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Fluesterndes Gold

Fluesterndes Gold

Titel: Fluesterndes Gold
Autoren: Carrie Jones
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einmal. Alles geht ganz glatt und schnell, sodass ich keine Zeit habe zu protestieren oder überhaupt etwas zu sagen. Dann fliegt er. Buchstäblich.
    Hinter seiner Schulter taucht ein Schatten auf vier Beinen aus dem Wald auf und brüllt.
    Betty hat uns verpasst. Mein Herz in der Brust kreischt.
    Die Bäume verschwimmen, als wir rasend schnell an ihnen vorbeigleiten. Sie sind nur noch dunkle, geheimnisvolle Schatten. Er zischt über den Schnee. Der Wind schlägt meine Haare gegen seine Brust. Schnee rieselt vom Himmel und bedeckt unsere Gesichter, bedeckt uns, während wir immer schneller und schneller fliegen. Diese Geschwindigkeit habe ich mir immer gewünscht, wenn ich gelaufen bin, diese unglaubliche Schnelligkeit. Sie ist erstaunlich und wunderschön. Ich kann sie kaum beschreiben und kann sie kaum auskosten, denn schon bald halten wir an.
    Betty wird mich niemals finden. Es gibt keine Spuren.
    Er stellt mich auf den unebenen Boden einer großen Lichtung inmitten großer Kiefern. Mein Atem strömt aus mir heraus, als hätte ich ihn angehalten.
    »Das war unglaublich«, stoße ich hervor und halte mir gleich darauf mit der Hand den Mund zu.
    »Du glühst. Ich hab gedacht, du hasst mich.«
    »Das stimmt. Aber fliegen? Das Fliegen hasse ich nicht. Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem …«
    »Du liest?«
    »Ja.«
    »Das ist gut. Ich interessiere mich auch für Philosophie. Es ist gut, eine Tochter zu haben, die liest.«
    Ich schlucke und verlagere das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Sie können uns hierher nicht folgen. Wir haben keine Spuren hinterlassen. Ich kann’s nicht fassen, dass wir geflogen sind. »Können alle Elfen fliegen? Darauf war ich nämlich überhaupt nicht vorbereitet. Ich meine, darüber habe ich nichts gelesen.«
    »Nur Elfen mit königlichem Blut. Du kannst es.«
    »Wenn ich mich in einen Elf verwandle.«
    »Natürlich.« Er zeigt auf die Lichtung. »Hier ist mein Zuhause.«
    »Die Lichtung?«
    »Siehst du das Haus nicht?«
    »Nein.«
    Seine Miene verzieht sich, als hätte ich ihn enttäuscht. »Es ist von einem Zauber umgeben, aber da du meine Tochter bist, müsstest du hindurchsehen können.«
    »Aha.« Ich fröstle. Schneeflocken landen auf seinen Haaren und machen sie weiß.
    »Menschen sehen das, von dem sie glauben, dass es da ist, nicht das, was tatsächlich ist. Es bedarf keiner großen Anstrengung, uns selbst und was wir sind, vor ihnen zu verbergen.«
    »Oh, vielen Dank. Das war Elfenlektion Einhundertundzwölf, oder?«
    »Du bist sarkastisch. Ganz und gar nicht wie deine Mutter. Sie wird ganz still, wenn sie Angst hat.«
    Ich kaue nicht mehr auf meinen Lippen herum. »Nein, ich bin ihr überhaupt nicht ähnlich.«
    Er seufzt. »Versuche einfach zu sehen, was wirklich da ist, Zara. Dann gehen wir hinein, ins Warme.«
    »In Ordnung.«
    Ich starre auf die Lichtung. Sie verschiebt sich und fängt fast an zu flirren. Eine Schneeflocke landet auf meinen Wimpern, und ich schließe die Augen, während sie schmilzt. Dann öffne ich sie wieder.
    »Oh Mann«, murmle ich.
    Ich höre das Lächeln in seiner Stimme. »Kannst du es sehen?«
    »Ich verstehe nicht, wie es mir entgehen konnte.«
    »Der Zauber.«
    Das Haus ist kein Haus, es ist eine Villa, riesengroß, mit gewaltigen Fensterflächen auf jedem der drei Stockwerke. Es ist mit Schindeln verkleidet und in einem cremigen Gelb angestrichen wie die alten Häuser in Charleston. Seine imposanten, geraden Linien scheinen bis in den Himmel hinaufzuragen. Es ist nicht pompös, aber es ist groß und erzählt von altem Geld, Tee im Salon und Krocket im Garten.
    Ich wende den Kopf, um ihm das zu sagen, aber mein Mund klappt auf und meine Zunge weigert sich, weiterhin aktiv an der Unterhaltung teilzunehmen.
    »Du siehst mich so, wie ich wirklich bin.« Er lächelt.
    Seine Zähne sind ein bisschen spitz.
    Aber es sind nicht seine Zähne, die mir zu schaffen machen, sondern der Umstand, dass seine Augen silbern sind mit schwarzen Pupillen. Dass seine Haut schimmert wie blaues Eis. Und dass er größer ist, als ich dachte, und breiter.
    »Ich sehe dir nicht ähnlich«, sage ich schließlich.
    »Nein. Du siehst aus wie deine Mutter.«
    »Ich hab deine Haare. Meine Mom hat immer gesagt, du hättest uns im Stich gelassen, aber so war es nicht, oder?«
    »Nein, sie hat mich im Stich gelassen.« Seine Miene wird traurig, und seine Augen wirken schmaler. Dann sieht er mich wieder an. »Lass uns reingehen, ins Warme.«
    Ich folge ihm, weil ich nicht
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