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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen
Autoren: Anne Hertz
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dann?«
    »Dass man den anderen achtet und respektiert. Dass man ihn so sein lässt, wie er ist – mit seinen ganzen Macken und Fehlern. Und dass man ihm vertraut, zur Seite steht und bei Problemen nicht sofort ausbüxt. Aber das funktioniert eben nur, wenn das Deckelchen auch wirklich aufs Töpfchen passt.«
    »Wie lange wart ihr eigentlich verheiratet?«
    »Vierundsechzig Jahre.«
    »Wow, das ist echt lange!«
    »Ja, und ich möchte keinen einzigen Tag davon missen. Auch wenn wir wirklich schwere Zeiten miteinander durchlebt haben – der Krieg, die Flucht, der Neuanfang. Aber im Nachhinein ist es ein gutes Gefühl, zu wissen, dass man alles gemeinsam gemeistert hat. Dass man all dies mit einem anderen Menschen geteilt hat. Auch wenn einer von uns dann seinen letzten Weg erst einmal alleine antreten musste …«
    Verstohlen wische ich mir eine Träne aus den Augenwinkeln. Das hätte ich auch gern! Jemanden, der an meiner Seite steht und mit mir durchs Leben geht, egal, was kommt. Ob ich so etwas auch noch erleben darf – so eine große, wahre Liebe?
    Als könnte sie Gedanken lesen, sagt Oma noch einmal: »Kindchen, hör einfach auf dein Herz.«
    »Kann ich ja mal versuchen. Zumindest werde ich darüber nachdenken«, antworte ich und stehe auf. »Aber vorher muss ich noch etwas erledigen …«
     
    »Was genau liebst du an mir?«
    Alexander schaut mich erstaunt an. Die Frage überrascht ihn offenbar. »Wie meinst du das?«
    »So wie ich es sage: Was ist es, das du an mir liebst? Oder von mir aus auch: in das du dich zuerst verliebt hast?«
    »Wie kommst du auf diese Frage?«
    »Ganz einfach: Du hast gesagt, deine Familie denkt, ich liebe vor allem dein Geld, und da wollte ich …«
    »Nein«, unterbricht Alexander mich, »das habe ich so nicht gesagt. Und falls es so rübergekommen ist, tut es mir leid, weil das natürlich Unsinn ist. Bitte lege nicht jedes Wort, das ich in den letzten Tagen gesagt habe, auf die Goldwaage. Für mich war das alles auch nicht leicht.«
    Ich nicke. »Das glaube ich dir. Trotzdem habe ich mich gefragt, was genau es eigentlich ist, was wir aneinander lieben. Was verbindet uns als Paar? Und reicht das eigentlich aus, um die nächsten vierzig, fünfzig Jahre miteinander zu verbringen?«
    Alexander starrt mich erstaunt an. »Vierzig, fünfzig Jahre? Mein Gott, Tine, in was für Dimensionen denkst du denn? Wäre es nicht ausreichend, wenn man erst einmal versucht, die nächsten fünf Jahre gut über die Bühne zu bringen?«
    Ich merke schon: Alexander und ich denken tatsächlich in unterschiedlichen Dimensionen.
Think big
trifft
Geht’s auch ’ne Nummer kleiner?
Auweia, da kommen wir schon mal nicht zusammen. Aber wir müssen hier jetzt ein paar grundsätzliche Fragen klären. Deshalb bin ich von Oma aus auch schnurstracks nach Hause gefahren, um mit Alexander zu sprechen. Und gerade finde ich, dass er mir irgendwie ausweicht. So nicht, mein Lieber!
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    »Welche Frage noch mal?«
    »Was genau du eigentlich an mir liebst! Oder ist das für dich so schwer zu beantworten?«
    »Natürlich nicht!« Alexander schnaubt empört und holt tief Luft, so als würde er zu einem längeren Vortrag ansetzen. »Also, du siehst gut aus …«, beginnt er und sieht mich erwartungsvoll an.
    Na toll. Ich sehe gut aus. Was sucht der eigentlich – ein Model oder eine Ehefrau? Und war’s das etwa schon?
    »Alex, äh, danke für das Kompliment. Aber ich meinte jetzt auch irgendwie innere Werte. Was verbindet dich mit mir?«
    »Du bist Akademikerin. Okay, nur Grundschullehrerin, aber immerhin. Uni ist Uni.«
    »Bitte?«
    »Also, ich finde, das Bildungsniveau muss schon irgendwie stimmen. Sonst kann man sich ja nicht unterhalten, und das würde auf Dauer langweilig werden. Außerdem kann ein Mann in meiner Position sich gar keine dumme Frau leisten.«
    »Aha.«
    »Genau!« Triumphierend hebt Alexander jetzt seinen Zeigefinger. »Und du kommst aus einem guten Elternhaus und weißt dich zu benehmen. Das finde ich auch sehr, sehr wichtig. Stell dir mal vor, wir sind zu einem Geschäftsessen eingeladen, und du kannst die Hummerzange nicht vom Buttermesser unterscheiden …«
    Stimmt, das wäre ein echtes Drama! Ich schüttele den Kopf. »Alex, ich habe das Gefühl, du verstehst überhaupt nicht, was ich meine.«
    »Was willst du eigentlich von mir, Tine? Du verschwindest einen Tag vor unserer Hochzeit, lässt mich hier hängen und außerdem auch noch in dem Glauben,
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