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Frauen lügen

Frauen lügen

Titel: Frauen lügen
Autoren: Eva Ehley
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hat er in seinem ganzen Leben bestimmt noch niemandem geschadet.
    Aber halt, Manfred, alter Junge, pass auf, sonst sitzt du gleich neben deinem Patienten in der Marga-Mönchinger-Falle. Sie hält ihn ja gerade nicht für einen Versager. Nur darum ist er zu mir gekommen, und das finde ich durchaus nachvollziehbar.
    Er fühlt sich, so sagt er, wie ein Fisch, den man nur angelt, um sein angstvolles Japsen verwundert zu betrachten. Niemand will ihn anschließend braten. Im Gegenteil. Stets wird er zurück ins Wasser geworfen. Allerdings nur vermeintlich mildtätig. Denn mit dem Angler eint ihn die Gewissheit, dass er jederzeit wieder aus dem Wasser gefischt werden kann. Hat Mönchinger eigentlich von einem Angler oder einer Anglerin gesprochen? Himmel, ich werde vergesslich! Gut, dass ich meine Aufzeichnungen habe.
    Was ist denn da vorn los? Sieht aus, als habe dort einer die Promille der bescheidenen drei Martinis, die ich mir genehmigt habe, erheblich überschritten. Der beansprucht doch tatsächlich die volle Straßenbreite, beide Spuren. Witzig, er fährt das gleiche Auto wie ich. Sogar die Radkappen sind identisch. Wollen doch mal sehen, ob er sich auch die Turbo-Version geleistet hat.
    Da schau einer an, er hat! Aber er traut sich nicht richtig. Vielleicht liegt das an dem Mädel auf dem Beifahrersitz. Scheint eine scharfe Nummer zu sein, so wie die blonden Locken fliegen.
    Hoppla, jetzt hätte der Kerl mich doch beinahe gerammt. Ist ja gut, wollte mir doch nur mal deine Kleine etwas näher ansehen, nur keine Panik, ich werde dich schon nicht rechts überholen und mich dabei in den Straßengraben abdrängen lassen! Aber pass bloß auf, sonst liegst du selbst schneller drin, als dir lieb ist.
    Wenn der mal kein Fall für die Inselpolizei ist. Allein schon, weil man unmöglich an ihm vorbeikommt, jedenfalls, wenn man nicht in selbstmörderischer Absicht unterwegs ist. Am besten wäre es wirklich, ich würde stehen bleiben, rechts ranfahren und dann die Polizei anrufen. Der Kerl ist eindeutig eine Gefahr für seine Mitmenschen.
    Wenn ich nur wüsste, ob man meine Martinis noch riecht. Nicht, dass die Beamten dann auf die dumme Idee kommen, auch gleich bei mir eine Alkoholkontrolle zu machen.
    Marleen denkt ja, ich schlafe wieder mal auf der Couch in der Praxis. Dabei belüge ich das gute Kind so ungern. Aber es ging nicht anders. Oder hätte ich sagen sollen, ich wolle die Angaben eines Patienten überprüfen? Selbst Marleen hätte mich für komplett übergeschnappt gehalten. Wahrscheinlich zu Recht!
    Ach, was weiß Marleen schon.
    Mönchinger kommt seit mindestens zwei Monaten nicht weiter mit seiner Analyse. Natürlich war das vorauszusehen. Die beiden Mönchingers sind der klassische Fall für eine Paartherapie. Aber seine Marga will ja nicht. Behauptet er jedenfalls. Hier bin ich mir übrigens nicht ganz sicher, ob er die Wahrheit sagt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sie wirklich gefragt hat.
    Ich weiß noch sehr genau, wie es war, als er mir zum ersten Mal die Bilder zeigte. Dieser Stolz, mit dem Mönchinger die Fotos aus der Brieftasche zog. Die absichtlich verzögerten Bewegungen, dazu ein Gesicht wie Weihnachten unterm Tannenbaum. Als ich seine Frau dann endlich anschauen durfte, war ich zugegebenermaßen beeindruckt. Flammend rote Haare, auch zwischen den Beinen, und dann diese Figur – Junge, Junge! Warum sie ihn wohl geheiratet hat? Er meint wegen seines lukrativen Jobs, der Naivling. Ich habe dazu nichts gesagt, aber du liebe Güte, was ist schon ein Geschäftsführer? So, wie seine Marga aussieht, hätte die doch ganz andere haben können! Selbst ohne ihre pikante Veranlagung.
    Natürlich ist keinesfalls sicher, ob auch wirklich alles stimmt, was Mönchinger mir über seine Frau erzählt hat. Aber genau das werde ich heute Nacht herausfinden. Das bin ich dem Ruf schuldig, der mir in Fachkreisen vorauseilt. Instinktsicher nennen mich die Kollegen, und neidvoll wispern sie sich zu:
Diesen Instinkt, den hast du, oder du hast ihn nicht. Lernen kannst du das auf keiner Uni. Aber der Pabst, der hat ihn einfach.
    Und ungewöhnliche Fälle erfordern eben ungewöhnliche Methoden.
    Eines steht für mich jetzt schon fest: Wenn
ich
mit Marga Mönchinger verheiratet wäre, würde ich sie nicht eine Nacht pro Woche allein lassen. Jedenfalls nicht freiwillig. Etwas Selbstquälerisches hat er schon, der Hubert Mönchinger, man muss sich nur ansehen, wie er sich in meinen Sessel knickt.
    Was er wohl gerade tut?
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