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Flying Moon (German Edition)

Flying Moon (German Edition)

Titel: Flying Moon (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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dich immer beschützt. Aber jetzt holen wir das nach.«
    »Nein!«, krächzte ich. Mein Schutzpanzer zerbröselte, ich hatte nur noch Angst um Lasse. »Hört auf!«
    Doch Lasse war kein Opfer. Im Gegenteil. Sein Blick veränderte sich und wurde hart.
    »Moon, bitte, bleib weg. Das ist eine Sache zwischen Gerion und mir.«
    »Genau!«, sagte Gerion und ein zweiter Schlag traf Lasse ins Gesicht.
    Ich hatte noch nie eine richtige Prügelei gesehen. Das kannte ich nur aus dem Kino oder Fernsehen. Doch was zwischen Lasse und Gerion geschah, sah anders aus. Es führte mir deutlich vor Augen, dass die Realität sich in einigen Punkten von Filmen unterscheidet. Sie ist brutal und schnell. Dinge passieren ohne Ankündigung und ohne Einführung und haben andere Folgen. Gelähmt vor Angst, versuchte ich irgendeine Entscheidung zu treffen. Eingreifen, Hilfe holen, schreien. Lasses Nase blutete und war vermutlich gebrochen, aber auch Gerion hatte eine Platzwunde über dem Auge. Sie prügelten sich bis auf den freien Schlossplatz vor und kämpften am Boden weiter. Ich hörte Geräusche von Knochen auf Stein, Blut, das man schon riechen konnte, und mir Übelkeit verursachte. Langsam wurden immer mehr Menschen aufmerksam und kamen dazu, aber keiner der beiden schien wahrzunehmen, was um sie herum geschah und niemand drang zu ihnen durch. Nur echte Freunde können sich so hassen , schoss es mir durch den Kopf.
    »Moon!«
    Mein Vater und Uli rannten herbei. Während mein Vater Gerion packte, versuchte Uli Lasse festzuhalten. Lasses Gesicht war blutverschmiert, Gerions Auge zugeschwollen. Von überall her kamen die übrigen Teammitglieder und versuchten, Uli und meinen Vater zu unterstützen, aber Lasse und Gerion kämpften sich immer wieder frei und gingen aufeinander los. Schließlich hielten Peter, der Kameramann, und Uli Lasse fest und Gerion wurde von meinem Vater und David gehalten. Ich stand da, schnappte den Blick meines Vaters auf und wich ihm sofort wieder aus. Die Musik brach ab.
    Stille.
    Lion schob sich durch die Menge und sah erleichtert, dass ich unverletzt war. Agnes kam und warf sich schluchzend an Lasses Hals und hinter mir tauchte Johann auf und legte beruhigend seinen Arm um mich. Ich hörte die Sirene eines Krankenwagens, wenig später fuhr er auf den Hof. Uli und Peter führten Lasse und Gerion zu den Sanitätern, gefolgt von der Menge. Ich hörte Türen klappen, dann den Krankenwagen vom Hof fahren.
    Mein Vater, Lion, Johann und ich blieben zurück. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich weinte.
    »Let’s go! Back home! Now!«, sagte mein Vater energisch.
    Er sah von mir zu Lion. Ich schüttelte den Kopf. Dann fiel sein Blick auf Johann, der mich noch immer im Arm hielt.
    »Dad, das ist Johann, der Bruder von Karl.«
    »Ach, so, von Karl«, sagte mein Vater irritiert und Lion grinste verhalten.
    Marco, Krista und Karl kamen aus der Menge zu uns herüber.
    »Moon, willst du, dass wir dich gleich zurückfahren?«, fragte Karl und sah fragend zu Johann. Dafür war es eigentlich schon zu spät.
    »Wir nehmen uns ein Zimmer in diesem Hotel, Karl«, sagte Johann sachlich und löste seinen Arm langsam von mir.
    »Wenn du willst, Moon, kannst du morgen mit uns fahren«, fügte er vorsichtig hinzu.
    Mein Vater zog kurz die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts.
    »Nein, danke. Ich fahre mit dem Zug. Ich habe schon mein Ticket.«
    Ich wunderte mich selber, wie ich es schaffte, diese kleine Konversation zu führen, denn eigentlich wollte ich nur mein zerfleischtes Herz in Sicherheit bringen.

27.
    In der Hotelhalle war es ruhig. Ich nahm meinen Schlüssel und sagte Lion und meinem Vater gute Nacht. Lion wollte bei Dad schlafen, er wusste, dass ich allein sein musste. Dann winkte ich Johann und Karl zu, die sich an der Rezeption ein Zimmer holten und ging nach oben.
    Auf meinem Zimmer machte ich kein Licht, schlich ins Bad und sah, dass sich ein Kilo Schminke über mein Gesicht verteilt hatte. Schwarze Wimperntusche floss mir über die Wangen und mein Mund sah aus, als ob ich blutete. Ich schminkte mich ab, zog Kristas Kleid aus und schlüpfte aus ihren Sandalen. Morgen früh würde ich die Sachen an der Rezeption abgeben, jetzt war ich zu müde dafür.
    Ich legte mich ins Bett, auf die Decke, bewegungslos. Ich wäre gerne eingeschlafen, ohne eine weitere Erinnerung an den Abend. Stattdessen ging ich jede Situation noch einmal mit chirurgischer Präzision durch, zerlegte sie und kam doch zu keinem Schluss.
    Gegen vier Uhr hörte
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