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Florian und das Geisterhaus

Florian und das Geisterhaus

Titel: Florian und das Geisterhaus
Autoren: Oliver Hassencamp
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Regale. Ein Fenster ging zur Rückseite des Hauses, wo der Wagen stand. Das brachte Florian auf eine Idee. Er öffnete die Riegel, hängte es aus und sagte: „Da können wir’s uns leichter machen. Sie reichen von draußen rein, August, und ich staple.“
    August war zu perplex, um sofort eine Antwort bereit zu haben. Wohl oder übel mußte er sich an der Arbeit beteiligen. Bis er sich hinaufbewegt hatte, inspizierte Florian den gesamten Keller. Von der Heizung über die ehemalige Waschküche, jetzt mit Waschautomat und Bügelmaschine, bis zum Kartoffelkeller und einem Geräteraum mit Werkbank, war alles da, was der Pensionsbetrieb erforderte.
    Allein die Einrichtung des Raumes unter Tante Theklas Zimmer konnte sich Florian nicht erklären. Da standen drei Sessel, die in einem Keller eigentlich nichts verloren hatten und drum herum allerlei Geräte, wie sie in Kliniken zu sehen sind, elektrische Geräte vor allem, aber auch Blutdruckmesser und Ständer mit Flaschen und Schläuchen für Infusionen.
    „Ist das die Erste-Hilfe-Station?“ fragte er, nachdem alles eingelagert und August wieder heruntergekommen war, um abzuschließen.

    „Scheint so was zu werden. Madame äußert sich nicht dazu.“ Der Hausmeister zog die Schultern hoch. „Aber vernünftig wär’s. Es passiert immer wieder, daß jemand einen Schock bekommt, wenn Madame... deine Tante die Zukunft vorausgesagt hat. Die Sachen sind noch nicht lange da. Erst ein paar Wochen.“
    Das hört sich schlüssig an. Doch wieso Sessel? In eine Erste-Hilfe-Station gehört zumindest eine Liege! kombinierte Florian. Steckt da was dahinter, oder ist das für hier zu normal gedacht?
    „In einer Stunde gibt’s Essen!“ verkündete Agathe in der Küche.
    Da sie sich nicht helfen lassen wollte, fand Florian eine weitere Trainingsmöglichkeit. Er holte seinen Koffer aus dem Auto und trug ihn hinauf. Zuerst die flache Treppe zum Gästeflur, dann die steile zum Giebelzimmer mit der schrägen Wand. Hier oben im ausgebauten Speicher befand sich nur noch Agathes Zimmer mit breiter Dachgaube nach Osten und zur Rückseite für beide das Bad. Atemlos wuchtete er den Koffer auf die Kommode. Ohne einen Blick aus dem Fenster über die Wipfel des Waldes, streifte er seine Schuhe ab, streckte sich auf dem altmodisch hohen Bett aus und schlief umgehend ein.
    Als Agathe heraufkam und ihm die Nase zuhielt, war es fünf Uhr nachmittags. „He, wach auf! Du mußt deine Tante anrufen!“
    „Welche... welche Tante?“
    „Die Zigarillowitwe“, sagte Agathe. „Du hast es ihr versprochen. Und ich auch.“
    Jetzt fiel es ihm wieder ein. Tante Lene hatte ihn nur bedingt gehen lassen. Sie wollte die Verantwortung für den schlafwandelnden Neffen nicht länger tragen. Andererseits konnte sie sich nicht entschließen, direkten Kontakt mit Thekla aufzunehmen, die sich mit Schlafwandlern offenbar besser auskannte. So waren sie übereingekommen, daß er um fünf Uhr anrufen und berichten sollte, ob sie ihn aufgenommen habe und bereit sei, ihn über die Ferien zu behalten, wie schon öfter. Andernfalls müßte sie ihn abholen lassen.
    Letzteres konnte Florian ihr zu beiderseitiger Zufriedenheit ersparen. Auch Agathe, die dabeistand, denn er telefonierte in der Küche, nickte, und weil Tante Lene schlecht hörte, faßte er sicherheitshalber noch einmal alles zusammen, was er ihr schon dreimal gesagt hatte. „Es ist alles okay, Tante. Ich bleibe hier. Und entschuldige, wenn ich dir Kummer gemacht habe. Du hast mich prima versorgt. Vielen Dank.“ Mit diesen Worten legte er auf, rutschte auf die Eckbank hinter die Köstlichkeiten, die Agathe für ihn aufgetischt hatte und langte kräftig zu.
    Agathe öffnete die Tür, weil sie August in der Diele reden hörte, und sie lauschten einem der typischen Gespräche zwischen Hausmeister und Kunden. August vergab die Termine bei Madame und hatte es mit seinem Kalender ungeheuer wichtig. Sagen zu können, Madame sei für die nächste Zeit vollkommen ausgebucht, verschaffte ihm ein Hochgefühl. Er war nicht gerade bestechlich, ließ aber gern durchblicken, daß sich manche Kunden ihm gegenüber erkenntlich zeigen würden, um eher dranzukommen.
    „Das wär aber wirklich nicht nötig gewesen!“ hörten sie ihn gerade sagen. „Aber ich nehm’s ! Was gut gemeint ist, darf man nicht zurückweisen. Vielen Dank also.“ Nach Papiergeraschel fuhr er fort: „Nein, und auch noch Zwetschgenwasser, meine Lieblingsmedizin! Wie haben Sie denn das erraten? Ich
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