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Florian und das Geisterhaus

Florian und das Geisterhaus

Titel: Florian und das Geisterhaus
Autoren: Oliver Hassencamp
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ihm ein: „Nie im Streit auseinandergehen! Streit blockiert beide Seiten. Sie haben eine muffige Ausstrahlung, und nichts will so recht klappen.“
    Mein Vater ist sowieso nicht der beste Autofahrer! dachte Florian und zeigte sich beim Abschied vor dem Haus von seiner freundlichsten Seite. Dank eines Einfalls gelang ihm das ausgesprochen überzeugend.
    „Fahrt vorsichtig!“ mahnte er seine Eltern. „Und nie ohne Sicherheitsgurt! Zieht euch immer warm genug an! Und taucht nicht zu lange und nicht zu tief! Überprüft vorher immer eure Preßluftflaschen ! Schwimmt nicht in Höhlen! Informiert euch über Strömungen und Haie! Und taucht nicht zu schnell auf...“
    Die Mutter schmunzelte und zog ihn am Ohr. „Dahinter hast du’s. Faustdick!“ sagte sie.
    „Wieso?“ fragte Florian scheinheilig. „Ich mein’s doch gut.“
    Dem Vater entging der Witz bei der Sache. Er hatte sich, während der mütterlichen Ermahnungen droben im Zimmer, drunten mit seiner Schwester unterhalten und war jetzt sichtlich gerührt.
    „Nett, daß du dich um uns sorgst, Flori ! Das ist neu“, sagte er beim Händedruck. „Äh... unter uns: Wenn du mal zu Tante Thekla rausfährst, hab ich nichts dagegen. Aber sie muß dich abholen oder holen lassen. Nicht mit dem Rad durch den Grenzwald!“
    Überrascht versprach es Florian von Mann zu Mann. Eltern und einziger Sohn schieden in bestem Einvernehmen, ohne Blockierungen. Was sie vorhatten, konnte klappen.
    „So, Flori ! Jetzt machen wir’s uns gemütlich.“ Tante Lene schob ihn ins Haus. In der Küche öffnete sie den mannshohen Kühlschrank. Da fehlte nichts. Vom Schinken bis zur Schlagsahne, von Erdbeeren über Kartoffelsalat, Spaghetti, Tomaten, Käse, Gurken, Melone, Fruchtsäfte, Leberwurst, Pudding bis zum Brathuhn.
    „Das ist ja ein ganzer Delikatessenladen!“ staunte Florian.
    „Hast du was gesagt?“ fragte die schwerhörige Tante, und er wiederholte den Satz in Trompetenlautstärke.
    „Du siehst, ich habe vorgesorgt. Wenn du Hunger hast, bediene dich!“ Tante Lene ging voraus ins Wohnzimmer, klemmte sich ihr Hörgerät hinters Ohr und einen Zigarillo zwischen die Zähne. „Wenn du auch einen willst, bediene dich!“
    Florian kaute die Schöpflöffelportion Kartoffelsalat, die er sich in den Mund gestopft hatte, weil der Stiel so einladend herausragte, zu Ende, nahm den Unterarm als Serviette, öffnete die silberne, innen mit Zedernholz ausgeschlagene Schatulle und zündete sich einen dunklen, bleistiftlangen und bleistiftdicken Stengel an. Nach einem Hustenanfall, bei dem einige winzige Teilchen Kartoffelsalat durchs Zimmer flogen, meinte er anerkennend: „Donnerwetter! Du bist ganz schön hart im Nehmen.“
    „Zigarillos sind meine Leidenschaft.“ Tief lachte die Tante. „Ich muß in meinem früheren Leben ein Mann gewesen sein.“
    „Du... du glaubst auch an Reinkarnation?“ Florian war begeistert. „Das läßt sich ganz leicht feststellen. Wir müssen nur zu Tante Thekla rausfahren…“
    „Das schlag dir aus dem Kopf.“ Energisch winkte die alte Dame mit dem Zigarillo ab. „Mit dieser Geisterwirtschaft will ich nichts zu tun haben! Außerdem hat mir deine Mutter gesagt, daß ich dich nicht zu ihr lassen soll...“
    „Und Papa hat’s mir gerade erlaubt. Ehrlich! Nur nicht mit dem Fahrrad.“
    Florian gab nicht auf. Ausführlich verbreitete er sich über seine Lieblingstante, Madame Thekla, die ganz anders sei, als in der Familie behauptet werde, und merkte, wie er sie gegen Einwände in Schutz nahm, sie verteidigte, daß darüber der Zigarillo ausging.
    Tante Lene blies schweren dunklen Rauch an seiner Nase vorbei. „Du kannst dir deine Mühe sparen, Florian. Thekla kommt mir nicht ins Haus, und ich betrete ihre Geisterwirtschaft nicht! Erzähl mir lieber, wie du dir deine Ferien vorstellst. Hast du dir schon Gedanken gemacht?“
    Auch hier war Widerspruch zwecklos.
    Florian schüttelte den Kopf. Er riß ein Streichholz an, hielt es unter die Spitze des Zigarillo und plapperte drauflos. Trainieren werde er, um seine Form als bester Mittelstreckler der Franz-Joseph-Schule für kommende Wettkämpfe, vor allem gegen Burg Schreckenstein, zu steigern, Trompete werde er üben und sich an das Angebot im Kühlschrank halten. Ansonsten habe er noch keine Pläne. Dazu müsse er erst telefonieren.
    „Dann tu das!“ ermunterte ihn die Tante. Sie nahm das Hörgerät, das sie offenbar drückte, wieder ab und ging in den Garten.
    „Geisterwirtschaft!“ brummte
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