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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig!
Autoren: Jonathan Kellerman
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nicht gerade leid, mir und ihr einen Trottel wie diesem Mr. M. vom Hals zu schaffen.«
    »Glaubst du, daß er sich daran hält? Einfach so?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Wer weiß? Wenn nicht, müssen wir schwereres Geschütz auffahren.« Zum Preis von zweihundert Dollar in der Stunde, dachte ich.
    Er stellte die Aktenkoffer auf den Gepäckkarren.
    »Weißt du, Alex, andererseits war es ja auch kein faules Ei, oder? Sonst hätte ich dich da nicht hineingezogen - ich habe schließlich noch meine bewaffneten Hilfstruppen. Ich meine, das war doch eine anständige Sache, oder?«
    »Sagen wir so: Wir haben auf der richtigen Seite gestanden.«
    »Precissimo. Nochmals vielen Dank. Und Grüße an die Richter-Lady.«
    »Was, glaubst du, kann sie von mir wollen?« fragte ich ihn.
    Er grinste und schlug mir auf den Rücken.
    »Vielleicht gefällt ihr die Art, wie du dich verhältst - oder was weiß ich. Sie sieht ja nicht gerade schlecht aus, was? Und sie ist noch zu haben.«
    »Eine sitzengebliebene Jungfer?«
    »Von wegen. Geschieden. Ich hab’ damals den Prozeß geführt.«
    Ihre Kammer war mit Mahagoni und Rosenholz ausgestattet und von Blumenduft getränkt. Sie saß hinter einem mit Schnitzwerk verzierten Schreibtisch, dessen Oberfläche eine Glasplatte schützte. Auf dem Schreibtisch stand eine geschliffene Kristallvase mit langen Gladiolenstielen. An der Wand hinter dem Schreibtisch hingen mehrere Fotos von zwei stämmigen blonden Jungen im Teenageralter - im Footballdreß, in Surfanzügen aus Gummi und in eleganter Ausgehkleidung.
    »Meine zwei Racker«, sagte sie, nachdem sie meinem Blick gefolgt war. »Der eine studiert in Stanford, der andere verkauft Feuerholz oben in Arrowhead. Man kann nie wissen, was einmal aus ihnen wird, nicht wahr, Doktor?«
    »Sie haben recht: Man kann nie wissen.«
    »Bitte setzen Sie sich.« Sie deutete auf eine samtbezogene Couch. Als ich mich niedergelassen hatte, sagte sie: »Tut mir leid, daß ich Sie ein bißchen hart angepackt habe, dort drüben.«
    »Kein Problem.«
    »Ich wollte wissen, ob die Tatsache, daß unser Mr. Moody Damenunterwäsche trägt, etwas mit seinem Geisteszustand zu tun hat, und Sie wollten sich dabei nicht festnageln lassen.«
    »Ich finde, die Wahl der Unterwäsche hat wenig zu tun mit der Frage des elterlichen Sorgerechts.«
    Sie lachte. »Ich begegne immer wieder zwei verschiedenen Typen von psychologischen Gutachtern: die aufgeblasenen, selbsternannten Kapazitäten, die so von sich eingenommen sind, daß sie ihre Meinung auf allen Gebieten der Psychologie für sakrosant halten, und die Vorsichtigen, zu denen Sie gehören, und die grundsätzlich keine Meinungen wiedergeben, es sei denn, daß sie durch eine kontrollierte Doppelblindstudie untermauert wären.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Von mir bekommen Sie andererseits auch keine Verteidigungsrede für Bekleidungsfetischisten zu hören.«
    »Touché. Ein Schluck Wein?« Sie öffnete die Türen einer Kredenz, deren geschnitzte Verzierungen zu denen des Schreibtischs paßten, und nahm eine Flasche und zwei hochstielige Gläser heraus.
    »Mit Vergnügen, Euer Ehren.«
    »Innerhalb dieser Wände Diane, bitte. Und Sie? Alexander?«
    »Alex ist mir lieber.«
    Sie schenkte Rotwein in die Gläser. »Das ist ein sehr guter Cabernet, den ich für das Ende von unangenehmen Prozessen bereithalte. Positive Untermauerung, wenn Sie so wollen.«
    Ich nahm das Glas entgegen, das sie mir anbot.
    »Auf die Gerechtigkeit«, sagte sie, und wir tranken. Es war guter Wein, und ich sagte es ihr. Es schien ihr Freude zu machen.
    Wir tranken schweigend. Sie war vor mir fertig, stellte ihr Glas auf die Schreibtischplatte.
    »Ich möchte mit Ihnen über die Moodys reden. Der Prozeß ist zwar gelaufen, aber ich muß noch immer an die Kinder denken. Ich habe Ihren Bericht sehr aufmerksam gelesen und konnte mir ein gutes Bild machen von den familiären Verhältnissen.«
    »Es hat eine ganze Weile gedauert, aber schließlich haben sie dann doch zu reden begonnen.«
    »Alex, glauben Sie, daß das mit den Kindern gutgehen kann?«
    »Die Frage habe ich mir selbst auch schon gestellt. Ich wollte, ich könnte sie mit Ja beantworten. Es kommt jetzt darauf an, ob sich die Eltern entsprechend verhalten oder nicht.«
    Sie klopfte geistesabwesend mit den Fingernägeln gegen das Weinglas.
    »Glauben Sie, daß er seine Frau töten wird?« Die Frage erschreckte mich.
    »Und sagen Sie jetzt nicht, Sie wären selbst noch nicht auf den Gedanken
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