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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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Studioboß mit den Eidechsenaugen, im makellos geschneiderten Maßanzug, versuchte zuerst auf subtile Art, dann aber mit unverhohlener Gier, die Handlung von Wolf in Erfahrung zu bringen, in der Hoffnung, man könne ein schnelles Plagiat fürs Fernsehen daraus machen. Kurz darauf zog der halbe Saal von Tisch zu Tisch und blieb bei Hilary und Wally stehen, um ihnen zu gratulieren, und zog dann gleich weiter, um mit anderen über diesen Erfolg zu sprechen. Jeder von ihnen überlegte, ob irgendwo oder irgendwie Prozente für ihn dabei heraussprängen. Schließlich würde Wolf einen Produzenten brauchen und Stars und jemanden, der die Musik schrieb... Und deshalb klopfte man am besten Tisch im Lokal immer wieder auf Schultern, küßte auf die Wange und drückte das Händchen. Hilary wußte, der größte Teil der glitzernden Stammgäste der Polo-Bar waren in Wirklichkeit gar nicht so käuflich, wie sie manchmal vorgaben. Viele von ihnen hatten ganz unten angefangen, hungrig und arm wie sie selbst. Obwohl sie alle ihr Glück gemacht und ihr Vermögen sicher investiert hatten, konnten sie einfach nicht mehr aufhören, dem Dollar hinterherzurennen; sie hatten das so lange praktiziert, daß sie einfach nicht mehr anders zu leben verstanden. Das Bild, das Hollywood der Öffentlichkeit bot, hatte nur wenig mit der Realität gemein. Sekretärinnen, Verkäuferinnen, Büroangestellte, Taxifahrer, Mechaniker, Hausfrauen, Kellnerinnen, Menschen im ganzen Land aus alltäglichen Berufen aller Art kamen müde von der Arbeit nach Hause, setzten sich vor den Fernseher und träumten vom Leben der Stars. In einem ungeheuren Kollektivbewußtsein von Hawaii bis Maine, von Florida bis Alaska galt Hollywood als eine einzige wilde Party, als der Inbegriff lebenshungriger Frauen, leichten Geldes, zu viel Whisky, zu viel Kokain, fauler Tage in der Sonne, Drinks am Pool, Ferien in Acapulco und Palm Beach und Sex auf dem Rücksitz pelzverkleideter Rolls-Royce-Limousinen. Eine Phantasie. Eine Illusion. Eine Gesellschaft, die lange von korrupten, unfähigen Führern mißbraucht worden war, eine Gesellschaft, die auf von übermäßiger Inflation und Besteuerung zernagten Fundamenten stand, eine Gesellschaft im Schatten plötzlicher atomarer Vernichtung brauchte wahrscheinlich ihre Illusionen, um überleben zu können. In Wirklichkeit arbeiteten die Leute beim Film und Fernsehen mehr als nahezu jeder andere, obwohl das Produkt nicht immer der Mühe wert war, sich vielleicht nur selten wirklich lohnte. Der Star einer erfolgreichen Fernsehserie mußte von früh morgens bis zum Einbruch der Nacht arbeiten, häufig vierzehn oder sechzehn Stunden täglich. Natürlich war der Lohn dafür immens. Aber in Wahrheit feierte man keine so wilden Partys, und die Frauen waren auch nicht leichtlebiger als Frauen in Philadelphia, Hackensack oder Tampa, die Tage sonnig, aber selten träge und der Sex ganz genauso wie bei Sekretärinnen und Verkäuferinnen in Boston oder Pittsburgh. Wally mußte um Viertel nach sechs gehen, weil er um sieben wieder eine Verabredung hatte; ein paar Gäste der Polo-Bar fragten Hilary, ob sie mit ihnen zu Abend essen wolle. Sie lehnte ab und gab vor, anderweitig verabredet zu sein. Draußen vor dem Hotel war es an diesem Herbstabend immer noch hell. Ein paar hochfliegende Wolkenfetzen zogen über einen Himmel wie in einem Technicolor-Film. Die Sonne hatte die Farbe von platinblondem Haar, und die Luft war für Los Angeles, noch dazu mitten unter der Woche, überraschend sauber. Zwei junge Paare lachten und plauderten laut, als sie aus einem blauen Cadillac stiegen, und ein Stück entfernt, auf dem Sunset Boulevard, dröhnten Reifen, brausten Motoren, schrillten Hupen, denn die letzten Wagen des abendlichen Berufsverkehrs drängten nach Hause.
    Während Hilary und Wally auf die lächelnden Pagen warteten, die ihre Autos brachten, fragte er: »Bist du wirklich mit jemandem zum Abendessen verabredet?« »Ja doch. Mit mir. Mit mir selbst.« »Hör' zu, du kannst doch mitkommen.« »Als ungeladener Gast.« »Ich habe dich gerade eingeladen.« »Ich will deine Pläne nicht durcheinanderbringen.« »Unsinn. Es wäre ein Vergnügen, dich dabeizuhaben.« »Außerdem bin ich nicht entsprechend angezogen.« »Du siehst gut aus.« »Ich will allein sein«, sagte sie.
    »Als Garbo wärst du kein Erfolg. Komm' mit zum Abendessen. Bitte. Es handelt sich um einen informellen Abend im Palm mit einem Klienten und seiner Frau. Ein junger Drehbuchschreiber
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