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Flug durch die Sonne

Flug durch die Sonne

Titel: Flug durch die Sonne
Autoren: Isaac Asimov
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überkam ihn die Neugierde. Kein Mensch vor ihm war je der Sonne so nahe gewesen, vermutlich würde auch nach ihm kein Mensch mehr dieses Abenteuer wagen. Und selbst wenn es jemand täte, würde er die Sonne nicht mit ungeschütztem Auge sehen können.
    Aber er trug einen marsianischen Energieschild. War er der Sonnenstrahlung auf eine Distanz von fünf Millionen Meilen gewachsen? Er wußte, daß das, was er vorhatte, höchst riskant war und keinen praktischen Nutzen haben konnte – dennoch wollte er es tun!
    Luckys Finger bewegten sich wie unter eigener Kraft. Er brachte es einfach nicht fertig, diese Chance fahren zu lassen. Er richtete, gelenkt vom Nadelausschlag des Gravimeters, eine der Fernsehkameras auf die Sonne und wandte das Gesicht vom Bildschirm ab. Einige wenige Sekunden mußten die Linsen das aushalten, mochten sie dann verschmoren! Eine Sekunde verging. Er fühlte mehr, als daß er es sah, wie der Bildschirm sich erwärmte. Nichts geschah.
    Langsam drehte er sich um.
    Was er sah, war ein Eindruck, der ihm wohl bis ans Ende seines Lebens bleiben würde. Eine strahlend helle Fläche mit zahlreichen Falten und Runzeln füllte den Bildschirm. Es war ein Teil der Sonne!
    Auf dem Bildschirm waren ein paar Sonnenflecken zu erkennen, die sich schwarz von dem hellen Hintergrund abhoben. Glühend weiße Fäden liefen in sie hinein und verloren sich. Das waren tobende Zonen solarer Aktivität, die sichtbar vor seinen Augen über den Bildschirm wanderten. Diese Bewegung war nicht auf die Eigenrotation der Sonne zurückzuführen, die selbst am Äquator nicht mehr als vierzehnhundert Meilen pro Stunde beträgt, sondern vielmehr auf die ungeheure Geschwindigkeit der Shooting Starr.
    Lucky schaltete auf eine andere Kamera und erfaßte nun einen Teil des Sonnenrandes und damit einige Säulen flammenden Gases – die sogenannten Protuberanzen –, die sich mit scharfen Konturen vor dem samtenen Schwarz des Weltalls abhoben. Lucky wußte, daß jede dieser Gassäulen ein Dutzend Planeten von der Größe der Erde einhüllen und daß die Erde in den Sonnenflecken, den er hier sah, geworfen werden konnte, ohne daß man irgend etwas davon bemerken würde.
    Er schaltete die Kamera ab. Niemand konnte die Sonne aus nächster Nähe betrachten, ohne von der Bedeutungslosigkeit der Erde und aller irdischen Dinge niedergedrückt zu werden.
     
    Die Shooting Starr hatte ihre Höllenfahrt beendet. Sobald sie die Venusbahn passiert hatte, legte Lucky seinen Absorberschild ab und verstaute ihn wieder in seiner Tasche. Das Kühlsystem des Schiffes mühte sich, die überschüssige Hitze abzustrahlen. Das Trinkwasser war immer noch unangenehm heiß, und die Konserven waren teilweise geplatzt. Die Sonne schrumpfte jetzt wieder zusammen. Lucky betrachtete das Schauspiel, das sich ihm bot. Die Sonne war eine gleichmäßige glühende Kugel. Ihre Unregelmäßigkeiten, ihre kochenden Flecken, ihre lodernden Flammenzungen waren nicht mehr zu sehen. Nur die Korona, die im Weltraum stets, auf der Erde nur während Sonnenfinsternissen sichtbar ist, stach Millionen von Meilen nach allen Richtungen hinaus. Lucky schauderte unwillkürlich bei dem Gedanken, daß er dieses Inferno soeben durchflogen hatte.
    Er passierte die Erde mit fünfzehn Millionen Meilen Abstand und erspähte durch sein Teleskop die bekannten Umrisse der Kontinente, die durch die weißen Wolkenbänke sichtbar waren. Etwas wie Heimweh erfüllte ihn, als er an die Milliarden von Menschen dort unten dachte, die diesen Planeten bewohnten, der der Ursprung aller Menschen war, die jetzt die weiten Sternsysteme der Galaxis bewohnten. Es durfte keinen Krieg geben, der die Existenz dieses Planeten und dieser Menschen in Frage stellte.
    Dann blieb auch die Erde hinter ihm zurück.
    Am Mars vorbei und wieder in den Asteroidengürtel hinein, zielte Lucky immer noch auf das Jupitersystem, jenes Separatsystem innerhalb des eigentlichen Sonnensystems. In seiner Mitte befand sich Jupiter, ein Planet, der größer war als alle Planeten zusammengenommen. Um ihn drehten sich vier riesige Monde, drei davon, Io, Europa und Callisto, etwas so groß wie der Mond der Erde, und der vierte, Ganymed, viel größer. Ganymed war sogar größer als Merkur, beinahe so groß wie Mars. Außerdem gab es Dutzende von Möndchen in der Größenordnung von einigen hundert Meilen Durchmesser bis hinunter zu bedeutungslosen Felsbrocken.
    Im Schiffsteleskop wuchs Jupiter zu einem gelben Ball heran, durchzogen von einigen
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