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Fluch von Scarborough Fair

Fluch von Scarborough Fair

Titel: Fluch von Scarborough Fair
Autoren: N Werlin
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hinunter zu Lucy. Sie trafen sich auf halbem Weg, gerade als Lucy wieder eine Wehe bekam. Zach stützte sie und sah in ihr schmerzverzerrtes Gesicht. Dann richtete sie ihren Blick auf ihn, und ihre Lippen bewegten sich.
    » Das Baby kommt, Zach.« Ihre Stimme war nur ein leises Säuseln im Wind. » Die Wehen haben eingesetzt.«
    » Ja, das hab ich bemerkt. Aber zuerst musst du noch deine Arbeit beenden. Na los.«
    » Nein!«
    » Doch!«
    Noch nie war ihm etwas so schwergefallen. Sein Verstand sagte ihm, dass es falsch war, was er tat, und dass er Lucy besser zum Auto bringen und ins Krankenhaus fahren sollte. Das wäre das Richtige. Sie zu zwingen, mit dem Pflügen weiterzumachen, war falsch und gefährlich zugleich, denn Lucy wusste sicher am besten, was sie aushalten konnte und was nicht.
    Du bist gemein und arrogant, dachte Zach. Du setzt sie einer noch größeren Gefahr aus. Die Worte klangen ihm ständig im Ohr.
    Aber er tat es trotzdem.
    Lucy wehrte sich mit letzter Kraft. » Nein«, flüsterte sie. » Lass uns zum Krankenhaus fahren. Das ist das Beste. Ich muss die Arbeit nicht beenden. Ich muss jetzt mein Baby bekommen!«
    » Nein«, antwortete Zach verbissen. » Zuerst erledigst du deine Aufgabe. Vertrau mir, Lucy. Ich hab im Moment einen klareren Kopf als du.«
    » Nein«, wiederholte Lucy. » Ich weiß mehr als du–«
    » Du bist außer dir, und das ist auch kein Wunder. Tu einfach, was ich sage. Gib nicht auf.«
    Er stellte Lucys müde Füße auf seine und ging mit ihr zurück zu der angefangenen Reihe. » Du schaffst es«, sagte er. » Ich helfe dir dabei.«
    » Bitte, hör auf«, rief sie unter Tränen. » Bitte!«
    Zach nahm allen Mut zusammen und sagte: » Nein.«
    » Wenn du mir hilfst«, flüsterte Lucy, » war sowieso alles umsonst.«
    » Das wissen wir doch gar nicht. Jedenfalls ist es besser, als die Aufgabe nicht zu beenden. Also, wenn du es nicht tust, werde ich dir helfen. Du hast keine andere Wahl. Mach es entweder allein oder mit mir.«
    Zach stellte sich mit ihr hinter die Schubkarre. Es war keine Zeit mehr zu verlieren. Er legte ihre Hände um die Griffe der Schubkarre, legte seine Hände auf ihre, stützte ihren Körper von hinten und schob den Pflug an.
    Pech, wenn das nicht erlaubt wäre. Pech, wenn es Betrug wäre.
    Zach spürte, dass Lucy aufhörte sich zu wehren und dass etwas von ihrer alten Kraft wieder zurückkehrte. Sie konnte jetzt wieder auf eigenen Füßen stehen und den Pflug allein schieben. Auch beim Ausstreuen des Kornstaubsands brauchte sie seine Hilfe nicht. Obwohl Zach jetzt immer in ihrer Nähe blieb, machte sie den Rest ganz allein.
    Allerdings redete er die ganze Zeit. » Du bist stark, Lucy. Geist und Körper sind stark. Du schaffst es.«
    Einmal meinte Zach, er höre sie trotz des Sturms summen oder singen. Er erkannte die Melodie, auch wenn er die Worte nicht ganz verstehen konnte. Es war diese Ballade. Hatte sie auch vorhin gesungen, als es so aussah, als redete sie mit sich selbst?
    Zach hasste die Ballade. Aber wenn das Singen Lucy half und sie motivierte, dann sollte es so sein. Er stimmte mit ein und legte den Kopf dicht an Lucys Ohr. Da er die furchtbaren Worte, die er so gut kannte, nicht singen wollte, änderte er den Text spontan ab und erfand seine eigene Version:
    Sie hat für mich gefunden einen Morgen Land.
    Petersilie, Salbei, Thymian und Rosmarein.
    Zwischen Meeresgischt und Meeresstrand.
    Darum soll sie meine wahre Liebe sein.
    Sie hat es gepflügt mit einer Ziege Horn.
    Petersilie, Salbei, Thymian und Rosmarein.
    Und es ganz besät mit einem einzigen Korn.
    Darum soll sie meine wahre Liebe sein,
    Und ihre Tochter soll für immer auch
meine Tochter sein.
    Gerade als das Wasser die der Küste am nächsten gelegene Furche überspülte, waren sie fertig. Zach nahm Lucy auf den Arm und ließ die Schubkarre mit dem Ziegenhorn und dem leeren Sack zurück. Zuerst umspülte das Wasser nur Zachs Knöchel, aber dann reichte es ihm plötzlich schon bis zur Wade. Kurz darauf erreichte er mit Lucy im Arm das sichere Ufer.
    Innerhalb weniger Minuten war die ganze Fläche, die Lucy gepflügt und besät hatte, von Wasser bedeckt.

Kapitel 55
    Auf dem Hinweg waren sie an einem Krankenhaus vorbeigekommen, und Zach erinnerte sich noch genau, wie man dort hinkam. Er war nur nicht sicher, wie lange es bei diesem Wetter dauern würde. Deshalb entschied er sich für Plan B, ein Sommerhäuschen, das er eine halbe Meile entfernt an der Küste entdeckt hatte. Er
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