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Freibeuter der Liebe

Freibeuter der Liebe

Titel: Freibeuter der Liebe
Autoren: Amy Andrews
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seit der Beerdigung fast jeden Abend angerufen und kam regelmäßig vorbei.
    „Nicht so besonders“, gestand sie, an Dianas Schulter gelehnt.
    „Natürlich nicht.“ Diana strich ihr tröstend über den Rücken. „Dein Vater ist gestorben, das ist ganz normal.“
    Diana wusste, wovon sie sprach: Ihre Eltern waren gestorben, kurz bevor die Freundinnen sich kennengelernt hatten.
    „Ich will mich aber nicht so fühlen.“
    Diana drückte sie noch fester. „Das geht vorbei. Irgendwann. Solange musst du tun, was du tun musst. Und ich denke, wir fangen mit einem schönen Glas Rotwein an.“
    Diana hielt die Flasche Shiraz hoch, die sie in Penzance gekauft hatte, auf dem Weg zu dem windumtosten Cottage auf den Klippen, in dem ihre Freundin allein wohnte, seit ihr verklemmter Verlobter Dale die Flucht ergriffen hatte, weil er mit dem Erfolg von Piratenherz nicht klarkam.
    Natürlich behauptete Stella, dass die spektakuläre Küste sie beim Schreiben inspirierte, doch da noch immer kein neuer Roman vorlag, kaufte Diana ihr das nicht ab.
    Stella sah auf die Uhr und lachte zum ersten Mal an diesem Tag. Es war zwei Uhr nachmittags. „Ein bisschen früh, findest du nicht?“
    Diana schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Ach was, man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Außerdem ist November, es ist praktisch schon dunkel.“
    Ohne eine Antwort abzuwarten, zog Diana ihren Rollkoffer ins Haus und trat die Tür mit den zehn Zentimeter hohen Absätzen ihrer Stiefel hinter sich zu. Dann streifte sie den wadenlangen, figurbetonten Ledermantel und ihren Louis-Vuitton-Schal ab – alles ohne die Flasche abzustellen – und darunter kamen eine dunkelgraue Hose und ein hellrosa Kaschmir-Pullover zum Vorschein, der perfekt zu ihren vollen, glänzenden dunklen Locken passte.
    Diana war typisch London.
    Stella sah an sich hinunter und kam sich furchtbar schlampig vor. Graue Jogginghose, ein mit Kaffee bekleckerter Kapuzen­pullover und flauschige Schlappen. Ein achtlos gebundener Pferdeschwanz.
    Stella war typisch einsiedlerische Schriftstellerin.
    Was ja ganz romantisch gewesen wäre, wenn sie in den letzten achtzehn Monaten etwas geschrieben hätte.
    „Setz dich“, befahl Diana, während sie Weingläser holen ging.
    Stella setzte sich auf ihr rotes Ledersofa, auch um sich weniger klein vorzukommen. Stella war fast einen Meter achtzig groß und kräftig gebaut wie eine Amazone oder Wonder Woman. Sie dagegen war nur knapp über einen Meter fünfzig, blond und pummelig.
    „Da“, sagte Diana, drückte ihr ein riesengroßes Glas Rotwein in die Hand und stieß mit ihr an, bevor sie sich gegenüber auf den Schalensessel setzte. „Darauf, dass es dir bald wieder besser geht“, sagte sie und trank einen großzügigen Schluck.
    „Darauf trinke ich“, stimmte Stella zu und nahm einen etwas maßvolleren Schluck. Sie starrte in die Tiefen ihres Weinglases, um dem Blick ihrer Freundin nicht zu begegnen.
    „Du hast das Kapitel nicht, stimmt’s?“, fragte Diana, als das Schweigen unerträglich wurde.
    Stella blickte Diana über den Rand ihres Glases an. „Nein“, gestand sie. „Tut mir leid.“
    Diana nickte. „Schon gut.“
    Stella schüttelte den Kopf und sprach endlich aus, was ihr auf der Seele lag, seit sie unter der Schreibblockade litt. „Was ist, wenn ich nur dieses eine Buch in mir hatte?“
    Diese Angst plagte sie, seit sie ihren ersten Roman beendet hatte.
    Vasco Ramirez wollte geschrieben werden. In all seiner Freibeuterpracht war er direkt aus ihrem Kopf auf die Seiten stolziert. Es war eine Freude gewesen, ein Geschenk.
    Und jetzt?
    Jetzt wollten die Leute einen neuen Piraten, und sie hatte keinen.
    Diana hob beschwichtigend die Hand. „Unsinn“, sagte sie energisch.
    „Aber wenn es doch so ist?“
    Stella fürchtete das Urteil ihrer Lektorin Joy. Dass ihr nicht gefallen würde, was sie schrieb. Dass sie darüber lachen würde.
    Alles war wie ein Traum gewesen – ein sechsstelliger Vorschuss, die New-York-Times – Bestsellerliste, Hollywood.
    Vielleicht war es Zeit aufzuwachen?
    Diana zeigte mit dem Finger auf sie. „So. Ein. Quatsch.“
    Stella spürte, wie der Shiraz in ihrem Blut ihr schlechtes Gewissen noch beflügelte. Diana hatte sie von Anfang an bei ihren schriftstellerischen Ambitionen unterstützt und sie darin bestärkt, sich von ihrem Job als Lehrerin vorübergehend beurlauben zu lassen, um das verdammte Buch zu schreiben.
    Sie war die Erste, die es zu lesen bekam. Die Erste, die sein
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