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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
Autoren: Claudio Paglieri
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Börsenseite
     aufrief, um zu kontrollieren, ob seine einzige – desaströse – Kapitalinvestition Anzeichen der Erholung zeigte. Am Vorabend
     hatte sie mit wenig ermutigenden minus 1,5% geschlossen, womit sich die Gesamtsumme seiner Verluste in der wundersamen Welt
     der New Economy auf 72% in drei Jahren belief. Er unterdrückte einen Fluch und schleppte sich zum Kaffeeautomaten, aber unterwegs
     wurde ihm klar, daß er zum Arbeiten wirklich zu müde war. Also machte er sich auf den Heimweg, ließ ausrichten, daß er unter
     keinen Umständen gestört werden wolle, kam in seine Wohnung, zog die Vorhänge zu, schob sich Stöpsel in die Ohren und schlief
     bis zwölf Uhr mittags.
     
    Um Punkt eins kam er ins Kommissariat zurück. Gewöhnlich war dies die stillste Stunde des Tages: Alle gingen Mittag essen,
     und man konnte in Ruhe nachdenken. Doch heute sah die Sache völlig anders aus. Vor dem Haupteingang warteten mindestens dreißig
     Journalisten, darunter viele Kameraleute und Fernsehteams. Luciani fuhr mit dem Auto einen weiten Bogen und steuerte direkt
     den Parkplatz auf der Rückseite an. Von dort konnte man ungesehen ins Gebäude und per Aufzug in die dritte Etage gelangen.
    Als er an Giampieris Büro vorbeikam, warf er einen Blick hinein. Sein Vize war am Telefon, und als er ihn sah, riß er die
     Augen auf. Eine halbe Minute später stand er beim Kommissar im Büro.
    »Mamma mia, das ist das reinste Tollhaus, noch schlimmer als gestern. Das Telefon klingelt ununterbrochen.«
    »Sag denen in der Telefonzentrale, sie sollen nicht alles durchstellen.«
    |33| »Das habe ich, aber damit ist es nicht getan.«
    »Wer hat denn angerufen?«
    »Journalisten, eine ganze Heerschar. Die hiesigen, die auswärtigen, selbst aus dem Ausland. Die kennen sogar die interne Durchwahl,
     wer weiß, woher.«
    »Um so besser, dann kannst du ein wenig dein Englisch trainieren.«
    Giampieri war nicht zu Scherzen aufgelegt.
    »Und dann haben eine Unmenge Zeugen angerufen, echte oder eingebildete. Fans aller Couleur. Offizielle und Präsidenten von
     Fußballclubs und der Schiedsrichtervereinigung. Ein paar Abgeordnete und ein Senator. Und dann der Staatsanwalt, schon drei
     Mal. Er hat gesagt, du sollst dich melden, sobald du kommst.«
    Marco Luciani lächelte. Das Jüngelchen macht sich in die Hosen. Aber er besann sich gleich eines Besseren. Unterm Strich war
     er zufrieden mit der Situation: Am Sonntag waren die grauen Eminenzen der Staatsanwaltschaft, die Stars und Nervtöter, nicht
     erreichbar gewesen; wie gewöhnlich waren sie übers Wochenende in ihre Zweit- oder Drittwohnungen an der Küste oder im Gebirge
     gefahren, während der Arsch der Truppe die Stellung hatte halten müssen. Deshalb hatte es einen jungen Staatsanwalt erwischt,
     Michele Delrio. Luciani hatte ihn, ehe er mit ihm in der Umkleidekabine die Formalitäten der Leichenbergung regelte, noch
     nie gesehen. Aber bei dieser ersten Begegnung hatte der junge Mann einen stillen, seriösen Eindruck gemacht, vielleicht ein
     wenig pastoral im Auftreten, vielleicht ein wenig verschreckt angesichts der großen Verantwortung, die plötzlich auf ihm lastete,
     aber wahrscheinlich gewillt, seine Chance zu nutzen. Es war kaum zu erwarten, daß sich die großen Haie diesen Brocken entgehen
     lassen würden. Sie würden sich bald auf den Grünling stürzen, um ihm den publicityträchtigen Fall abzujagen. Aber der junge
     Mann |34| war beim Oberstaatsanwalt gut angeschrieben; dieser hatte ihm sofort öffentlich sein uneingeschränktes Vertrauen ausgesprochen.
     Blieb abzuwarten, ob der Oberstaatsanwalt, der ein ausgemachter Hurensohn war, so handelte, weil er tatsächlich sein Vertrauen
     in ihn setzte oder weil er ihn persönlich überwachen und mit »gutgemeinten Ratschlägen« füttern wollte.
    »Ruf du ihn bitte an. Erzähl ihm zwei, drei Einzelheiten, damit er sich vor den Journalisten ein bißchen aufplustern kann,
     und sag ihm, daß ich bei ihm vorbeikomme, sobald ich kann. Wer hat noch angerufen?«
    »Der Manager Rebuffo. Auf
meinem
Privathandy. Ich habe keinen Schimmer, wie er an die Nummer kommt. Ich war so von den Socken, daß ich ihm nicht einmal gesagt
     habe, er könne mich mal …«
    »Siehst du, warum ich kein Handy habe? Dieser Typ ist eine Institution, Nicola. Der kann uns mehr Scherereien machen als der
     gesamte Justizpalast.«
    »Das heißt, ich muß nett zu ihm sein?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Im Gegenteil, ich hoffe, daß ich ihn vor
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