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Fluegel der Dunkelheit

Fluegel der Dunkelheit

Titel: Fluegel der Dunkelheit
Autoren: Angela Planert
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Stück
vor.
    Demonstrativ schaute
Traian zur Seite. Er verspürte kein Bedürfnis, sich mit dem
wesentlich älteren Vampir zu unterhalten, er hätte fast Traians
Vater sein können.
    »Hey, was ist los
mit dir?« Er wartete einen Moment. »Sie sagen, du bist ein
Einzelgänger. Ist das von dir beabsichtigt?«
    Traian schloss die
Augen. Hoffentlich kapierte der Kerl schnell, dass er seine Ruhe
haben wollte.
    »Du wirst doch
einen Namen haben.« Diese Aufdringlichkeit brachte ungewollte
Erinnerungen zum Vorschein, die ihm immer nur in der Gesellschaft
anderer begegneten. Ja! Genau das war der Grund, warum er die
Einsamkeit suchte. Traian sah auf. Der Kerl schien ziemlich stur zu
sein oder er war einfach nur begriffsstutzig. Vermutlich würde er
noch den ganzen Morgen hier sitzen und ihm ein Ohr abkauen. Traian
erhob sich mit seinem Weinglas, um einen Tisch weiter zu ziehen.
    Am folgenden Abend
verließ Traian wie gewohnt seine Pension. Sie lag etwas abgelegen
von den viel besuchten Hauptgängen. Plötzlich versperrte ihm sein
spezieller Freund von gestern Nacht den Weg.
    »Weißt du, ich
habe immer noch keine Ahnung, wie dein Name lautet.« Gut dreißig
Meter hinter dem beharrlichen Kerl fiel schummriges Licht vom
Hauptgang auf den Boden. Als Vampir konnte Traian ausgezeichnet in
der Dunkelheit sehen, doch sein Gegenüber stand derart ungünstig,
dass er kaum Gesichtszüge erkannte. Traian vermochte seine
Gemütslage nicht einzuschätzen. Der Fremde war ein kleines Stück
größer als Traian, gut einsfünfundneunzig. Einerseits hegte Traian
kein Interesse, sich mit dem Kerl anzulegen, andererseits, wenn dies
jedoch der einzige Weg war, den Typen los zu werden, dann sollte es
eben so sein.
    »Wer will das
wissen?« Er legte dabei einen gleichgültigen Ton in seine Stimme.
    »Gestatten, ich bin
Victor.«
    »Was willst du?«
Ein ungutes Gefühl machte sich in Traian breit. Der Kerl verfolgte
offensichtlich ein bestimmtes Ziel, von dem er nicht herausfinden
wollte, wo es enden würde.
    »Was hast du für
ein Problem? Gehören wir nicht alle zusammen?«
    Traian fand keine
Erklärung, weshalb der Typ ausgerechnet ihm auf den Zahn fühlen
musste.
    »Warum bist du
hier, wenn dich niemand außer dir selbst interessiert?« Victor kam
einen Schritt auf ihn zu, wobei sein Gesicht jetzt besser zu erkennen
war.
    »Warum suchst du
dir nicht jemand anderen zum Händchen halten?«
    Victor hob sein Kinn
ein Stück in die Höhe, sah Traian dabei prüfend an. Nach einem
Moment, der Traian wie ein Test schien, trat Victor zur Seite und
ließ ihn vorbei.
    Traian fühlte sich
von Victor genervt, was ihn weiter als üblich aus der Stadt trieb.
Um sich etwas abzureagieren, kam ihm der Wald, der jetzt vor ihm lag,
wie gerufen. Ein Tier zu jagen, sein pulsierendes Blut zu trinken,
gehörte in seinem derzeitigen Lebenswandel zur Seltenheit. Es war
doch so viel einfacher sein tägliches Blut zu kaufen. In diesem
Augenblick entdeckte Traian weit hinter den Bäumen einen Rehbock.
Ja, sein Blut sollte heute sein Mahl werden. Er nahm einen tiefen
Atemzug und ging langsam auf ihn zu. Der Bock beobachtete sein
Näherkommen genau. Für Traian stellte sich nicht die Frage, ob er
das Tier fangen würde, sondern vielmehr wann. Als mit seinem
nächsten Schritt der Rehbock davon jagte, rannte Traian auf der
Stelle hinterher. Seine Schnelligkeit nahm mit jedem Meter, den er
zurücklegte, zu. Nicht einmal fünf Minuten brauchte Traian bis er
das Tier mit der Wucht seiner Geschwindigkeit zu Boden geworfen
hatte. Fest presste er den Hals des Bocks auf den Waldboden. Der
Herzschlag des Tieres klang wie eine Sinfonie in seinen Ohren. Er
lauschte für einen Augenblick, dann beugte er sich herunter und
rammte seine Reißzähne in den Hals des Rehbocks. Dieser zappelte
wild mit den Hufen, den Beinen, sodass der gesamte Körper zuckte,
doch nur für einen Moment. Das Tier gab seinen Widerstand auf.
Traian genoss das warme Gefühl, wie das Blut ihm den Rachen hinunter
rann, vor allem aber den eisenhaltigen Geschmack, der bei Wild noch
wesentlich intensiver auf der Zunge lag. Nachdem er sich satt
getrunken hatte, erlöste er das Tier und entließ es zurück in die
Freiheit. Das war eine köstliche Mahlzeit, nicht zu vergleichen mit
den Konserven, die er in Popescu zu kaufen bekam. Warum blieb er
eigentlich nicht hier? Das Einzige, was ihm zu seinem Plan noch
fehlte, war ein Haus, eine sichere Bleibe für den Tag. Während er
seine Überlegungen ausmalte, ging er weiter
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