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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen
Autoren: Emily Giffin
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ich weiter die Wutnummer ab. Ich hab ihm gesagt, er benimmt sich absolut lächerlich. Ein
vierunddreißigjähriger, verlobter Mann – und bleibt die ganze Nacht weg. Lächerlich, findest du nicht auch?»
    « Ja, wahrscheinlich. Aber auch ziemlich harmlos.»Ich schlucke schwer und denke, ja, das wäre ziemlich harmlos.«Na, ich bin froh, dass ihr euch wieder vertragen habt.»
    « Ja. Ich schätze, ich bin drüber weg. Aber trotzdem … er hätte anrufen sollen. So was finde ich beschissen, weißt du?»
    « Das glaub ich», sage ich und füge dann tapfer hinzu:« Ich hab dir doch gesagt, er betrügt dich nicht.»
    « Ich weiß … aber im Geiste hab ich ihn trotzdem immer mit irgendeiner Strippertusse aus dem ‹Scores› gesehen. Meine hyperaktive Phantasie.»
    War es das, was letzte Nacht passiert ist? Ich weiß, dass ich keine Tusse bin, aber war es ein bewusster Entschluss von ihm, sich vor der Hochzeit nochmal vögeln zu lassen? Bestimmt nicht. Sicher würde er sich dafür nicht Darcys Ehrenjungfer aussuchen.
    « Und wie fandest du die Party? Ich bin so eine schlechte Freundin – sauf mich zu und geh früh nach Hause. Und – Scheiße! Heute ist ja dein eigentlicher Geburtstag! Herzlichen Glückwunsch! Gott, ich bin wirklich grässlich, Rach!»
    Ja, genau, du bist eine schlechte Freundin.
    « Oh, es war prima. Die Party hat solchen Spaß gemacht. Danke, dass du das alles organisiert hast – es war eine totale Überraschung … wirklich irre …»
    Ich höre, wie ihre Schlafzimmertür aufgeht und Dex etwas von Zuspätkommen sagt.
    « Ja, ich muss wirklich los, Rachel. Wir gehen ins Kino. Willst du mitkommen?»
    « Äh, nein danke.»

    « Okay. Aber es bleibt beim Essen heute Abend? Um acht im ‹Rain›?»
    Ich habe völlig vergessen, dass ich vorgehabt hatte, mich mit Dex, Darcy und Hillary zu einem kleinen Geburtstagsessen zu treffen. Aber ich kann Dex oder Darcy heute unter gar keinen Umständen unter die Augen kommen – und schon gar nicht beiden zusammen. Also sage ich ihr, ich bin nicht sicher, dass mir danach ist, weil ich einen Kater habe. Obwohl ich schon um zwei Uhr zu trinken aufgehört habe, füge ich hinzu, ehe mir einfällt, dass Lügner immer zu viele unwesentliche Details erwähnen.
    Darcy merkt das nicht.«Vielleicht geht’s dir nachher besser … Ich rufe dich nach dem Kino an.»
    Ich lege auf und denke, dass es viel zu einfach war. Aber anstelle von Erleichterung empfinde ich eine vage Unzufriedenheit und Sehnsucht, und ich wünschte, ich könnte doch ins Kino gehen. Nicht mit Dex natürlich. Mit irgendjemandem. Wie schnell ich meinen Deal mit Gott vergessen habe. Ich will doch wieder einen Ehemann. Oder wenigstens einen Freund.
    Ich sitze auf der Couch und falte die Hände im Schoß; ich bedenke, was ich Darcy angetan habe, und warte darauf, dass mein schlechtes Gewissen sich meldet. Es schweigt. Vielleicht, weil ich den Alkohol als Entschuldigung habe? Ich war betrunken – nicht bei Sinnen. Ich denke an mein erstes Jahr Strafrecht. Trunkenheit ist eine rechtmäßige Begründung der Schuldunfähigkeit und wie Geisteskrankheit, Minderjährigkeit, Nötigung oder Freiheitsberaubung ein Verteidigungsgrund, der den Angeklagten als nicht schuldig eines Verhaltens erachtet, welches unter anderen Umständen als Straftat gelten müsste. Scheiße. Das galt nur für unfreiwillige Trunkenheit. Na ja, Darcy
hat mich gezwungen, den Tequila zu trinken, glaube ich. Aber ich weiß, dass Gruppendruck nicht als Zwang im juristischen Sinne gilt. Immerhin ist es ein mildernder Umstand, den die Geschworenen in Betracht ziehen können.
    Na klar, gib dem Opfer nur die Schuld. Was ist los mit mir?
    Vielleicht bin ich einfach ein schlechter Mensch. Dass ich mir bis jetzt nichts habe zuschulden kommen lassen, hat vielleicht weniger mit meinen moralischen Qualitäten zu tun als vielmehr mit der Angst vor dem Erwischtwerden. Ich halte mich an die Vorschriften, weil ich das Risiko scheue. Bei den Klautouren in der Dessousabteilung des örtlichen Kaufhauses, die während der High-School-Zeit angesagt waren, bin ich teils deshalb nicht mitgegangen, weil ich wusste, dass es Unrecht war. Hauptsächlich war ich aber einfach sicher, dass ich diejenige sei, die sie erwischen würden. Aus demselben Grund habe ich nie bei Examen gemogelt. Noch heute nehme ich kein Büromaterial aus der Firma mit nach Hause, weil ich annehme, dass die Überwachungskameras mich irgendwie dabei filmen könnten. Und wenn das die Motive sind, die
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