Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Florian und das Geisterhaus

Florian und das Geisterhaus

Titel: Florian und das Geisterhaus
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
Filippos Lungen und natürlich den Brustkasten hätte ich gern mitgenommen! Ich war auf achthundert Meter glatt vier Sekunden schneller! Aber abgesehen davon, daß man Körperteile nicht einfach in den Koffer stecken kann, reisen Astrale ohne Gepäck. Nicht einmal ein Foto von meinem Schwingungszwilling hab ich mitnehmen können! Auch Tante Thekla hat keins.
    In der Nacht nach Filippos erstem Tag im Krankenhaus hatte sie die schwarze Kugel verlassen und mit Charlies Hilfe die Originalmentalität Teresa wieder an ihren Platz gesetzt. Mit Erinnerung an ihr gewohntes Leben — wenn Tante Thekla die Konzentration zurücknahm und sie frei schalten und walten ließ — , ohne die leiseste Ahnung, von einer anderen Wesenheit besetzt gewesen zu sein. Sie hatte Touristen die Karten gelegt, ihr Ippocampo war durch Jähzorn zu Schaden gekommen, der sich jedoch für beide glückhaft auswirkte.
    „So lückenhaft ist die menschliche Wahrnehmung!“ hatte Charlie astral-international gelästert. „Aber wie man sieht, nicht zu seinem Nachteil.“
    Daß man nach einem Taxiausflug von seiner Überlegenheit überzeugt ist, liegt in der Natur dieser Besonderheit. Wer über Möglichkeiten verfügt, die ihm gestatten, sogar den Körper zu wechseln, kommt sich begabter vor, weitsichtiger. Die Rückkehr, die Umschaltung, war glatt verlaufen. Ein Schmerz, den Florian nicht orten konnte — gehörte er noch zu Filippos Gehirnerschütterung oder zum Wiedereintritt in den eigenen Körper — ein gewaltiges Zittern oder besser gesagt Vibrieren, ein Stechen im Hinterkopf, dann stellte er begeistert fest: „Wieder zu Hause! Mannometer , Tante, das waren die wahnwitzigsten Ostern meines Lebens! Die eigenen Hände, die eigenen Beine fühlen den eigenen Kopf! Da gibt’s so ’ne Redensart: In dem seiner Haut möcht ich stecken oder nicht stecken! — Die hab ich jetzt kapiert! Sag, Tante, hast du auch so einen Hunger?“
    „ Orrido !“ Tante Thekla ahmte eine der zahllosen Gesten von Mamma Teresa nach. „Auf gut deutsch: grauenhaft!“
    Sie hatten sich aus ihren Sesseln erhoben und einander, gewissermaßen als Prüfung auf die Echtheit der Original-Existenz, erst einmal umarmt.
    Gerade wollten sie die Kellerklinik verlassen, da hörten sie draußen Schritte.
    Die Hellseherin hielt den Zeigefinger vor die Lippen und gab Florian ein Zeichen, sich noch einmal zu setzen und die Augen zu schließen.
    Kaum lehnten sie wieder in den Sesseln — ihren Körpern war die Ruheposition noch geläufig — , wurde die Tür geöffnet. Florian blinzelte und sah August mit seinem Freund, dem dicken Kriminalkommissar Oskar Kollo. Der Fleischkloß stürmte herein, stellte sich vor den beiden auf und sah sie argwöhnisch an.
    „Komm, Oskar, laß sie!“ bettelte August. „Es ist eine Heil-Schlafkur, wie ich dir gesagt habe.“
    „Sehr verdächtig! Der Sache muß ich nachgehen.“ Oskar glotzte weiter mit der Intensität dummer Menschen. „Für mich sind die klinisch tot!“
    „Komm jetzt!“ wiederholte August. „Eigentlich darf ich dich gar nicht reinlassen.“
    „Nix da!“ Der Fleischkloß fuchtelte nachgerade italienisch. „Der Sache geh ich nach! Ich hol den Amtsarzt.“
    Er braucht dringend wieder einen Fall! dachte Florian. Tante rührt sich nicht. Wart ich auch ab!
    Es war nicht einfach, reglos sitzenzubleiben, denn August versuchte seinen dicken Freund am Arm wegzuziehen. Der lehnte sich mit seinem Gewicht dagegen.
    „Das tust du nicht!“ flehte er. „Du kriegst von mir nie mehr einen Tip !“
    „Den krieg ich so auch nicht!“ widersprach der Kommissar. „Weil du nix zahlen willst!“ begehrte August auf und zog weiter. „Du denkst immer, für die Polizei sehen wir kostenlos hell.“
    „Dazu seid ihr auch verpflichtet!“ beharrte der Fleischkloß. „Ich habe gute Lust und lasse diesen Betrieb hier amtlich schließen!“
    Vermutlich infolge Zwetschgenwassers hatte August einen lichten Moment. „Solange die Parapsychologie amtlich nicht anerkannt ist, kann sie auch nicht amtlich verboten werden. Weil es sie amtlich gar nicht gibt.“
    „Umgekehrt!“ Wieder fuchtelte der Fleischkloß. „Was wir nicht anerkennen können, müssen wir verbieten!“
    „Das Übersinnliche entzieht sich dem Beamtenhorizont! Komm jetzt!“ August machte eine letzte Anstrengung, den Freund hinauszubefördern. „Wenn Madame jetzt aufwacht, bin ich meinen Arbeitsplatz los.“
    Nun wurde die Hellseherin aktiv. Florian merkte es daran, daß er etwas tat, ohne es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher