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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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›nein‹ gesagt haben, so rück' einfach raus damit.«
    »Die haben sich noch nicht entschieden, mein Lämmchen.« »Ich kann es ertragen.«
    »Willst du vielleicht jetzt zuhören? Die Sache ist noch nicht durchgefallen. Ich bin noch immer am Pläneschmieden und will den nächsten Schritt mit dir besprechen, das ist alles. Sonst verbirgt sich nichts dahinter. Können wir uns in einer halben Stunde treffen?« »Wo?«
    »Ich bin im Beverly Hills Hotel.« »In der Polo-Bar?« »Wo denn sonst.«
    Als Hilary vom Sunset Boulevard abbog, kam ihr das Beverly Hills Hotel unwirklich vor, wie eine Fata Morgana. Der weitläufige Bau, der zwischen den stattlichen Palmen und dem üppigen Grün emporragte, wirkte wie die Vision aus einem Märchen. Und jedesmal fand sie den rosafarbenen Verputz gar nicht so vulgär, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Die Mauern schienen von innen heraus zu leuchten. Auf seine Art wirkte das Hotel recht elegant – vielleicht ein wenig dekadent, aber zweifellos elegant. Am Haupteingang beschäftigten uniformierte Pagen sich damit, Automobile zu parken oder abzuliefern: zwei Rolls Royce, drei Mercedes, einen Stutz und einen roten Maserati.
    Ein weiter Weg vom Armenviertel in Chicago hierher, dachte sie vergnügt.
    In der Polo-Bar entdeckte sie ein halbes Dutzend Schauspieler und Schauspielerinnen, berühmte Gesichter, außerdem zwei mächtige Studiobosse; aber keiner von ihnen saß an Tisch drei. Dieser Tisch galt allgemein als bester Platz im Lokal, da er den Blick auf den Eingang freigab und genau der Tisch war, um zu sehen und gesehen zu werden. Wally Topelis saß an Tisch drei, denn er galt als einer der einflußreichsten Agenten Hollywoods und konnte den Oberkellner ebenso bezaubern wie jeden anderen Menschen auch, ein schlanker kleiner Mann um die Fünfzig, sehr gut gekleidet. Sein dichtes weißes Haar glänzte, und er trug einen gepflegten weißen Schnurrbart. Er wirkte sehr distinguiert, genau die Art Mann, die man an Tisch drei erwartete. Im Moment telefonierte er; man hatte das Gerät am Tisch angeschlossen. Als er Hilary sah, beendete er eilig sein Gespräch, legte den Hörer auf und erhob sich. »Hilary, du siehst reizend aus – wie immer.« »Und du bist hier der Mittelpunkt – wie immer.« Er grinste. Seine Stimme klang weich, verschwörerisch. »Ich kann mir vorstellen, wie uns alle anstarren.« »Das kann ich mir auch vorstellen.« »Verstohlen natürlich.« »Oh, ja, natürlich«, antwortete sie.
    »Weil sie uns nicht zeigen wollen, daß sie hersehen«, meinte er vergnügt.
    Wieder sitzend, erklärte sie: »Aber wir riskieren nicht, es nachzuprüfen, ob sie hersehen.«
    »Du lieber Himmel, nein!« Seine blauen Augen strahlten vor Vergnügen.
    »Wir wollen schließlich nicht, daß sie merken, daß es uns etwas ausmachen könnte.« »Gott bewahre.« »Das wäre gauche.« »Tres gauche.« Er lachte.
    Hilary seufzte. »Ich habe das nie verstanden, daß ein Tisch viel wichtiger sein kann als ein anderer.« »Nun, ich kann zwar hier sitzen und mich amüsieren, aber ich verstehe es«, sagte Wally. »Im Gegensatz zu dem, was Marx und Lenin glaubten, gedeiht das menschliche Lebewesen im Klassensystem – solange dieses System in erster Linie auf Geld und Leistung beruht und nicht auf Abkunft oder Stammbaum. Wir etablieren überall Klassensysteme und hegen und pflegen sie, selbst in Restaurants.«
    »Ich glaube, jetzt höre ich gerade eine jener berühmten Topelis-Tiraden.«
    Ein Kellner tauchte auf mit einem silbrig glänzenden Eiskübel und einem dazugehörenden Ständer. Er stellte beides neben dem Tisch ab, lächelte und verschwand wieder. Offenbar hatte Wally sich erlaubt, schon vor ihrem Eintreffen für sie beide zu bestellen. Aber er ergriff die Gelegenheit jetzt nicht, um zu sagen, was er bestellt hatte.
    »Keine Tirade«, sagte er. »Nur eine Beobachtung. Die Menschen brauchen Klassensysteme.« »Dann will ich mehr wissen. Warum?«
    »Zum einen, weil die Menschen Sehnsüchte brauchen, Wünsche, die über die Grundbedürfnisse des Essens und Schlafens hinausgehen, Wünsche, von denen sie beseelt sind, die sie antreiben, gewisse Leistungen zu vollbringen. Wenn es ein nobles Wohnviertel gibt, dann wird ein Mann gerade deshalb eine zusätzliche Stellung annehmen, nur um sich dort ein Haus kaufen zu können. Wenn ein Wagen besser fährt und mehr hermacht als ein anderer, so wird ein Mann – und natürlich auch eine Frau, diesbezüglich spielt das Geschlecht keine Rolle – noch härter
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