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Frauen lügen

Frauen lügen

Titel: Frauen lügen
Autoren: Eva Ehley
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Wundarzt. Natürlich. Ich Trottel. Woche für Woche fange ich wieder von vorn an, bekomme den Ursprung des Übels aber nicht zu packen, denn er liegt nicht bei Hubert Mönchinger. Da kann ich suchen, bis ich schwarz werde. Nein, nein, Marga ist es, die die Fäden zieht.
    Und darum ist es gut, dass ich sie mir einmal ansehe. Ungewöhnliche Fälle erfordern eben ungewöhnliche Methoden. So einfach ist das.
    Wenn ich nur nicht so hundemüde wäre. Hätte ich doch bloß einen der Martinis durch einen Kaffee ersetzt, oder am besten gleich alle drei. Aber hinterher ist man immer schlauer. Und ohne die drei Martinis wäre ich vielleicht gar nicht erst losgefahren.
    Wunderschön, dieses Klavierkonzert, geht mir richtig ins Blut, die Melodie. Und links und rechts. Beide Spuren völlig leer. Komisch, hab gar nicht gesehen, wo der Alkoholiker vor mir abgeblieben ist. Wahrscheinlich in irgendeinen Feldweg abgebogen, seine schnucklige Beifahrerin poppen. Warum auch nicht. Und links und rechts. Da ist wieder dieses Motiv, diesmal bei den Streichern. Mist, das war aber knapp! So eine Leitplanke ganz aus der Nähe sieht nicht gerade einladend aus. Ach, diese Streicher. Und links und rechts.
    Ich bin nicht unterversorgt, ich bin überbedürftig.
Mit diesem Ausspruch seiner Gattin geht Mönchinger jetzt durchs Leben. Den Satz nimmt ihm keiner ab. Auch kein Analytiker. Ein Teufelsweib ist das. Ob sie wohl noch wach ist? Angeblich trinkt sie überhaupt keinen Alkohol.
    Das würde alles noch viel schlimmer machen, Hubert.
    Noch so ein Satz.
    Was hat er sich bloß von dem Alkohol versprochen? Willig ist sie doch ohnehin. Daran jedenfalls hat Mönchinger nie einen Zweifel gelassen.
    »Eine Nymphomanin, Herr Pabst.«
    »Das gibt es nicht, Herr Mönchinger.«
    »Doch, Herr Pabst, das gibt es. Sie kennen eben meine Frau nicht.«
    Was sollte ich dazu sagen? Ich kenne eben seine Frau nicht.
    Aber jetzt, in schätzungsweise fünf Minuten, wird sich das ändern. Die Ortseinfahrt von Westerland habe ich gerade passiert, jetzt muss ich nur noch bis zur Kirche und dann nach links durch diese langweilige Backsteinsiedlung. Dahinter wohnen die Mönchingers.
    Ich stelle den Wagen lieber ein Stück entfernt ab, ein paar Schritte durch die klare Luft können mich jetzt nur beruhigen.
    Ein schönes Haus, geschmackvoll. Und ein schöner Vorgarten. Ob die rote Marga wohl auch mit dem Gärtner …?
    Manfred, alter Junge, jetzt halt dich aber zurück!
    Sie macht nicht auf. Es sind auch alle Fenster dunkel. Also Sturmklingeln? Oder doch aufgeben? Halt, da scheint plötzlich etwas durch das Glas der Tür. Das Treppenlicht? Jetzt entriegelt jemand das Schloss.
    »Wer ist da?«
    Ihre Stimme ist schon mal eine Enttäuschung.
    »Mein Name ist Manfred Pabst, gnädige Frau. Ich bin Hubert Mönchingers Analytiker. Ich weiß, dass er Ihnen von mir erzählt hat.«
    »Bitte? Ich kann Sie so schlecht verstehen.«
    Na, dann mach doch endlich auf!
    Langsam, ganz langsam öffnet sich die Tür. Nur einen Spalt weit, Marga Mönchinger hat immer noch die Kette vorgelegt. Aber sie tritt so in den Spalt, dass ich sie sehen kann.
    »Sind Sie Frau Mönchinger?«, frage ich fassungslos.
    »Ja. Natürlich. Wer sind Sie? Und was wollen Sie hier um diese Zeit? Ist Hubert etwas geschehen?«
    Sie trägt ein Blümchennachthemd. Baumwollflanell in einem unsäglichen Gelb mit etwa zweitausend Streublümchen darauf und mit einer Rüsche rund um den Busen. Leider hat das Nachthemd keinen eingearbeiteten Büstenhalter. Und von roten Haaren kann schon überhaupt nicht die Rede sein. Verschwitzt kleben mausgraue Fäden an ihrem Kopf, der klein ist wie bei einem unterernährten Vögelchen. Wenn ich an die Mähne von der Rothaarigen auf dem Foto denke, wird mir ganz anders. Die Frau, die hier vor mir steht und behauptet, Marga Mönchinger zu sein, hat höchstens im Vergleich mit mir selbst eine Mähne auf dem Kopf. Jetzt zupft sie auch noch nervös an ihren Haaren herum. Ihre Stimme wird ganz zittrig vor Angst.
    »Bitte sagen Sie doch etwas! Sie stehen doch nicht ohne Grund hier. O mein Gott …«
    »Nein, nein, gnädige Frau, beruhigen Sie sich, es ist überhaupt nichts geschehen. Gar nichts. Ich wollte nur …«
    Ach verdammt, ist das peinlich!
    Ich nestle an meinem Jackett, um nicht weiter in dieses Gesicht sehen zu müssen. Natürlich sehen wir alle etwas zerknautscht aus, wenn man uns mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißt. Aber doch nicht so zerknautscht. Diese faltigen Augen, dieser
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