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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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Heike und Leila noch keine Selbsthilfegruppe gegründet?
    Rudi schaltete schnell, legte seinen Arm um Leila und rief: »Du, Schatz, ich bin so müde, lass uns nach Hause gehen. Außerdem weißt du doch, dass ich es nicht mag, wenn du dich von Proleten ansprechen lässt!« Und schon zog er sie vom Tisch weg zur Tür und auf die Straße. Ich hinterher, nicht ohne unseren Eltern Bescheid zu sagen, die natürlich in ihr Gespräch vertieft waren und nichts von alledem mitbekommen hatten.
    Leila und Rudi standen lachend da.
    »Ha, hast du sein verdutztes Gesicht gesehen! Das tat gut. Danke!«
    Leila war bester Laune, dank Rudi. Wenn jemand wusste, wie man mit Frauen umzugehen hatte, dann er.

»Mann, ich hab fast eine Stunde ’nen Parkplatz bei dir vorm Haus gesucht! Ich hab dir gleich gesagt, du sollst nicht in den Osten zu den anstrengenden Szeneheinis ziehen, und schon gar nicht an den funky Helmholtzplatz, da ist nie was frei!«
    Meine beste Freundin Sarah. Wir hatten gemeinsam Abi gemacht, zusammen in München studiert, sie Medizin, ich Filmwissenschaften, und wohnten jetzt wieder in derselben Stadt.
    »Danke für den herzlichen Empfang!«
    Wir mussten lachen, und ihre Zornesfalte verschwand. Sie umarmte mich, trat ein und ließ den Blick schweifen.
    »Na, dann wollen wir mal!«
    Sarah packte Plastikhandschuhe und allerlei Putzutensilien aus.
    »Sag nicht, dass du zum Putzen gekommen bist?«
    Sarah streckte mir ein zweites Paar Handschuhe entgegen.
    »Klar, oder willst du mir sagen, dass du das schon mit deinen Eltern gemacht hast? Die haben bestimmt wieder nur Wünschelruten ausgepackt, damit das Töchterlein auf keiner Wasserader schläft, und sind dann abgerauscht.«
    Sarah kannte meine Eltern seit dem Gymnasium.
    »Nee, ausgeräuchert haben wir diesmal, weil hier angeblich ein schräger Typ gewohnt hat.«
    Sarah nickte wissend.
    »Siehste! Und woher wisst ihr das mit dem Typen?«
    »Von Leila. Wohnt unter mir. Sehr sympathisch und leider auch gut aussehend. Sie ist Rudi schon über den Weg gelaufen.«
    Sarah musste ich nicht erklären, was das bedeutete. Sie kannte Rudi seit der Schulzeit. Außerdem war Sarah das einzige nicht mit ihm verwandte weibliche Wesen, das gegen seine Ausstrahlung immun war.
    »Mann, Mann, Mann. Kann man nur hoffen, dass Leila nicht labil ist. Sonst liegt sie demnächst vor deiner Wohnungstür.«
    Sarah spielte auf Tina Wertheim an, die sich vor einigen Jahren in den Kopf gesetzt hatte, Rudi sesshaft und monogam zu machen, und zwar mit allen Mitteln. Erst hatte Tina es mit der »Aufreizenden Unterwäsche, Sex zu jeder Zeit und an allen Orten«-Nummer versucht, dann mit der »Ich mache mich unersetzbar, koche, wasche und erledige deine Steuererklärung«-Variante. Als das nicht zog, setzte sie auf Eifersucht, zu der sich Tina Rudis besten Freund Lars auserkoren hatte. Wie Jungs so sind, sprachen sie sich ab, und da Rudi nicht kleinlich war und Lars auch etwas gönnte, denn ungeschickt stellte sich Tina im Bett anscheinend nicht an, hatte Lars viel Spaß mit Rudis Segen. Nur Tina hatte sich das anders vorgestellt, und so zog sie den letzten Trumpf, um Rudi gefügig zu machen. Sie schluckte zwei Schlaftabletten, drapierte sich theatralisch in unserer Auffahrt und hinterließ einen Abschiedsbrief. Mit roter Tinte! Darin durfte Rudi lesen, dass er ihr junges Leben zerstört habe, sie ihm zwar keine Vorwürfe mache, aber weiterleben könne sie so auch nicht mehr, denn ihren Glauben an die Männer habe er ihr für immer zerstört. Sie wünsche ihm ein schönes Leben und er solle nicht allzu sehr an sie denken, was Rudi dann auch nicht mehr tat, denn die Aktion war eher beängstigend gewesen. Er kümmerte sich so lange um Tina, bis sie einen Therapeuten gefunden hatte, denn dass es der Guten wirklich schlecht ging, hatte selbst Rudi bemerkt.
    Meine Mutter, die sich für alles und jeden verantwortlich fühlt und gern das Wort »Kollektivschuld« benutzt, mussten wir davon abhalten, Tina in eine ihrer Frauengruppen aufzunehmen.
    »Ich fang mal mit der Küche an!« Sarah war in ihrem Element. Putzen gehörte zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, ich hegte den Verdacht, dass sie gern an den high machenden Mitteln schnüffelte; auf alle Fälle konnte man bei Sarah jederzeit alle Schubladen und Schränke öffnen: Es blitzte selbst in der hintersten Ecke geradezu unnatürlich. Warum zogen Zwangsputzer nicht mit Messies in eine WG ? Da wäre beiden Seiten geholfen.
    »Wann sind denn deine Eltern
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