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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen
Autoren: Anne Hertz
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runter zu sein.«
    Ich muss lachen.
    »Ja, das kann man so sagen. Ich bin jetzt wieder an Land und eigentlich ganz froh darüber.«
    »Woran hast du denn gemerkt, dass du mit Herrn Weltenstein seekrank wirst? Und wieso hast du das überhaupt so spät gemerkt? Normalerweise wird einem doch gleich schlecht«, will Lukas wissen.
    Himmel, vielleicht hätte ich doch einen anderen Vergleich bemühen sollen. »Na gut, aber Liebe und Seefahrt sind ja auch nicht das Gleiche. Bei der Liebe merkt man manchmal erst etwas später, ob es passt oder nicht. Oder mit wem es passt.«
    Luisa seufzt. »Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie bald jemanden finden, der gut passt. Und das dann auch schneller merken als dieses Mal. Nicht dass Sie den Richtigen noch verpassen, wenn Sie so langsam sind wie beim letzten Mal.«
    Könnte es sein, dass eine Zehnjährige hier schlauer ist als ich?
     
    »Und bist du jetzt tatsächlich schon ausgezogen?«
    Svea schaut ungläubig, als ich sie auf den neusten Stand in Sachen
Beziehungsstatus Tine Samstag
bringe. Wir haben uns nach Unterrichtsschluss in das kleine italienische Café verzogen, in dem es mittags auch immer ein Pastagericht und ein Glas Vino gibt. Eine gute Gelegenheit, ihr das ganze Drama in Ruhe zu erzählen.
    »Halbwegs. Ich wohne momentan bei Oma Strelow. Die verkauft gerade ihr Haus – ich kann bleiben, bis die neuen Besitzer einziehen wollen. Oma selbst zieht nächste Woche schon in ein Altenheim nach Kolberg, dann habe ich da so viel Platz und Ruhe wie wahrscheinlich nie wieder in meinem Leben. Wenn ich eine eigene Wohnung gefunden habe, hole ich meine Sachen bei Alexander ab.«
    »Wer in aller Welt ist Oma Strelow?«
    »Die ältere Dame, die ich angeblich als Geisel genommen hatte.«
    »Bei der wohnst du? Nach all dem Ärger, den du ihretwegen hattest? Ich meine, immerhin ist deine Verlobung wegen der blöden Kuh in die Brüche gegangen. Du musst doch einen tierischen Hals auf die haben!«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein. Eigentlich bin ich ihr dankbar. Das mit Alexander und mir wäre nicht besonders lange gutgegangen. So ist es besser. Das habe ich gerade noch rechtzeitig gemerkt.«
    »Ja? Woran denn? Alex war doch gar nicht mit.«
    Ich zögere einen Moment. So richtig ausgesprochen habe ich es noch nie.
    »He, Tine, nun sag schon! Oder ist das irgendwie ein Geheimnis?«
    »Nein. Ist es nicht. Ich habe mich in einen anderen Mann verliebt. Daran habe ich es gemerkt.«
    Jetzt ist es raus. Und es fühlt sich überraschend gut an, es zu sagen. Svea steht der Mund offen.
    »Ein anderer Mann? Wo kommt der denn auf einmal her? Einen Tag vor deiner Hochzeit?«
    »Der Pfleger von Oma Strelow. Er hat uns auf der Flucht nach Polen begleitet, er ist selbst Pole.«
    »Du tauschst einen hanseatischen Finanzhai gegen einen polnischen Krankenpfleger? Donnerwetter, das nenne ich mal Idealismus.« Svea kichert, und ich merke, wie ich richtig sauer werde.
    »Ich habe Alex nicht ausgetauscht. Ich bin mit Jan schließlich gar nicht zusammen. Und was für eine Rolle spielt sein Pass bei der Sache? Ich habe mich in ihn verliebt, und das hat mir klargemacht, dass ich Alexander offensichtlich nicht richtig liebe. Sonst wäre das nicht passiert. Deswegen war eine Trennung richtig.«
    Beschwichtigend hebt Svea die Hände. »Ist ja gut – ich wollte dir nicht zu nahe treten. Aber ich habe das ja alles nicht mitbekommen. Entschuldige, dass ich so blöd frage.«
    »Schon gut. Ist nur gerade nicht mein Lieblingsthema. Ich wünschte auch, es wäre anders gekommen und ich wäre nicht seekrank geworden.«
    »Seekrank?«
    Ich lächle. »Ach, vergiss es.«
    Sveas Nase kräuselt sich, so dass ihre Sommersprossen in kleinen Kratern verschwinden. »Und wie geht es jetzt weiter?«
    »Weiter? Gar nicht. Jan ist in Polen, und ich bin hier. Ende der Geschichte. Erst mal jedenfalls.«
    »Habe ich was verpasst? Gibt’s den Eisernen Vorhang wieder? Seit wann bist du denn so zögerlich?«
    Schulterzucken meinerseits. »Weiß nicht. Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, war Jan auch nicht gerade wild entschlossen.«
    »Hat er denn mitbekommen, dass ihr euch getrennt habt, Alexander und du?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Tja, dann bist du leider darauf angewiesen, dass er eine Kristallkugel hat. Oder aber, du sagst es ihm.«
     
    Später, als ich in meinem kuscheligen Gästezimmer auf dem Bett liege, geht mir wieder durch den Kopf, was Svea gesagt hat: Jan bräuchte tatsächlich eine Kristallkugel, um zu wissen, was bei mir
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