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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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sieht ja noch schlimmer aus als in Brunos Haus. Hier ist ja kaum Platz, um sich zu bewegen.« »Sie war versessen darauf, schöne Dinge zu sammeln«, erklärte Joshua. »Nicht zur Geldanlage. Und auch nicht, weil sie sie gerne betrachtete. Eine Menge Sachen wurde in Wandschränke gestopft oder irgendwo versteckt. Und Gemälde liegen auf andere Gemälde gestapelt. Wie Sie erkennen können, steht selbst in den Haupträumen zuviel Zeug herum; alles ist viel zu dicht zusammengepfercht, um noch Freude machen zu können.« »Wenn in jedem Raum Antiquitäten dieser Qualität lagern«, meinte Hilary, »dann liegt hier ein Vermögen.« »Allerdings«, erwiderte Joshua. »Falls die Würmer und Termiten es nicht aufgefressen haben.« Er ließ den Lichtkegel seiner Taschenlampe vom einen Ende des Raumes zum anderen wandern. »Diese Sammlermanie hab ich an ihr nie richtig verstanden. Bis zu diesem Augenblick. Und jetzt frage ich mich, ob ... Wenn ich mir das hier so ansehe und über das nachdenke, was wir von Mrs. Yancy erfahren haben ...«
    »Sie meinen, das Sammeln war eine Reaktion auf all das Häßliche, was sie bis zum Tod ihres Vaters erlebt hat?« meinte Hilary. »Ja«, antwortete Joshua. »Leo hat sie zerbrochen. Er hat ihre Seele zerschmettert und ihren Geist gebrochen und sie mit einem abscheulichen Bild von sich selbst allein gelassen. Sie muß sich selbst für all die Zeiten gehaßt haben, in denen sie zuließ , daß er sie mißbrauchte – obwohl sie ja keine Wahl hatte. Und so dachte sie vielleicht... da sie sich so erniedrigt und wertlos vorkam ... sie könnte ihre Seele schönmachen, indem sie inmitten vieler schöner Dinge lebte.«
    Sie standen einen Augenblick lang stumm da und schauten sich in dem vollgestopften Wohnzimmer um. »Das alles ist so traurig«, seufzte Tony.
    Joshua riß sich aus seinen Gedanken. »Machen wir die Läden auf, damit etwas Licht hereinkommt.«
    »Ich kann diesen Geruch nicht ertragen«, meinte Hilary und hielt sich die Nase zu. »Aber wenn wir die Fenster öffnen, regnet es herein und das könnte den Sachen schaden.« »Nicht, wenn wir sie nur ein paar Zentimeter weit öffnen«, erwiderte Joshua. »Und ein paar Tropfen Wasser werden in dieser Schimmelbude auch nicht viel Schaden anrichten.« »Es ist ein Wunder, daß noch keine Pilze aus dem Teppich wachsen«, meinte Tony.
    Sie gingen durch das Erdgeschoß, öffneten Fenster, entriegelten die Läden und ließen das graue Morgenlicht und die frische, regenfeuchte Luft herein.
    Nachdem die meisten Fenster im Erdgeschoß geöffnet waren, teilte Joshua ein: »Hilary, im Erdgeschoß bleiben nur noch Eßzimmer und Küche. Öffnen Sie doch die Fenster in diesen Räumen; Tony und ich gehen inzwischen nach oben.« »Okay«, antwortete sie. »Ich komme in einer Minute nach.« Sie folgte dem Lichtkegel ihrer Taschenlampe in das pechschwarze Eßzimmer, während die Männer auf die Treppe zugingen.
    Oben angekommen, meinte Tony: »Pfui, hier oben stinkt es ja noch schlimmer.«
    Ein Donnerschlag ließ das alte Haus erzittern. Fensterscheiben klirrten eisig. Türen klapperten in ihren Rahmen. »Nehmen Sie die Zimmer rechts«, erklärte Joshua, »ich kümmere mich um die linke Seite.«
    Tony trat durch die erste Tür auf seiner Seite und fand sich in einem Nähzimmer wieder. Eine alte, pedalgetriebene Nähmaschine stand in einer Ecke und ein etwas moderneres elektrisches Modell auf einem Tisch in einer anderen Ecke; beide waren mit Spinnweben verhangen. Außerdem gab es noch einen Arbeitstisch, zwei Schneiderpuppen und ein Fenster. Er ging ans Fenster, legte die Taschenlampe auf den Boden und versuchte den Fensterhebel zu betätigen. Der schien festgerostet.
    Er mühte sich ab damit, während der Regen laut gegen die Läden draußen trommelte.
    Joshua leuchtete mit seiner Taschenlampe in das erste Zimmer auf der linken Seite hinein und entdeckte ein Bett, einen Kleiderschrank und eine Kommode. In der gegenüberliegenden Wand gab es zwei Fenster.
    Er trat über die Schwelle, machte zwei weitere Schritte, fühlte eine Bewegung hinter sich, setzte dazu an, sich umzudrehen, fühlte im Rücken ein kaltes Brennen, das sehr schnell zu einem heißen Brennen führte, eine brennende Lanze, eine Linie des Schmerzes, die durch seinen Körper fuhr, und wußte, daß er gestochen worden war. Er spürte, wie das Messer wieder aus ihm herausgerissen wurde, und drehte sich um. Das Licht seiner Taschenlampe leuchtete Bruno Frye ins Gesicht. Die Augen des Wahnsinnigen
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