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Fluch von Scarborough Fair

Fluch von Scarborough Fair

Titel: Fluch von Scarborough Fair
Autoren: N Werlin
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wenn er ihn nicht buchstabieren konnte. Zuerst war Lucy über das Geschenk hocherfreut gewesen. Yaz war ein ehemaliger Spieler, den Zach bewunderte.
    Aber das Problem war, dass das T-Shirt die Größe M für Erwachsene hatte und Lucy deshalb gar nicht passte. Und das bedeutete entweder, dass Zach sie eigentlich nie richtig angesehen, sondern nur so getan hatte. Oder er hatte das T-Shirt vielleicht für sich gekauft (Zach trug gern weite T-Shirts ) und erst in letzter Minute beschlossen, es Lucy zu schenken, weil er ihren Geburtstag vergessen hatte.
    Obwohl Lucy durchaus nicht abgeneigt war, an Zaubersprüche in geheimen Bücherregalfächern zu glauben, dachte sie im Großen und Ganzen doch sehr rational, und deshalb tippte sie auf die zweite Möglichkeit. In letzter Zeit war Zach, der schon neuneinhalb war, immer öfter mit seinen gleichaltrigen Freunden zusammen gewesen. Er spielte nur noch selten mit Lucy, und in der Schule sagte er kaum noch Hallo.
    Das tat weh.
    Im Vertrauen auf die Macht der Magie faltete Lucy das T-Shirt ordentlich zusammen und legte es in das Geheimfach. Dann hob sie die von Hand beschriebenen Blätter auf, konzentrierte sich und wählte einen Satz von der Mitte der ersten Seite aus. Dieser Satz war mit etwas dunklerer Tinte geschrieben als der Rest, so als habe der Verfasser den Füllhalter fest aufgedrückt. Dieser, wenn auch nur kurze, Satz musste als Zauberspruch genügen, weil Lucy mit dem Lesen Schwierigkeiten hatte.
    Sie las ihn leise, da sie nicht sicher war, ob sie alle Worte richtig aussprach, und weil sie sie nicht verstand.
    » Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich meine Mutter, und ich habe solche Angst, dass du enden wirst wie wir: verdammt, verflucht… Das klingt alles so melodramatisch und lächerlich, aber es ist wahr.«
    Während Lucy den Satz aussprach, hatte sie ein ungutes Gefühl. Am liebsten hätte sie ihre Pflegeeltern gerufen und ihnen die Blätter und das Geheimfach gezeigt.
    Alles wäre anders gekommen, wenn Lucy es getan hätte.
    Oder auch nicht.
    Aber sie tat es letztlich nicht und fügte sogar noch eigene Zauberformeln hinzu: » Abrakadabra! Bibbedi-bobbedi-bu!« Sie steckte die Seiten zwischen das zusammengelegte T-Shirt in dem Geheimfach. Dann legte sie das Regalbrett darüber und stellte ihre neuen Bücher auf das Bord, wie sie es ursprünglich vorgehabt hatte.
    Der Zauberspruch würde funktionieren, da war sie sich sicher. Selbst wenn sie die Worte nicht richtig ausgesprochen oder den falschen Satz ausgewählt hatte, die magischen Seiten befanden sich in dem T-Shirt, kamen damit in Berührung und würden ihre Aufgabe erfüllen. Außerdem hatte sie Geduld. Sie erwartete nicht, dass Zach sich quasi über Nacht änderte. Aber wenn sie erst alt genug war und das T-Shirt passte, würde Zach sich wieder an ihre Freundschaft erinnern.
    Lucy malte sich schon aus, wie sie an ihrem nächsten Geburtstag in dem Geheimfach nachsehen würde. Sie würde das T-Shirt anprobieren, und vielleicht konnte sie dann auch all die anderen Zaubersprüche lesen.
    Doch als der Tag ihres achten Geburtstags kam, hatte Lucy das Geheimfach mit dem T-Shirt und den geheimnisvollen Blättern mit der verblassten, gedrängten Schrift völlig vergessen. Erst als sie mit siebzehn in großen Schwierigkeiten steckte, sollte sie sich wieder daran erinnern.

Kapitel 1
    Zehn Minuten nach der letzten Unterrichtsstunde erhielt Lucy eine SMS von ihrer besten Freundin Sarah Hebert. »Brauche dich.«
    »Gib mir 2 Minuten«, schrieb Lucy zurück. Sie seufzte, nahm ihren Rucksack und begab sich zur Mädchen-Umkleide, wo Sarah sicher schon auf sie wartete. Nichts und niemand, nicht einmal Jeff Mundy, würde sie vom Training abhalten.
    Bestimmt hatte Sarah wieder Probleme mit Jeff. Lucy hatte ihn beim Mittagessen beobachtet, wie er mit einer bezaubernden Unterstufenschülerin flirtete. Vielleicht hatte Sarah ja diesmal endgültig die Nase voll von ihm. Lucy hoffte es zumindest.
    Trotzdem war es eine heikle Angelegenheit. Und Lucy hatte nicht genügend Erfahrung mit Jungen, um ihrer Freundin einen Rat zu geben. Von Gray Spencer mal abgesehen, den man aber eigentlich nicht zählen konnte. Nein, ich habe keine Erfahrung, dachte Lucy grimmig, aber dafür kannte sie Sarah genau und wusste, was sie glücklich machte. Und sie besaß einen gesunden Menschenverstand, welcher Sarah mittlerweile völlig abhandengekommen war.
    Als Lucy in den Umkleideraum kam, saß Sarah schon umgezogen auf einer Bank neben Lucys Spind.
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