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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
Autoren: Claudio Paglieri
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ein gelber Merkzettel, auf den eine Handynummer gekritzelt war, ohne Name. Er wählte die Nummer von einem Anschluß mit Nummernunterdrückung |37| aus, und nach mehrmaligem Klingeln war die Stimme einer Frau zu hören. Um sie zum Sprechen zu bringen, behauptete Luciani,
     er habe sich verwählt und bat noch einmal um Bestätigung der Nummer. Die Stimme klang jung, mit einem leichten südamerikanischen
     Akzent, vermutlich Brasilianerin. Der Kommissar entschuldigte sich, schrieb die Nummer auf einen anderen Zettel und steckte
     diesen mit den Belegen in die Tasche. Dann stieß er zu Giampieri und den Beamten im Konferenzraum und verteilte die Aufgaben
     des Tages.
     
    Das Telefon stand auch am Nachmittag nicht still. Wenn Luciani gerade nicht telefonierte, arbeitete er sich durch die Aussageprotokolle
     und strich mit dem Textmarker die wichtigen Passagen an; wo es nachzuhaken galt, setzte er ein großes Fragezeichen daneben.
     Dann las er aufmerksam den ersten Bericht der Gerichtsmedizin, den Doktor Vassallo in Rekordzeit geliefert hatte. Am Körper
     Ferrettis fanden sich keine Spuren von Gewalteinwirkung, aber an der rechten Schläfe hatte man ein verdächtiges Hämatom entdeckt,
     das genauerer Untersuchung bedurfte.
    Gegen fünf rief Staatsanwalt Delrio an, er wirkte sehr aufgeregt und machte Luciani Vorhaltungen, weil er ihn noch nicht persönlich
     über den Stand der Ermittlungen unterrichtet hatte: »Ich habe Ihnen für die ersten Tage freie Hand gelassen, Herr Kommissar,
     weil ich weiß, daß Sie von uns beiden der Erfahrenere sind, aber ich will ständig auf dem laufenden gehalten werden. Es wäre
     nicht sehr taktvoll, Sie daran zu erinnern, daß ich diese Ermittlungen leite.« Marco Luciani versprach, ihm gleich als erstes
     am nächsten Morgen Bericht zu erstatten. Er fühlt sich unter Druck, dachte er, er hat sofort kapiert, daß dieser Fall über
     seine weitere Laufbahn entscheiden wird. Aber ihm war bewußt, daß das eigentliche Problem nicht Delrio darstellte, |38| sondern der Oberstaatsanwalt, mit dem Luciani schon vor geraumer Zeit auf Konfrontationskurs gegangen war.
     
    Giampieri legte ihm ein paar Anträge zur Unterschrift vor. Die Staatsanwaltschaft sollte eine Überprüfung der Vermögensverhältnisse
     des Opfers, der Telefonverbindungen von Hausanschluß und Handy sowie einiger anderer Telefonanschlüsse genehmigen, außerdem
     sollten die Zahlungsvorgänge von Scheck- und Kreditkarte sowie der Einsatz des Telepasses kontrolliert werden. All dies war
     nur mit richterlicher Anordnung möglich. Man entsandte einen Inspektor, der Ferrettis Freunde und die Mutter in Turin befragen
     sollte. Die Ehefrau dagegen wollte man vorläufig schonen; sie hatte nach der Tat alles stehen- und liegenlassen, war nach
     Genua gekommen und in dem Hotel ihres Mannes abgestiegen. Dort wartete sie. Giampieri hatte am Morgen versucht, sie zu vernehmen,
     doch sie war noch völlig aufgelöst und von den Beruhigungspillen benebelt, die sie im Morgengrauen, nach einer schlaflosen
     Nacht, eingenommen hatte, um ein wenig abzuschalten. Sie war keine große Hilfe gewesen, auch wenn sie hatte durchblicken lassen,
     daß ihr Mann in letzter Zeit einen merkwürdig deprimierten Eindruck gemacht habe. Sie konnte trotzdem nicht glauben, daß er
     sich umgebracht hatte, aber noch abwegiger schien es ihr, daß irgend jemand sonst ihn aus dem Weg geräumt haben sollte. Der
     Kommissar hatte beschlossen, ihr noch einen Tag Zeit zu geben. Danach wollte er persönlich bei ihr vorsprechen.
    Er rief den Hausmeister des Stadions an, um einige Zeitangaben zu überprüfen, dann las er die Zeitungsartikel, die sein Vize
     für ihn ausgewählt hatte. Sie lieferten noch einige zusätzliche Details, bestätigten ansonsten, was Luciani schon im Internet
     über die Mechanismen herausgefunden hatte, mit denen die Schiedsrichter auf die einzelnen Partien |39| verteilt wurden. Er schaute sich einige Nachrichtensendungen an und war beeindruckt, wie viele Fakten und Zeugenaussagen die
     Journalisten zusammengetragen hatten. Achtzig Prozent davon waren Hirngespinste, aber in den sinnvollen zwanzig Prozent fanden
     sich Einzelheiten, die eigentlich nur der Polizei hätten bekannt sein dürfen. Er würde am nächsten Tag bei der Lagebesprechung
     seinen Leuten eine ordentliche Standpauke halten und sie zu absoluter Verschwiegenheit ermahnen.
     
    Als kurz nach zwanzig Uhr das Telefon ging, klang es anders als gewöhnlich.
    »Herr Kommissar,
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