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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6
Autoren: Frederica - sTdH 6
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solch gemeinen Vorhaben mitzumachen?«
    Lady James,
die jetzt, nachdem sie ihre Geschichte erzählt hatte, ganz ruhig war, schaute
ihn bekümmert an: »Ich erwarte nicht, daß Sie mich verstehen«, sagte sie. »In
der Zeit, als ich Ihre Geliebte war, wurde ich gefeiert und hofiert und
beneidet. Als Sie unsere Liebesaffäre beendet haben, habe ich es gelassen
getragen. Aber dann habe ich gemerkt, wie tief ich gesunken war. Ich habe auch
schon vorher Affären gehabt, aber immer in aller Diskretion. Mit dem Verhältnis
mit Ihnen habe ich geprahlt. Mehr als alles auf der Welt wollte ich, daß man
mir Respekt entgegenbringt. Ich wollte Ihre Frau sein. Ich redete mir ein, daß
Sie mich heiraten würden, wenn Miß Armitage aus dem Weg wäre. Dieser Wentwater
haßt alle Armitages. Er ist nicht ganz normal, glaube ich.« Sie lachte bitter.
Wir haben ein gutes Paar abgegeben – er, wahnsinnig vor Haß, und ich,
wahnsinnig vor Eifersucht.«
    Trotz ihrer
Tränen sah sie sehr schön aus, und er spürte einen
eigenartigen Stich im Herzen, bis ihn die Angst um Frederica wieder
überwältigte.
    Er machte
auf dem Absatz kehrt und ging. Lady James fing wieder an zu weinen.
    »Du mußt versuchen, deine Übelkeit zu
überwinden, Mary«, sagte Frederica Armitage. »Wer weiß, was für ein Zeug dir
diese schreckliche Frau in die Schokolade getan hat.«
    »Mein Magen
ist völlig durcheinander«, flüsterte Mary mit weißen Lippen. »Ich habe solche
Angst. Was ist, wenn sie uns umbringen?«
    »Wenn sie
uns umbringen wollten«, sagte Frederica bestimmt, »dann hätten sie das gleich
gemacht.«
    Mary
schauderte: »Es ist schwieriger, mitten in London Leichen loszuwerden, Miß, als
hier draußen.«
    »Oh, Mary«, sagte Frederica mit Nachdruck. »Ich weigere mich einfach, mich zu fürchten.«
    Keines der
Mädchen wußte, wo sie waren, da sie gefesselt und mit Binden vor den Augen zu
dem Haus gefahren worden waren. Sie waren in ihr Gefängnis gebracht worden,
einem kleinen Zimmer mit vergitterten Fenstern im obersten Stock.
    Ein
plumpes, vierschrötiges Mannweib mit schmutziger Schürze und rotem Schnurrbart
hatte sie mit Essen und Wasser versorgt und war ihren Bitten gegenüber taub
geblieben.
    »Weißt du,
Mary«, fuhr Frederica fort, »ich kann es mir nicht erklären warum, aber ich
fühle mich sehr wohl, obwohl ich eine große Beule am Hinterkopf habe. Ich habe
das Gefühl, daß ich mich nie mehr vor irgend etwas oder irgend jemandem
fürchten werde, wenn wir hier je wieder herauskommen. Ich mag die Londoner
Gesellschaft nicht. Sie erdrückt mich.«
    »Wenigstens
können Sie jetzt den Herzog nicht heiraten«, sagte Mary düster. »Deshalb hat
uns die James, das Biest, hierher gebracht.«
    »Ich war
sehr dumm«, sagte Frederica bitter. »Pembury war so fremd und unnahbar, er hat
mir Angst gemacht. Ich wurde wieder die alte, gerade als ich anfing, meine
Tapferkeit zu genießen. Er ist ohne Zweifel der Ansicht, daß er gut aus der
Sache herausgekommen ist. Warum habe ich den Mann nicht einfach gefragt, was
mit ihm los ist? Ich kann ihn nur fragen, wenn es uns gelingt, zu fliehen.«
    »Das ist
unmöglich«, sagte Mary. »Da unten sind Männer, die uns bewachen. Ich habe sie
gehört. Und diese schreckliche Frau ist ein gefühlloses Schwergewicht.«
    »Sei nicht
so feige. Was hätte wohl der Herzog von Wellington in dieser Situation getan?«
frage ich mich.
    »Das ist
mir egal«, sagte Mary und begann zu schluchzen. »Ich bin nicht der Herzog von
Wellington.«
    »Sei
still«, fuhr Frederica sie an. »Es ist alles deine Schuld«, fügte sie unfreundlich
hinzu. »Warum hast du mir nicht gesagt, daß Lady James dich gebeten hat, sie zu
besuchen?«
    »Buu-huu«,
heulte Mary.
    »Ist ja
gut. Ich bin abscheulich. Ich bin nicht böse auf dich, Mary. Da kommt das
Schwergewicht mit dem Essen. Gönn ihr nicht die Freude, daß du weinst. Obwohl –
wenn ich es mir genau überlege, ich werde auch weinen. Sie muß denken, daß wir
schwach und hilflos sind.«
    Als die
Aufseherin eintrat, heulten beide Mädchen jämmerlich. Sie knallte das Essen
grunzend auf den Tisch, ging türenschlagend hinaus und sperrte fest zu.
    »Schau«,
sagte Frederica, »sie hat uns Brot und Käse gebracht. Daran können wir uns
stärken. Noch wichtiger ist aber der Wasserkrug aus Steingut. Hör auf zu
weinen, Mary, und hör mir zu. – So ist es besser«, sagte sie, als Mary
schluckte und ihre Augen mit dem Schürzenzipfel trocknete. »Ich habe folgendes
vor: Wenn diese schreckliche
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