebene und vor allem gegenüber der Öffentlichkeit aber gilt das Problem de facto als gelöst. Rindfleisch wird wieder en masse verkauft, kaum ein Verbraucher misstraut »seinem« Schlachter. In Wirklichkeit jedoch sind nach wie vor weder die Folgen noch die potenziellen Auswirkungen der Prionenerkrankung bekannt. BSE-Rinder können immer noch in den Handel kommen. Während sich die Republik über die »Fleischskandale« des Jahres 2005 erregte, zeigt das Beispiel BSE die wahren Lücken im Kontrollsystem – und macht deutlich, dass allein ökonomische Überlegungen die politischen Entscheidungen in Sachen Verbraucherschutz zu bestimmen scheinen. »Verschlusssache BSE« nannten wir daher ein Kapitel dieses Buches, das exemplarisch die Strukturen und Schwächen im gigantischen Geschäft mit unserem Fleisch aufdeckt.
    Nicht minder riskant scheint aus unserer Sicht der heimliche Einzug der Gentechnik in unsere Lebensmittel. Obwohl Verbraucher gentechnisch veränderte Pflanzen und Nahrungsmittel mehrheitlich nicht wollen, konsumieren sie diese doch: in Form von Zusätzen der verschiedensten Art, als Aromen oder als Würze. Neue Kennzeichnungsregelungen entpuppen sich bei näherer Betrachtung als unzulänglich. So dürfen Landwirte ihre Kühe mit Gentech-Futter versorgen, aber die Milch müssen sie dennoch nicht als gentechnisch verändert deklarieren. Und das, obwohl keinesfalls gesichert ist, ob und wie jene nachweisbaren Gentech-Erbfragmente in der Milch im Organismus der Verbraucher wirken. Während die Pharmaindustrie zu jedem neuen Medikament klinische Studien vorlegen muss, die sich eingehend mit den Nebenwirkungen und Risiken der Wirkstoffe befassen, fehlen entsprechende aufwändige Prüfverfahren nach dem Muster der klinischen Studien der Phasen I bis III bei der Zulassung des Gentech-Food.
    |13| Trotzdem entscheidet die EU-Kommission ganz im Sinne der Hersteller. Im März 2006 ließ sie den gentechnisch veränderten Mais »1507« von Pioneer Hi-Bred, einer Tochtergesellschaft von DuPont, zur
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