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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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schon den lustigen kleinen Papierschirm hinter die Ohren gesteckt und kicherte über alles und jeden. Meine Eltern saßen abseits, allerdings nicht weniger angetrunken, hatten ein diskussionswilliges schwules Pärchen als Opfer gefunden und waren glücklich, mal wieder ihre Toleranz gegenüber einer Randgruppe zur Schau stellen zu können.
    Plötzlich zuckte Leila zusammen.
    »Ich fass es nicht. Mein Ex!«
    In der Tür stand ein gut aussehender Typ, ohne Frage, allerdings so sehr nach dem kleinen Szene-Einmaleins gestylt, dass er wie geleckt aussah. Im Schlepptau hatte er eine geklonte Leila.
    Schlagartig setzte Leila sich auf. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, kamen ihr nicht die allerschönsten Erinnerungen an die Zeit mit dem »Szene-Berlin-Mitte-Exfreund« in den Sinn.
    »Ist das Mimis Vater?«, wagte ich zu fragen.
    Leila schüttelte energisch den Kopf.
    »Nein, das ist Ole ›Ich brech die Herzen der stolzesten Frauen‹-Schmidt, das letzte egomanische Arschloch in meiner Sammlung. Fast ein halbes Jahr hat sich die Sache mit uns hingezogen nach altbewährtem Muster … Distanz, Nähe, Distanz. Und abschließend der obligatorische Satz: Leila, du bist wunderbar, eigentlich sogar perfekt. Du siehst hinreißend aus, bist intelligent, kreativ, lustig und aufregend! Aber irgendwas fehlt, damit ich dich lieben kann. Wenn ich nur wüsste, was!«
    Leila bekam vor lauter Aufregung hektische Flecken im Gesicht.
    »War der echt so übel?«, wunderte ich mich. So schlimm sah er auf den ersten Blick nun doch nicht aus.
    Leila blickte mich aufgebracht an.
    »Übel? Der hat vergessen, mit mir Schluss zu machen! Die Aussprache musste ich hinterher einfordern! Tagelang hab ich vergebens auf ein Lebenszeichen gewartet. Auch so eine Schwachsinnsidee, aber ich hatte gerade Regeln für Ihre Beziehung gelesen und Regel Nummer eins befolgt, die da lautet: ›Rufen Sie nie einen Mann von sich aus an!‹
    Irgendwann war ich dem Wahnsinn ziemlich nahe und bin bei Ole vorbeigefahren.«
    »Aber nicht Ole hat die Tür geöffnet, sondern ein Mädchen, das meine Zwillingsschwester hätte sein können.«
    »Meinst du diesen Klon dort?«, fragte Rudi interessiert. Ich wollte lieber nicht wissen, welche Fantasien ihm im Kopf zu Leila und ihrem Klon herumspukten.
    »Nee, das ist schon wieder ’ne Neue. Ich weiß nicht, wo er die immer findet; dass ich so alltäglich aussehe, wusste ich nicht, auf alle Fälle gibt’s mich mindestens noch zweimal in Berlin.«
    »Alltäglich würde ich das nicht nennen. Einen guten Geschmack hat er ja. Das muss man ihm lassen!« Rudi pfiff anerkennend durch die Zähne.
    Leila sah ihn missbilligend an und fuhr fort.
    »Also auf alle Fälle stand dieses Mädel an der Tür und starrte mich entsetzt an. Eigentlich hätte ich sagen sollen:
    ›Nein, du bist nicht geklont worden, und wir sind auch keine von Geburt an getrennten siamesischen Zwillinge. Optisch scheint Ole ja zu wissen, was er will, jetzt sucht er wohl noch den passenden Charakter zum Model!‹
    Stattdessen wartete ich, dumm wie ich war, tatsächlich ab, bis Ole sich zur Tür bequemte.«
    Rudi hing an Leilas Lippen. Ich wollte nicht wissen, wie oft er sich in ähnlichen Situationen befunden hatte. Vielleicht hoffte er, von Leilas Ex etwas lernen zu können.
    »Also, Ole sieht mich, schlägt sich die Hand vor den Kopf und ruft erschrocken:
    ›Mist, das hab ich total vergessen!‹
    Ich frage:
    ›Was hast du vergessen?‹
    ›Na, dir zu sagen, dass ich Mia kennen gelernt habe und mit uns Schluss ist. Mann, das ist mir jetzt aber peinlich!‹
    Wieso peinlich? War doch vollkommen in Ordnung, mir zu stecken, dass ich doch so bedeutungsvoll war, dass er vergessen hatte, mit mir Schluss zu machen! Und hey, wer konnte es ihm verdenken? Bei der Ähnlichkeit hat er wahrscheinlich gar nicht gemerkt, dass ich nicht die Neue war!«
    Ich war baff! So etwas hatte ich wirklich noch nie gehört. Wenn das die Gepflogenheiten in Berlin waren, dann gute Nacht!
    Bevor ich mich versah, steuerte Ole auf uns zu.
    Abtauchen war zu spät, er stand schon vor uns und strahlte Leila an.
    »Mensch Heike! Das ist ja schön, dich mal wieder zu sehen. Das ist doch jetzt bestimmt fünf Jahre her! Wie geht’s dir?«
    Leila riss entsetzt die Augen auf. Nicht nur, dass das Herzblatt vergessen hatte, mit ihr Schluss zu machen, jetzt wusste er nicht mal mehr, wer sie war!
    Schockgefroren überspielte Leila die Situation, so gut es ging. Wer war Heike, wo war Heike, und warum hatten
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