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Florian und das Geisterhaus

Florian und das Geisterhaus

Titel: Florian und das Geisterhaus
Autoren: Oliver Hassencamp
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war unheimlich still.
    Komisch! dachte er. Ich bin hier ganz allein unter lauter Erwachsenen, die meistens keine Zeit für mich haben, es sei denn, ich soll ihnen bei irgendwas helfen. Trotzdem ist es aufregender als im tollsten Jugendclub oder Sportverein oder mit den Eltern in fremden Ländern. Wenn ich mir vorstelle, daß ich in ein paar Tagen mühelos auf drei Ebenen lebe! Daneben verblaßt doch alles.
    Florian legte sich aufs Bett und starrte an die Decke. Die Vorstellung erfüllte ihn so stark, daß er sie nicht für sich behalten konnte. Er mußte darüber sprechen.
    Es traf sich günstig. Drunten fuhr Fridolin weg, auf der Treppe hörte er Agathe.
    Sie soll reinkommen! Sie soll reinkommen! konzentrierte er sich. Es war nicht das erste Mal, daß er dieses Telepathiespiel mit ihr probierte. Auf diese Weise hatten sie schon drahtlose Gespräche zwischen der Pension und Neustadt geführt, hatten einander gegenseitig suggeriert, sofort zum Telefon zu greifen und anzurufen, meist mit Erfolg. Agathe war sensitiv sehr begabt, und wenn Madame Thekla überhaupt mit einem Menschen ihrer Umgebung über diese Dinge sprach, dann mit ihr.
    Es wunderte ihn daher nicht, daß sie die Tür öffnete und sagte: „Wenn du noch ein bißchen reden willst, komm rüber! Ich geh nur rasch ins Bad.“
    So einfach ist das unter Sensitiven! freute er sich. Wie umständlich sind dagegen Jens und die anderen! Denen muß man alles mit Worten erklären. Von sich aus kapieren die nichts. Da merkt keiner, was der andere gerade denkt, ihn beschäftigt...
    Florian wartete, bis er sie aus dem Bad kommen hörte und noch eine Weile, bis sie seiner Ansicht nach im Bett liegen würde. Erst dann ging er hinüber, genau im rechten Augenblick. Sie hatte sich zurechtgekuschelt und erwartete ihn. „Find ich prima, wenn wir noch ein bißchen reden!“ sagte er und legte sich am Fußende quer, den Kopf in die Hand gestützt. Dabei fiel ihm ein, daß es Agathe vielleicht ebenso ging wie ihm, vielleicht brauchte sie auch gerade einen Menschen, mit dem sie reden konnte. „Na, was spricht der Fridolin?“ fragte er.
    „Ach, der!“ Aus ihrem Ton hörte er schon: Das Gespräch war ihr wichtig. „Der denkt im Augenblick an seine Beförderung, und das ziemlich ausschließlich!“
    Beispiele für das einseitige Interesse Fridolins sprudelten ihr über die Lippen, sie sprach viel schneller als sonst.
    Das kommt vom Überdruck! dachte Florian. Sie hat den Ärger zu lang mit sich herumgetragen. Höchste Zeit, daß sie den Dampf abläßt !
    „Und damit Schluß!“ sagte Agathe nach einem letzten Beispiel. „Es war nett von dir, daß du so geduldig zugehört hast. Das können die wenigsten! Zumal du selber was auf dem Herzen hast. Also schieß los!“
    Florian kam aber nicht dazu. Ein Entsetzensschrei gellte durch das stille Haus.
    Agathe sprang aus dem Bett. „Die hysterische Magerbier von Zimmer fünf!“ sagte sie und zog Hose und Pullover über den Schlafanzug. „Wir haben im Augenblick nur drei Gäste. Aber die hält einen auf Trab, als wär das Haus überbelegt. Komm!“ Sie eilten die steile Treppe hinunter. Auf dem Gästeflur hörten sie Augusts Stimme. Drunten brannte Licht, doch niemand war zu sehen.
    Agathe ging zur Küche und rief nach August.
    „Hier!“ Die Antwort kam aus dem Keller.
    Sie eilten hinunter. Die Tür zum Vorraum war offen, drinnen stand die Dame von Zimmer fünf. Mit angsterfülltem Blick hielt sie ein blutverschmiertes Handtuch über ihre rechte Hand und rief: „Beeilen Sie sich! Ich verblute!“
    August sah sich im Erste-Hilfe-Raum um.
    „Was suchen Sie denn da, Herr August? Ist ja noch nicht eingerichtet. Das wissen Sie doch!“ fuhr Agathe ihn an und wandte sich dann in mildem Ton der Patientin zu. „Zeigen Sie mal her, Frau Magerbier!“
    Vorsichtig öffnete sie das zerknüllte Handtuch. „Ein Schnitt in den Finger...“
    „Ich wollte eine Orange schälen“, erläuterte Frau Magerbier.
    „Zum Glück nicht sehr tief“, stellte Agathe fest. „Bewegen Sie ihn mal!“
    Die Verletzte stöhnte, noch bevor sie der Aufforderung nachkam.
    „Na, sehen Sie!“ beruhigte Agathe sie. „Gehen wir nach oben ans Apothekenschränkchen. Da ist alles, was wir brauchen, und ich mache Ihnen einen schönen Verband.“
    Die beiden gingen voraus. Florian blieb bei August und fragte, während der das Licht ausschaltete und abschloß : „Warum sind Sie denn runter mit ihr, wenn alles oben ist?“
    Vergnügt blinzelte der Alte ihn an. „Bei
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