Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen
Autoren: Emily Giffin
Vom Netzwerk:
eine Person dazu bringen, sich nichts zuschulden kommen zu lassen, verdient sie dann Anerkennung? Ist sie wirklich ein guter Mensch? Oder bloß ein pessimistischer Feigling?
    Okay. Vielleicht bin ich also ein schlechter Mensch. Es gibt keine andere plausible Erklärung für mein mangelndes Schuldgefühl. Habe ich Darcy einfach auf dem Kieker? Habe ich mich gestern Nacht von Eifersucht treiben lassen? Ärgere ich mich über ihr perfektes Leben – darüber, dass ihr alles zufliegt? Oder habe ich mich in meinem betrunkenen Zustand einfach unbewusst
für vergangenes Unrecht revanchieren wollen? Darcy war nämlich nicht immer eine perfekte Freundin. Bei weitem nicht. Ich beginne mein Plädoyer an die Geschworenen und erinnere mich an Ethan auf der Grundschule. Das wäre eine Möglichkeit … Meine Damen und Herren Geschworenen, ziehen Sie die Geschichte von Ethan Ainsley in Erwägung …
    Darcy Rhone und ich waren die besten Freundinnen, als wir aufwuchsen, miteinander verbunden durch die Geographie, eine Macht, die während der Grundschulzeit stärker ist als alles andere. Im Sommer 1976 zogen wir in dieselbe Sackgasse in Naperville, Indiana, gerade rechtzeitig, um gemeinsam an der Zweihundert-Jahr-Parade der Stadt teilzunehmen. Wir marschierten Seite an Seite und schlugen identische rot-weiß-blaue Trommeln, die Darcys Vater uns im K-Mart gekauft hatte. Ich weiß noch, wie Darcy sich zu mir herüberlehnte und sagte:«Lass uns so tun, als seien wir Schwestern.»Von diesem Vorschlag bekam ich Gänsehaut – eine Schwester ! Und im Handumdrehen war sie genau das für mich. Während des Schuljahrs übernachteten wir jeden Freitag und jeden Samstag beieinander und während der Sommerferien fast jede Nacht. Das färbte ab, wir übernahmen Details von Verhaltensweisen, die man nur kennen lernt, wenn man Tür an Tür mit einer Freundin wohnt. Ich wusste zum Beispiel, dass Darcys Mutter die Handtücher säuberlich zu Dritteln faltete, während sie The Young and the Restless schaute, dass Darcys Vater den Playboy abonniert hatte, dass Junkfood zum Frühstück erlaubt war und dass die Wörter«Scheiße»und« verdammt»nicht weiter schlimm waren. Ich bin mir sicher, dass auch sie von meinem Zuhause eine Menge mitbekam, obwohl es schwer zu sagen ist, was das
eigene Leben so einzigartig macht. Wir teilten alles: Kleider, Spielsachen, die Gärten – sogar die Liebe zu Andy Gibb und zu Einhörnern.
    In der fünften Klasse entdeckten wir zusammen die Jungen. Damit komme ich zu Ethan, dem Ersten, in den ich wirklich verknallt war. Darcy liebte – wie jedes andere Mädchen in unserer Klasse – Doug Jackson. Ich verstand, was sie an ihm fanden. Mir gefielen seine blonden Haare, die uns alle an Bo Duke erinnerten. Wie seine Wranglers sich um seinen Hintern schmiegten und wie sein schwarzer Kamm säuberlich in der linken Gesäßtasche steckte. Und seine Dominanz beim Tetherball – wie er den Ball lässig und mühelos in einem spitzen Aufwärtswinkel so in die Höhe schlug, dass der Gegner ihn nicht erreichen konnte.
    Aber ich liebte Ethan. Ich liebte sein widerspenstiges Haar und seine Wangen, die in der Pause rosig wurden, sodass er aussah, als gehöre er in ein Gemälde von Renoir. Ich liebte die Art, wie er seinen Bleistift Nummer zwei zwischen den vollen Lippen drehte und dicht unter dem Radiergummi symmetrische kleine Zahnspuren hineinbiss, wenn er sich wirklich sehr konzentrierte. Ich liebte seine aufgekratzte Fröhlichkeit, wenn er mit den Mädchen Ball spielte (er war der einzige Junge, der je mit uns spielte – die anderen Jungen blieben bei Tetherball und Fußball). Und ich liebte die Freundlichkeit, mit der er den unbeliebtesten Jungen in unserer Klasse behandelte – Johnnie Redmond, der schrecklich stotterte und einen unglückseligen Kochtopfhaarschnitt hatte.
    Darcy war verblüfft, wenn nicht gar verärgert über meine Abweichung, ebenso wie unsere gute Freundin Annalise Giles, die zwei Jahre nach uns in die Sackgasse zog (diese Verspätung und die Tatsache, dass sie
schon eine Schwester hatte, bedeuteten, dass sie niemals ganz mit uns gleichziehen und den vollen Status als beste Freundin erlangen konnte). Darcy und Annalise fanden Ethan nett, aber nicht so nett, und sie bestanden darauf, dass Doug so viel süßer und cooler sei – zwei Attribute, die dir nur Ärger einbringen, wenn du dir einen Jungen oder einen Mann aussuchst, das habe ich schon mit zehn gespürt.
    Wir alle nahmen an, dass Darcy den Großen Doug-Preis
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher