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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten
Autoren: N Wilson
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Moment rief Onkel Frank seine Brüder zu sich. Er versuchte, Sergeant Simmons auf die Beine zu helfen.
    Zeke, Richard, Henrietta und der dicke Elf kamen herbei und blieben bei Henry stehen. Niemand sagte ein Wort, bis Onkel Frank mit seinen beiden Brüdern und dem humpelnden Polizisten, den sie zwischen sich genommen hatten, zurückkehrte.
    Die Menge begann leise die Verluste zu beklagen.
    Die Unterstadt brannte. Die östliche Stadtmauer war zerstört. Und dennoch würde das Leben in Hylfing weitergehen. Caleb war nicht mehr allein, sondern er hatte seine Brüder an seiner Seite. Mordechai war zurückgekehrt.

    Jemand begann die Glocken zu läuten. Sie klangen nun ganz anders und neu.
    Schweigend wanderten die Brüder über die Pflasterstraße den Berg hinauf und die anderen folgten ihnen.
     
    Es wurde schon dunkel. Henry stand auf dem Dach seines Elternhauses. Eine Weile hatte seine Mutter bei ihm gestanden, durch einen Umhang geschützt gegen den Regen und die nunmehr nur noch sanfte Brise vom Meer. Gemeinsam hatten sie beobachtet, wie die Wolken vor den leuchtenden Sternen aufgebrochen und auseinandergezogen waren. Dotty war auch hinaufgekommen und hatte Henry einen Moment im Arm gehalten, ihn geküsst und ihn dann seinen Gedanken überlassen.
    Auch Zeke und Richard hatten eine Weile neben Henry gestanden, waren dann aber wieder hineingegangen. Die ganze Nacht über hatte Treiben im Haus geherrscht. Die Frauen hatten die Verwundeten versorgt und Hyazinth war in die Dunkelheit hinausgegangen, um mit denen zu trauern, die jemanden verloren hatten.
    Nachdem sie gegessen hatten, waren Mordechai und Caleb in die Berge hinaufgeritten, zum Tor der Zauberer. Caleb hatte den Pfeil des Glücks mitgenommen.
    Im Morgengrauen, noch vor Sonnenaufgang, waren sie zurückgekehrt. Sie hatten Carnassus und die verbliebenen Zauberer tot in dem alten Thronsaal liegend vorgefunden. Die Hexe war verschwunden gewesen.
    Als nun die Sonne aufging, stand nur Henrietta mit einer Kapuze auf dem Kopf neben Henry. Gemeinsam sahen sie
über die verkohlte Unterstadt und auf das von Gischt durchzogene Meer hinaus. Sie beobachteten, wie die Sonne allmählich den Berggrat erleuchtete und betrachteten die zerstörte östliche Stadtmauer.
    Nachdem sie Stunden geschwiegen hatten, schüttelte Henrietta sich ein wenig.
    »Du hast dich irgendwie verändert, Henry York«, sagte sie.
    Henry schluckte und blinzelte alles weg, was er in diesem Moment fühlte. Dies also war der Ort, von dem er stammte. Diese Stadt, die beinahe zerstört worden wäre. Diese zerrissene Familie, die nun in Teilen wiederhergestellt war. Dieser Landstrich am Meer.
    Trotzdem spürte er, dass er doch ein paar Dinge vermisste. Dinge, die gerade erst in sein Leben getreten waren. Die Scheune. Die von den Mähmaschinen gekämmten Felder und der Geruch von Kansas, wenn das Getreide zu reifen begann. Und Baseball.
    »Ich bin immer noch ängstlich«, sagte er.
    Henrietta sah ihn lächelnd an. Sie wischte sich den Regen von der nassen Stirn und schob sich das Haar unter die Kapuze.
    »Mag sein«, sagte sie. »Aber jetzt kannst du auch anderen Angst machen.«
    Henry lächelte und lehnte sich über die Mauer. »Wenn du mal ein bisschen Erde hast, zeige ich dir einen Trick.«
    Henrietta lachte und zitterte ein bisschen.
    Vor den Bergen konnte man etwas durch die Luft fliegen sehen. Es hatte irgendwie Schwierigkeiten.
    »Was ist das?«, fragte Henry.

    Das Tier, das da flog, kam näher. Es kreiste unsicher über den verkohlten Straßen der Unterstadt, stieß sich sein herabhängendes Hinterteil, wenn es um eine Häuserecke fliegen musste, und steuerte allmählich den Berg hinauf.
    Jetzt war es Henry, der lachen musste. Aber nicht so laut, dass der Raggant es hören konnte.
    Er kreiste ein paar Mal ums Haus herum und landete dann hinter ihnen auf dem Dach.
    Henry und Henrietta bissen sich auf die Lippen, drehten sich aber nicht herum.
    Einen Augenblick später hockte der Raggant neben Henry auf der Mauer. Er spreizte seine Flügel gegen die feuchte Brise, schloss die Augen und reckte die Nase.
    Er hatte seinen Job erledigt.

ACHTUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    H enry verbrachte viel Zeit draußen in den Straßen und schuftete wie noch nie. Aber er erlebte in diesen Tagen auch gemeinsame Mahlzeiten wie noch nie und er hörte Lachen und Singen wie noch nie. In den Nächten wurden Geschichten erzählt, und Henry genoss den Schlaf, den man schläft, wenn man Körper und Geist als Werkzeuge einsetzt und
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