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Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt
Autoren: Poul Anderson
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Grund gehabt vorzutäuschen, anwesend zu sein, real zu sein, nur dass es keiner von ihnen je war. Richtig? Es waren computergenerierte Simulacra, Irrlichter, die Freunde wie Feinde von der Wahrheit ablenken sollten. Tja, das Leben hat mich zum Ungläubigen gemacht.
    Aycharaych, in Wahrheit sind Sie der letzte lebende Chereioner. Der allerletzte. Nicht wahr?«
    Plötzlich verzerrte ein solcher Schmerz das Gesicht vor ihm, dass Flandry wegsehen musste. »Woran sind sie gestorben?«, fragte er. »Wie lange ist es her?« Eine Antwort erhielt er nicht.
    Stattdessen: »Dominic, wir teilen eine Seele, Sie und ich. Wir sind beide immer einsam gewesen.«
    Eine Weile lang war ich es nicht, doch nun ist sie einsam; sie ist in der Einsamkeit gefangen, die ewig währt. Zorn ergriff Flandry. Als er Aycharaych wieder anblickte, bemerkte er ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung in dem hageren Gesicht. »Seit Jahrhunderten müssen Sie Ihr Spiel treiben«, knirschte er. »Wieso? Und … was immer Ihr Grund war zu verbergen, dass Ihr Volk ausgestorben ist … warum nagen Sie an den Lebendigen? Sie … sie könnten hergehen und ihnen zeigen, was die Chereioner zu den … antiken Griechen der Galaxis gemacht hat – aber Sie sitzen in einer Gruft oder reisen umher wie ein Vampir … Sind Sie wahnsinnig, Aycharaych? Treibt Sie der Irrsinn zu Ihren Taten?«
    »Nein!«
    Flandry hatte die melodische Stimme schon einmal voll Kummer gehört. Kreischend kannte er sie nicht. »Ich bin nicht wahnsinnig! Sehen Sie sich um. Wer könnte in dieser Umgebung wahnsinnig werden? Und Kunst, Musik, Bücher, Träume – und jawohl, mehr, die stolzesten Geister einer Millionjahre – sie stellten sich den Scannern zur Verfügung, den Rekordern … Wenn Sie jederzeit, wann immer Sie wollen, jedem begegnen könnten … Gautama Buddha, K’ung-fu-tzu, Rabbi Hillel, Jesus Christus, Rumi … Sokrates, Newton, Hokusai, Jefferson, Gauß, Beethoven, Einstein, Ulfgeir, Manuel dem Großen, Manuel dem Weisen … würden Sie zulassen, dass kleine Kriegsherren diese Mittel für ihre scheußlichen eigensüchtigen Zwecke einsetzen? Niemals!«
    Und Flandry verstand.
    War Aycharaych, halb geblendet von seinen Toten, klar, was er verraten hatte? »Dominic«, wisperte der Chereioner hastig, erschüttert, »ich habe Ihnen übel mitgespielt, und nicht nur Ihnen, sondern vielen. Aber ich meinte es nicht böse. Oh, sicher, als Kunst, als Sport – es ist auch der Ihre –, aber wir haben unsere Verpflichtungen, Sie gegenüber einer Zivilisation, von der Sie wissen, dass sie im Sterben liegt, ich gegenüber einem Erbe, von dem ich weiß, dass es Bestand haben kann, solange diese Welt existiert. Wessen Recht ist größer?« Er streckte substanzlose Hände vor. »Dominic, bleiben Sie. Wir überlegen, wie wir Ihre Schiffe abwenden und Chereion retten …«
    Fast als wäre er wiederum die Maschine, die seinen Sohn zum Tod verurteilt hatte, sagte Flandry: »Ich müsste meine Begleiter in eine Falle locken. Merseia würde den Planeten zurückerhalten, und auch die Hilfe, die er leistet. Ihr Schattenspiel ginge weiter. Richtig?«
    »Jawohl. Was bedeuten Ihnen einige wenige weitere Leben? Was ist Terra? Wer erinnert sich in zehntausend Jahren noch an diese Reiche? Aber Sie werden unvergessen sein, weil Sie Chereion bewahrt haben.«
    Kerzenflammen umgaben einen Sarg. Flandry schüttelte den Kopf. »Es hat im Namen zu vieler guter Ziele zu viel Verrat gegeben.« Er fuhr herum. »Männer, zurück zum Boot.«
    »Aye, Sir.« Die Stimmen schwankten vor Erleichterung.
    Aycharaychs Eidolon legte die Finger zusammen, als bete es. Flandry legte den Hauptschulter seines Gravgeschirrs um. Der Schub drückte ihm die Gurte in die Brust. Er stieg von der strahlenden Stadt auf in den schwindenden trüben Tag. Kälte umgab ihn. Hinter ihm flogen seine in Roboter gehüllten Männer.
    »Brigate!«, brüllte Vymezal. »Vorsicht!«
    Um den obersten Turm blitzten gut zwanzig Gebilde wie Wurfspeere auf. Feuerstrahlen zuckten aus ihren Mündungen. Ferngesteuerte Fluggeschütze, begriff Flandry. Hofft Aycharaych noch, oder will er bloß Rache üben? »Chives«, rief er in sein Funkgerät, »hol uns raus!«
    Funken stoben von Vymezals Panzerplatten auf. Er glitt im Flug zur Seite, viel schneller und geschmeidiger, als man es ihm in der Rüstung zutraute. Seine Energiewaffe, beinahe so schwer wie die der Angreifer, feuerte zurück. Auf Lichtblitze folgte Donnergrollen. Ein beißender Geruch hing in der Luft. Eine
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