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Flying Moon (German Edition)

Flying Moon (German Edition)

Titel: Flying Moon (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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Das war Karl. Obwohl wir wenig darüber sprachen, teilten wir die Sehnsucht nach der intensiven Zeit am Set und genauso, wie ich an Lasse dachte, konnte er Krista nicht vergessen. Er war immer noch verliebt.
    Eines Abends trafen wir uns, es glich fast einer Geheimmission. Karl hatte sein Laptop dabei und ich holte die Foto-CD mit den Set-Aufnahmen, die mir die Produktion geschickt hatte. Vor drei Wochen hatte ich sie unter mein Bett geschoben und nicht angerührt, aber an diesem Abend hatten Karl und ich uns verabredet, um sie uns anzusehen. Nur wir beide.
    Es war schmerzhaft und schön zugleich. In stiller Übereinkunft verharrten wir immer etwas länger bei Bildern, auf denen Krista oder Lasse zu sehen waren und besonders lange bei Bildern, auf denen wir mit ihnen zusammen waren. Bei vielen der Fotos hatte ich mitbekommen, wie sie gemacht worden waren. Sowohl Peter, als auch David hatten immer mal wieder zwischendurch Fotos geschossen, aber manchmal hatte die Kamera einfach herumgelegen und jemand hatte sie sich geschnappt, um einen besonderen Moment festzuhalten. Da gab es ein Bild von Lasse und mir, wie ich nach dem Ausstieg aus dem Kellerfenster mit einer blutenden Hand vor ihm stand und er sie in seiner hielt und besorgt und liebevoll betrachtete. Ich mochte diesen Blick und hatte das Gefühl, ich verdiente ihn jetzt besonders. Wenn Karl mich dann verletzt ansah, konnte ich nur nicken.
    Wir skippten zwei Mal durch die ganze CD, dachten an die guten Erinnerungen und waren fest entschlossen, damit alles hinter uns zu lassen. Als Karl den Laptopdeckel schließlich nach drei Stunden zuklappte, war es wie ein Sargdeckel, der geschlossen wurde und auch geschlossen bleiben sollte.

28.
    Nach den Sommerferien begann ein neues, ein besonderes Schuljahr, da wir im Jahr darauf unser Abitur machen würden und die Lehrer sorgten dafür, dass wir das nicht vergaßen. Ich war froh, mich auf etwas stürzen zu können, das ich voll unter Kontrolle hatte, obwohl ich nicht gerade zu den eifrigsten Schülern gehörte und selten richtig lernte. Es war eindeutig ein Ablenkungsmanöver.
    Am Ende der Sommerferien hatten Karl, Sophia, Johann und ich eine kleine Reise zur Ostsee unternommen. Wir hatten in zwei Zelten gecampt und irgendwann waren Karl und Sophia in einem der Zelte verschwunden und ab da wieder zusammen. Bei Johann und mir war das nicht so einfach. Wir redeten die ganze Nacht, teils aus Verlegenheit, um die Geräusche aus dem anderen Zelt zu übertönen, teils, weil ich Johann schon länger eine Erklärung schuldete. Ich erzählt ihm, wie sehr und aussichtslos ich mich bei dem Film-Dreh verliebt hatte und dass ich wohl noch einige Zeit brauchen würde, um darüber hinweg zu kommen.
    »Ist es dieser Lasse Paulsen?«
    Ich nickte und Johann schwieg. Mit einem Mal kam ich mir lächerlich vor. Ich verliebte mich wie ein Teenager in einen Filmstar und glaubte auch noch, dass diese Liebe eine Zukunft haben könnte. Johann sah mich an und es tat mir weh zu sehen, wie geduldig er wartete. Auf mich und darauf, dass ich aufhörte, mich wie ein idiotischer Fan zu benehmen.
    Es war nicht leicht, Lasse zu vergessen und das lag nicht nur an mir. Der Film, den er vor Heimweh gedreht hatte, kam in die Kinos, er und Agnes Loose als Liebespaar, es war ein großer Erfolg und auf einmal redete jeder darüber, ob er Agnes heiraten würde oder sie ihn. In meinen Albträumen sah ich die beiden mit fünfzehn Kindern vor einer großen Villa sitzen und Interviews geben und sich vor laufender Kamera küssen und eine Fortsetzung von »Jein« nach der anderen drehen. Ich weigerte mich, in den Film zu gehen und wollte auch von Karl und Sophia nichts darüber hören, schon gar nicht, wie süß Agnes war oder wie gut sie zu Lasse passte. Alles schien falsch.

    Einige Dinge aber renkten sich ein. Lion war von der Schule geflogen, aber meine Eltern hatten in den Sommerferien eine neue Schule für ihn gefunden. Es war eine Medienschule, mein Vater zahlte das Schulgeld und Lion war endlich glücklich. Er lief nur noch mit seiner Kamera herum und nachts, wenn meine Mutter schlief, hockte er an seinem neuen iMac und schnitt seine Filme, die alle vollkommen verrückt und abgedreht waren, aber auch genial, lustig, einfach gut.
    Mein Vater wohnte nun in München und Lion besuchte ihn oft, aber er kam auch öfter nach Berlin und schaute dann immer vorbei. Meine Eltern verstanden sich erstaunlich gut. Alle waren erleichtert und glücklich und mein Kummer fiel nicht
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