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Florian und das Geisterhaus

Florian und das Geisterhaus

Titel: Florian und das Geisterhaus
Autoren: Oliver Hassencamp
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mit Trüffeln. Tante Lene rauchte die meiste Zeit und gab sachkundige Kommentare.
    „Vier zu zwei. Wie ich gesagt habe!“ wiederholte sie nach dem Schlußpfiff .
    Ihr triumphierender Blick reizte Florian, daß er nicht widerstehen konnte und todernst den Kopf schüttelte. „Irrtum. Drei zu vier!“
    „Vier zu zwei!“ beharrte sie.
    „Drei zu vier!“ beharrte er.
    „Das mußt du mir erklären!“ forderte sie. „Zweimal war Abseits.“
    Florian nickte und bemühte sich, ernst zu bleiben. „In der ersten Halbzeit hast du drei Zigarillos geraucht, in der zweiten sogar vier!“
    Sie antwortete nicht. Doch ihr Blick besagte: als Fußballfreund war er abgemeldet und damit auch als Mann.
    Sie kippte noch zwei Cognacs, weil die falsche Mannschaft gewonnen habe, wie sie sagte. Dann stand sie auf. „Du kannst noch aufbleiben, du hast ja Ferien. Schlaf dich morgen gründlich aus! Ich geh ins Bett. Ich bin Frühaufsteher, wie Onkel Kurt es war. Ach ja.“ Sie seufzte und legte den kurzgerauchten Zigarillo weg. „Also, gute Nacht.“
    Geisterwirtschaft! dachte Florian. Genau die fehlt ihr! Sie hängt sehr an Onkel Kurt. Draußen in der Pension Schicksal könnte sie mit ihm sprechen. Tante Thekla würde ihn für sie erscheinen lassen. Für eine Hellseherin ist so was ein kleiner Fisch. Sie selbst spricht ja auch immer mit ihrem Mann, mit Onkel Charlie! Arme Tante Lene! Der Familienzwist blockiert sie! Vielleicht kann ich da doch noch Frieden stiften? Während er grübelte, wie er die beiden Tanten zusammenbringen könnte, reifte in ihm der Einfall, von der einen durch die andere wegzukommen.
    Da Lene alles ablehnt, was mit Parapsychologie zusammenhängt, kombinierte er, muß ich ihr genau damit kommen! Nach dem Was war es zum Wie nur ein Katzensprung. Bis übermorgen müßte das klappen! überlegte Florian und begab sich umgehend in die Küche, um das Gewicht des Steins, der ihm vom Herzen gefallen war, aus dem Kühlschrank wieder aufzufüllen. Frisch gestärkt ging er zu Bett und stellte sich den Wecker. An Ausschlafen war bei seinem Plan nicht zu denken. An Einschlafen allerdings auch nicht. Sein Magen hatte Schwerarbeit zu leisten, bis nach Mitternacht.
    Doch Florian ließ die Zeit unfreiwilligen Wachens nicht ungenutzt verstreichen. In allen möglichen Variationen spielte er seinen Plan durch und fand dabei das Badezimmer als den geeignetsten Ort. Dann überkam ihn endlich der Schlaf. Ein Traum trug ihn davon, hinaus ins Giebelzimmer der Pension Schicksal, mit Blick hinunter auf die Pilzschirme vor dem Haus, unter denen Tantes Kunden, von Agathe mit Speisen und Getränken versorgt, darauf warteten, daß August sie zum Termin bei Madame aufrufe und bis zu ihrer Zimmertür geleite, wo das Schild Bitte nicht stören! an der Klinke hing.
    Oft machte sich die Hellseherin den Spaß, Herein! zu rufen, noch bevor August anklopfte, oder die Tür telekinetisch zu öffnen, das heißt, ohne sie zu berühren, nur mit Gedankenkräften. Solche Kunststückchen verfehlten ihre Wirkung nie. Insbesondere Leute, die Hellsehen für Scharlatanerie hielten und nur aus Neugier kamen, wurden dadurch ziemlich kleinlaut oder bekamen es mit der Angst zu tun.
    In Florians Traum war die Zigarillowitwe so eine. Als Tante Thekla bei geschlossener Tür von drinnen rief: „Komm nur rein, Lene! Dein Kurt ist schon da!“, rannte sie mit einem Aufschrei aus dem Haus.
    Der Schrei dauerte an, bis Florian sich umdrehte und die Taste drückte. Es war der Wecker. Unter gewaltigem Gähnen fand er sich schließlich zurecht, schaltete kurz das Licht ein, um seine Turnschuhe zu suchen, schlüpfte hinein, nahm das Kissen aus dem Bett und öffnete leise die Tür. Noch einmal kehrte er um, zog die Turnschuhe wieder aus, ließ die Zimmertür offen und schlich barfuß ins Bad. Ohne Licht zu machen, schloß er hinter sich die Tür, öffnete das Fenster, das genau über dem First des Garagenanbaus lag, etwa einen Meter höher, und setzte sich, das Kissen mit beiden Armen an die Brust gedrückt, auf den Rand der Wanne.
    Angespannt lauschte er auf die Schritte der Tante. Doch statt ihr kam der Schlaf zurück, er kippte nach vorn und war mit einem Ruck wieder wach. Dreimal wiederholte sich das, dann endlich hörte er eine Tür knarzen. Im Flur wurde das Licht eingeschaltet.
    Ohne das geringste Geräusch stand er auf und stellte sich, das Kissen wie einen Prellbock vor sich haltend, mit dem Rücken vor das offene Fenster. Es blies ganz hübsch kühl durch den dünnen
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