Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
wie er mich ansah, die Zeit, die er mit mir verbrachte, der Humor und die Liebe für Musik, Kino und Bücher, die uns verband. Es dauerte lange, bis ich wieder einen normalen Umgang mit Ben hatte, und inzwischen waren wir sogar wieder befreundet, aber uns ausgesprochen oder meine Liebesbeichte thematisiert hatten wir nie.
    »Sarah, das ist ewig her, und ich bin so was von drüber weg! Wie du weißt, hatte ich inzwischen auch andere Freunde.«
    Von denen keiner an Ben herangereicht hatte, aber das würde ich nie zugeben, außerdem: Was blieb einem anderes übrig, wenn sich langsam, aber sicher die Kinderfrage stellte und endlich der richtige Mann gefunden werden musste.
    »Erinnere mich bloß nicht an diese Langweiler. Ich versteh nicht, warum du abgesehen von Ben auf so konservative, brave Typen stehst!« Sarah schüttelte den Kopf. Mein Faible für spießige Juristen und Arztsöhne war ihr vollkommen schleierhaft. Die Diskussion führten wir nicht zum ersten Mal, und meine Verteidigung war auch nicht neu.
    »Das ist nicht fair. Wenn du aus einem so gestörten Elternhaus wie ich kommen würdest, hättest du auch alles, was normal ist, prickelnd gefunden. ’nen Spießerfreund mit Bausparvertrag zu präsentieren war eben meine Art der Rebellion, und was meinst du, warum ich mit dir befreundet bin?«, spottete ich.
    Sarah ging mit dem verdreckten Putzlappen auf mich los.
    »Na warte, wenn ich dich zu fassen bekomme, du kleines undankbares Hippieluder. Was ich deinetwegen an Diskussionen mit meinen Eltern durchgemacht habe, wenn ich von euch nach Hause kam und mal wieder nach Gras gerochen habe, weil deine Eltern gekifft hatten!«
    Kichernd ließen wir uns auf das mittlerweile ausgepackte Sofa fallen. Sie stieß mich in die Seite.
    »Sag, hab ich dir schon gesagt, wie glücklich ich bin, dass wir wieder in derselben Stadt wohnen?«
    »Nicht direkt, aber ich bin auch froh. Wenn’s jetzt noch mit dem neuen Job gut läuft, bin ich wunschlos glücklich.«
    Sarah legte einen Arm um mich.
    »Wann geht’s denn los am Montag?«
    »Um halb zehn.«
    Sie sah mich neidisch an.
    »Du hast es gut. Ich werde an dich denken, wenn ich als brave Ärztin im Dienste der Menschheit ab sieben Uhr früh meine Schicht im Krankenhaus absolviere.«

Ich war kurz davor durchzudrehen! Wieso musste ich ausgerechnet heute meine Tage bekommen, und zwar mit allem, was dazugehört? Schweißausbrüchen, einem Pickel am Kinn und dem obligatorischen Blähbauch, was sich hervorragend traf, denn ich hatte extra eine ziemlich sexy, aber enge Jeans für den ersten Arbeitstag gekauft, die ich mit Blähbauch nicht zubekam, sodass ich den obersten Knopf offen lassen musste. Konnte ich nur hoffen, dass das Oberteil lang genug war und meinen Bauch verdeckte und eventuelle Fragen wie »Sind Sie etwa schwanger?« gar nicht erst aufkommen ließ. Gegen die Schmerzen hatte ich vorsorglich gleich zwei Buscopan eingeschmissen. Nur kein Risiko eingehen heute! Meine aufwändig gestylte Frisur konnte ich getrost vergessen, die hielt heute garantiert nicht. Also Pferdeschwanz.
    Der Pickel ließ sich nicht vollständig abdecken, und wie ich so vor meinem gnadenlosen Vergrößerungsspiegel stand und die Mischung aus sich immer deutlicher abzeichnenden Fältchen um die Augen und einem erbsengroßen Pickel betrachtete, dachte ich, dass die Welt alles andere als gerecht war. Da steuerte man auf die Menopause zu und züchtete Eiterpickel wie ’ne Dreizehnjährige!
    Wenig später kreiste ich zu allem Übel schon die vierte Runde um das Redaktionsgebäude auf der Suche nach, wie könnte es in Berlin auch anders sein, einem Parkplatz! Ich schaute auf die Uhr: Mist, ich war bereits fünf Minuten zu spät! In einem verzweifelten Anfall stellte ich den Wagen kurzerhand in der zweiten Reihe ab. Da in Berlin ja angeblich alles billiger war, hoffte ich, dass das für Abschleppkosten ebenso galt.
    Mit hektischen roten Flecken im Gesicht und einem feinen Schweißfilm um den Mund stürmte ich das Treppenhaus des sanierten Altbaus hinauf. Eine Woche lang über mein Outfit und den damit verbundenen ersten Eindruck zu sinnieren hätte ich mir sparen können.
    Zum Glück kannte ich den Weg noch vom Einstellungsgespräch, damals war ich pünktlich, wenn auch mit den gleichen roten Flecken im Gesicht, bei Feline Wagenknecht, Verlagschefin und Mitherausgeberin von Phosphor , eingelaufen.
    Die Redaktion lag im zweiten Stock des Hauses.
    Außer Puste stieß ich die Tür auf, hinter der sich drei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher