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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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seinen Augen auf und gleich darauf eine irisierende Schwärze, aber er widerstand dem Drang, einfach liegenzubleiben, stand wieder auf. Er sah, wie Frye die Türflügel schloß und absperrte. Hilary mußte auf der anderen Seite sein, eingeschlossen. Die letzten drei Meter legte Tony in der schrecklichen Gewißheit zurück, daß Frye sich umdrehen und ihn sehen würde. Aber der hünenhafte Mann blieb weiterhin den Türen zugewandt. Er lauschte auf Hilary; und die kreischte in panischer Angst. Tony schlich sich an und stieß Frye das Messer zwischen die Schulterblätter.
    Frye schrie vor Schmerz auf und drehte sich um. Tony taumelte zurück und hoffte, dem Mann eine tödliche Wunde zugefügt zu haben. Er wußte, daß er im Nahkampf gegen Frye keine Chance hatte – ganz besonders jetzt, da ihm nur ein Arm zur Verfügung stand.
    Frye tastete verzweifelt hinter sich, versuchte das Messer zu packen, das Tony ihm hineingestoßen hatte. Er wollte es aus seinem Körper herausziehen, konnte es aber nicht erreichen. Ein Blutfaden rann ihm aus dem Mundwinkel. Tony wich einen weiteren Schritt zurück. Und noch einen. Frye taumelte auf ihn zu.
    Hilary stand auf der obersten Stufe und hämmerte gegen die verriegelte Tür. Sie schrie um Hilfe.
    Hinter ihr wurde das Wispern in dem dunklen Keller mit jedem donnernden Schlag ihres Herzens lauter. Sie riskierte einen Blick hinter sich, richtete die Taschenlampe auf die Treppe. Der bloße Anblick der summenden, brummenden Insektenmasse würgte sie. Der Raum unter ihr schien jetzt hüfthoch mit Kakerlaken bedeckt. Und diese ganze Masse schwankte und zischte und wogte so, daß es fast schien, als wäre dort unten nur ein Organismus, ein monströses Geschöpf mit zahllosen Beinen und Antennen und hungrigen Mäulern.
    Erst jetzt merkte sie, daß sie immer noch schrie, unablässig. Ihre Stimme fing an, heiser zu werden. Aber sie konnte nicht aufhören.
    Einige der Insekten drängten jetzt trotz des Lichtkegels die Stufen herauf. Zwei erreichten ihre Füße, und sie trat nach ihnen. Andere folgten nach.
    Sie wandte sich wieder schreiend den Türen zu, schlug mit aller Kraft dagegen.
    Dann ging die Taschenlampe aus. In dem hysterischen Versuch, Hilfe zu holen, hatte sie, ohne nachzudenken, mit der Lampe gegen die Tür geschlagen. Die Linse zersprang. Das Licht verlosch. Einen Augenblick lang schien das Wispern nachzulassen – aber dann schwoll es nur zu noch größerer Lautstärke an. Hilary preßte den Rücken gegen die Tür. Sie dachte an die Tonbandaufnahme, die sie gestern früh in Dr. Nicholas Rudges Praxis gehört hatte. Sie dachte an die Zwillinge, die als Kinder hier eingeschlossen waren, die Hände über Mund und Nase gepreßt, um zu verhindern, daß die Kakerlaken hineinkrabbelten. Durch das viele Schreien veränderten sich allmählich ihre Stimmen, klangen mit der Zeit so heiser, als hätten sie Kieselsteine im Mund, Stunden um Stunden, Tage um Tage des Schreiens. Schreckerfüllt starrte sie in die Finsternis und wartete darauf, daß das Meer von Käfern über ihr zusammenschlug. Sie spürt ein paar an den Fußknöcheln, bückte sich schnell und wischte sie weg.
    Einer davon rannte an ihrem linken Arm hinauf. Sie schlug danach, zerquetschte ihn.
    Das grauenerregende Schwirren der krabbelnden Insekten war jetzt fast ohrenbetäubend geworden. Sie hielt sich die Hände über die Ohren.
    Eine Schabe fiel von der Decke herunter, auf ihren Kopf. Schreiend zupfte sie sie aus dem Haar, warf sie von sich. Plötzlich gingen die Türflügel hinter ihr auf, und Licht flutete in den Keller hinein. Sie sah eine brandende Flut von Küchenschaben nur noch eine Stufe unter ihr, und dann wich die Welle vor der Sonne zurück, und Tony zog Hilary in den Regen hinaus und in das wunderschöne schmutziggraue Tageslicht. Ein paar Schaben hingen noch an ihrer Kleidung; Tony wischte sie weg.
    »Mein Gott!« sagte er. »Mein Gott! Mein Gott!« Hilary lehnte sich an ihn.
    Jetzt hingen keine Schaben mehr an ihr, aber sie bildete sich ein, sie noch fühlen zu können. Krabbelnd, kriechend. Sie zitterte heftig, unkontrolliert, und Tony legte seinen unverletzten Arm um sie. Er redete leise und ruhig auf sie ein, versuchte, sie zu beruhigen.
    Endlich konnte sie aufhören zu schreien. »Du bist verletzt«, meinte sie. »Ich werd's überleben. Und malen.«
    Sie sah Frye. Er lag ausgestreckt, mit dem Gesicht nach unten im Gras, offensichtlich tot. Ein Messer steckte in seinem Rücken; sein Hemd war
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