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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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arbeiten, um sich dieses Vehikel leisten zu können. Und wenn es einen besten Tisch in der Polo-Bar gibt, so wird jeder, der hierherkommt, reich oder berühmt genug sein wollen – ja sogar berüchtigt –, um hier Platz nehmen zu können. Dieses nahezu magische Streben nach Statussymbolen erzeugt Wohlstand, leistet seinen Beitrag zum Bruttosozialprodukt und schafft Arbeitsplätze. Hätte Henry Ford im Leben nicht vorwärtskommen wollen, so hätte er bestimmt nie eine Firma aufgebaut, die jetzt Zehntausenden Brot und Arbeit gibt. Das Klassensystem gilt als einer der Motoren, die die Räder der Wirtschaft treiben; es sorgt für unseren gleichbleibend hohen Lebensstandard. Das Klassensystem gibt den Menschen ein Ziel – es verschafft dem Oberkellner ein Gefühl von Macht und Wichtigkeit, das ihn befriedigt und ihm eine ansonsten unerträgliche Tätigkeit angenehmer erscheinen läßt.«
    Hilary schüttelte energisch den Kopf. »Doch wenn man mir einen Platz am besten Tisch zuweist, so bedeutet das noch lange nicht, daß ich automatisch besser oder berühmter bin als jemand, der nur den zweitbesten Tisch bekommt. Das hat doch mit Leistung nichts zu tun.«
    »Ist aber ein Symbol der Leistung, der Position«, entgegnete Wally.
    »Ich kann immer noch nicht den Sinn dahinter entdecken.« »Es handelt sich dabei einfach nur um ein kompliziertes Spiel.« »Das du sicherlich mit absoluter Perfektion beherrschst.« Er war entzückt. »Ja, nicht wahr?« »Ich werde diese Regel nie lernen.«
    »Solltest du aber, mein Lämmchen. Es klingt zwar albern, hochgradig albern sogar, aber es hilft dem Geschäft. Niemand arbeitet gerne mit einem Verlierer zusammen. Aber jeder, der dieses Spiel spielt, möchte gern mit jemandem verhandeln, der es schafft, den besten Tisch in der Polo-Bar zu kriegen.« Wally Topelis war wohl der einzige Mann in ihrem Bekanntenkreis, der eine Frau ›mein Lämmchen‹ nennen konnte, ohne dabei herablassend oder kitschig zu wirken. Obwohl er von der Statur her eher einem berufsmäßigen Jockey glich, erinnerte er sie doch irgendwie an Cary Grant. Er hatte das Auftreten von Grant: ausgezeichnete Manieren, ohne dabei überspannt zu wirken, die Eleganz eines Ballettänzers bei jeder noch so zufälligen Bewegung, lässigen Charme und die meiste Zeit diesen leicht amüsierten Gesichtsausdruck, so, als würde ihn das Leben auf milde Art belustigen.
    Der Kellner kam; Wally redete ihn mit Eugene an und erkundigte sich nach seinen Kindern. Eugene schien Wally sehr zugetan, und Hilary begriff, daß es vielleicht damit zusammenhing, daß man den besten Tisch in der Polo-Bar bekam, weil man die Angestellten wie Freunde und nicht wie Bedienstete behandelte.
    Eugene brachte Champagner; nach etwas belanglosem Plaudern hielt er Wally die Flasche hin, damit er sie inspizieren konnte.
    Hilary warf einen Blick auf das Etikett. »Dom Perignon?« »Du verdienst nur das Beste, mein Lämmchen.« Eugene entfernte das Stanniol vom Flaschenhals und begann den Draht zu drehen, der den Korken festhielt.
    Hilary musterte Wally stirnrunzelnd. »Du mußt aber wirklich schlechte Nachrichten für mich haben.« »Warum sagst du das?«
    »Champagner, hundert Dollar die Flasche...« Hilary musterte ihn noch nachdenklicher. »Das soll wohl meine verletzten Gefühle besänftigen, meine Wunden ausbrennen.« Der Korken knallte. Eugene verstand sein Handwerk; nur ganz wenig der wertvollen Flüssigkeit schäumte aus der Flasche.
    »Du bist eine solche Pessimistin«, sagte Wally. »Eine Realistin«, wandte sie ein.
    »Die meisten Leute hätten gesagt: ›Ah, Champagner! Was feiern wir?‹ Doch nicht Hilary Thomas.«
    Eugene goß Wally eine Probe Dom Perignon ein. Dieser kostete und nickte zustimmend.
    »Feiern wir denn?« fragte Hilary. Die Möglichkeit war ihr wirklich nicht in den Sinn gekommen, und plötzlich fingen, bei dem Gedanken daran, ihre Knie zu zittern an. »Ja, das tun wir tatsächlich«, meinte Wally. Eugene füllte langsam beide Gläser und schraubte die Flasche gekonnt in das geschabte Eis, das den silbernen Kübel füllte. Er wollte offenbar lange genug bei ihnen bleiben, um hören zu können, was es zu feiern gab.
    Ebenso offensichtlich wollte Wally den Kellner an der Neuigkeit teilhaben lassen, damit er sie auch gleich verbreiten könnte. Wally setzte sein Cary-Grant-Grinsen auf, beugte sich zu Hilary hinüber und sagte langsam: »Die Sache mit Warner Brothers ist perfekt.«
    Sie starrte ihn an, blinzelte, klappte den Mund auf,
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