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Fränkisch Schafkopf

Fränkisch Schafkopf

Titel: Fränkisch Schafkopf
Autoren: Petra Kirsch
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teilten sie miteinander. Das waren
alles Stummel der Marke  HB .
    So etwas verbindet ungemein, auch über den Tod hinaus;
in dem Moment, als Schuster ihr den vollen Aschenbecher unter die Nase hielt,
knüpfte er ein Band zwischen der Kommissarin und dem Opfer, das stärker war als
ihr rein berufliches Pflichtgefühl. Sie sah sich nun noch mehr in der
Verantwortung, den Mörder dieser Frau so lange zu suchen, bis sie ihn gefunden
und gestellt hatte. All dies konnte der Nichtraucher Schuster nicht ahnen,
geschweige denn wissen. Insofern kam ihr erster Gegenangriff für ihn überraschend.
    Â»Du willst mir damit also sagen, dass der Geruch
dieser Kippen erst rund um das Haus gewandert ist, sich dort vor den Eingang
abgesenkt hat, um über das Schlüsselloch in den Hausgang zu ziehen, sich dann
auf den Weg in den ersten Stock machte, um dort wieder pfeilgerade durch das
Schlüsselloch in die Wohnung der Toten zu gelangen? Das ist eine Theorie, die
einige physikalische Gesetze missachtet, mein Lieber.«
    Schuster sah sie perplex an. »Woher weißt denn du so
genau, dass sie nicht auch die Wohnung vollgequalmt hat?«
    Â»Das weiß man halt, wenn man Raucher ist. Wer einen
derartigen Aschenbecher auf dem Balkon stehen hat, raucht nicht in seiner
Wohnung. Das ist ganz einfach, was du aber nicht wissen kannst. Also, auf jeden
Fall bist du hier fertig und kannst jetzt gehen.«
    Doch so schnell gab sich der heute zu mehr Händel
aufgelegte Fotograf nicht geschlagen.
    Â»Die Frau hatte sich doch überhaupt nicht im Griff.
Raucht wie ein Schlot, dazu passt die Wohnung wie die Faust aufs Aug. Schau sie
dir doch mal an. Das Chaos pur. Ich würde mich hier nicht wohlfühlen. Du
etwa?«, fragte er in scharfem Ton.
    Â»Sag einmal, Bernd, fängst du jetzt komplett das
Spinnen an? Was soll denn die blöde Fragerei? Und dann: Was hat denn das eine
mit dem anderen zu tun? Wer raucht, muss doch nicht automatisch ein Messie
sein. Und umgekehrt.«
    Â»Wenn meine Frau mir die Bude so zumüllen würde, ich
würde die rausschmeißen. Kurzen Prozess würde ich mit der machen. So schnell
könnte die gar nicht schauen, so ratzfatz wäre die draußen.« Schuster sah sie
immer noch herausfordernd an.
    Fast hätte sie auch diese letzte seiner Attacken
ignoriert, aber eben nur fast, an diesem Tag, an dem bisher so viel verquer
gelaufen war.
    Â»Noch so eine hochinteressante Überlegung deinerseits.
Und wiederum so theoretisch, fernab jeden Bezugs zur Praxis. Denn momentan
verfügst du doch über gar keine Frau, die du ratzfatz rausschmeißen oder mit
der du kurzen Prozess machen könntest. Oder täusche ich mich da?«
    Sein Schweigen war beredt genug. Ohne Gruß verließ er
den Balkon, um auf dem Trampelpfad den geordneten Rückzug anzutreten. Vorher
aber legte er noch den weißen Mundschutz an, demonstrativ und mit einem langen
Blick zu ihr.
    Klaus Zwo, wie Dennerleins Kollege von der
Spurensicherung genannt wurde, der im weißen Schutzanzug gleichfalls zu dem
kleinen quadratischen Balkon Zuflucht genommen hatte und den sie erst jetzt,
nach Bernds Abzug, richtig wahrnahm, kommentierte ihre letzte Bemerkung mit den
Worten: »Das war aber jetzt hart von dir, Paula. Du weißt doch, wie empfindlich
der Bernd auf diesem Gebiet ist.«
    Â»Ich bin auch empfindlich, Klaus. Und kein Mensch
nimmt irgendwelche Rücksicht auf mich. Wie man in den Wald ruft, so schallt es
zurück. Aber mal was anderes: Findest du auch, dass es da drin so fürchterlich
riecht?«
    Â»Nein. Es müffelt ein wenig. Das ist der Staub, der
sich in all den Jahren auf den ganzen Krempel gelegt hat, sonst nichts.«
    Â»Warst du schon in der Küche und im Schlafzimmer?«
    Â»Einen Blick habe ich hineingeworfen. Da ist nämlich
kein begehbarer Weg wie im Wohnzimmer. Den muss man sich erst freischaufeln.
Ich weiß auch nicht, wo und wie die geschlafen hat. Im Liegen auf jeden Fall
schon mal nicht. So viel habe ich gesehen. Da ist alles voll. Und selbst im
Sitzen muss es schwierig gewesen sein, denn auf der einzigen Schlafmöglichkeit,
die ich entdeckt habe, so eine Art Liegesessel, stapeln sich ebenfalls die
Kleidungsstücke.«
    Â»So schlimm ist es?«
    Â»Ja. Irgendwie schon furchtbar, das alles. Das war ein
ganz einsamer, bedauernswerter Mensch. Ein erfülltes Leben ist was anderes.«
    Lust auf mehr?
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