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Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Titel: Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
Autoren: Don Winslow
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Garth ist schon am Strand, steht unter dem verwaisten Rettungsturm und blickt hinaus auf die graue See. Ein wenig gespenstisch sieht er aus mit seiner weißen Kapuzenjacke, denkt Dave. Oder wie ein hoffnungslos verirrtes Ku-Klux-Klan-Mitglied.
    Dave steigt aus und klettert über die niedrige Mauer.
    »Tragen Sie eine Wanze?«, fragt Garth.
    »Nein, Sie?«
    »Ich muss Sie abtasten.«
    Dave hebt die Arme und lässt sich von Garth absuchen.
    Als Garth zufrieden ist, sagt er: »Gehen wir ein Stück.«
    Sie laufen nach Norden, in Richtung Scripps Pier.
    »Diese alberne Summer-Lorensen-Geschichte«, sagt Garth. »Kann ja sein, dass Sie was zu wissen glauben, aber Sie wissen mit Sicherheit nicht, worauf Sie sich einlassen.«
    »Ich glaube, doch«, sagt Dave. »Und das ist das Problem.«
    »Da haben Sie verdammt recht.« Garth dreht sich zu ihm um. Der Regen tropft vom Kapuzenrand auf seine Nase. »Sie haben noch ein paar Monate bis zur Ruhestand. Nehmen Sie Ihre Pension und gehen Sie angeln. Kümmern Sie sich um Ihre Enkel. Vergessen Sie das Ganze.«
    »Und was, wenn ich’s nicht tue?«
    »Es gibt gewisse Leute, die möchten, dass Sie Folgendes begreifen«, sagt Garth. »Wenn Sie diesen Kreuzzug fortsetzen, werden Sie vor dem Nichts stehen. Sie werden degradiert zum Nachtwächter, sofern Sie nicht ins Gefängnis wandern.«
    »Ins Gefängnis? Wofür?«
    »Zum Beispiel Kontakte zu Frank Machianno, einerberüchtigten Figur des organisierten Verbrechens«, sagt Garth. »Sie halten die Hand über ihn. Dann die Sache mit Harold Henkel. Duldung von Folter. Oder Tätlichkeiten gegen einen FBI-Agenten. Es gibt mehr als genug, Hansen, glauben Sie mir. Und ohne Freunde, die Sie schützen …«
    »Ach, Sie wollen mein Freund sein.«
    »Sie müssen entscheiden, wer Ihre Freunde sind, Dave«, sagt Garth. »Entscheiden Sie falsch, enden Sie als geschasster Cop und stehen vor dem Nichts. Entscheiden Sie richtig, können Sie Ihren wohlverdienten Ruhestand genießen. Herrgott, warum setzen Sie Ihre Zukunft für einen zweitklassigen Auftragskiller aufs Spiel? Das verstehe, wer will.«
    »Er ist ein erst klassiger Auftragskiller, Donnie«, sagt Dave. »Gerade Sie müssten das wissen.«
    Garth bleibt stehen. »Ich gehe lieber allein zurück. Wenn sich Frankie Machine bei Ihnen meldet, erwarten wir von Ihnen die richtige Entscheidung. Verstanden?«
    Dave blickt ihm über die Schulter und betrachtet den Wellengang.
    Ich wäre lieber da draußen, denkt er. In einer Welle, unter einer Welle. Alles wäre besser als das hier.
    »Haben Sie verstanden?«, wiederholt Garth.
    »Ja.«
    Ich habe verstanden.

85
    Frank sitzt in der kleinen Berghütte, außerhalb von Escondido. Er weiß seit Jahren von der Hütte – sie liegt in einem Canyon oberhalb der Orangenhaine. Das ideale Versteck für die mojados , die illegalen Einwanderer – sie hausen hier oben getrennt von den Legalen, gehen vorm Hellwerden zum Orangenpflücken und kommen bei Dunkelheit zurück.
    Nur dass es jetzt keine mojados gibt.
    Im Winter, wenn es regnet, werden keine Orangen gepflückt.
    Trotzdem riecht er den kräftigen Duft der Orangenbäume. Es macht ihn traurig, dass er nicht dabei sein wird, wenn es im Frühjahr die ersten Orangen gibt.
    Er hat einen Revolver und vier Schuss.
    Das wird nicht reichen.
    Wenn sie kommen, rücken sie mit einer Armee an – also macht es keinen Unterschied, ob du vier, vierzig, vierhundert oder viertausend Patronen hast, denn du bist ganz allein.
    Und diese Schlacht kannst du nicht gewinnen.
    Die Sprüche über das Leben – sie sind alle wahr. Wenn du noch mal kochen könntest, noch mal surfen, noch mal mit einem Kunden schwatzen, einem Freund zulächeln, deine Liebste küssen, dein Kind umarmen, wenn dir noch die Zeit dafür bliebe, würdest du sie anders nutzen.
    Wenn dir nur die Zeit dafür bliebe.
    Hör auf, dich zu bemitleiden, denkt er. Schließlich bist du selbst schuld. Du hast genug angestellt in deinem Leben. Du hast getötet, und das ist das Schlimmste, was es gibt. Egal wie du dich rechtfertigst: Wenn du auf dein Leben zurückblickst und die Dinge beim Namen nennst, dann weißt du, was du warst.
    Was du jetzt noch erreichen kannst – vielleicht, vielleicht –, ist ein kleines bisschen Gerechtigkeit für eine tote Frau.
    Nimm ihr die Steine aus dem Mund.
    Und gib ihrer Tochter vielleicht eine Zukunftschance.
    So wie du möchtest, dass jemand deiner Tochter eine Chance gibt.
    Jill.
    Was wird sie machen?
    Du musst dich um deine eigene
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