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Flammen im Sand

Flammen im Sand

Titel: Flammen im Sand
Autoren: Gisa Pauly
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sind ein Naturtalent, Madame!«, rief Yvonne Perrette prompt.
»Wenn der Hauptkommissar Sie sehen würde – er wäre hingerissen!«
    Daran glaubte Mamma Carlotta zwar nicht, aber da sie sich die Freude
an diesem wunderbaren Tag nicht verderben wollte, schwieg sie. Hochzufrieden
nahm sie neben Yvonne Perrette Platz, während Carolin sich am Sisalläufer
aufstellte.
    Â»Gerade gehen! Kopf hoch! Nicht zu schnell! Am Ende warten, warten,
warten … und dann langsam zurück!«
    Gerührt betrachtete Mamma Carlotta ihre Enkelin, die sich redlich
Mühe gab, Heidi Klum Konkurrenz zu machen. Wie hübsch sie geworden war! Seit
sie ihr Schulpraktikum im Modeatelier absolvierte, sogar noch hübscher. Und
seit die beiden Besitzerinnen der Schneiderwerkstatt eine Modenschau planten,
war Carolin sogar bereit, sich mit dekorativer Kosmetik zu beschäftigen. Bisher
hatte sie nicht viel von Rouge, Lipgloss und Eyeliner gehalten, und von
Haarschmuck erst recht nicht. Neuerdings aber blockierte sie stundenlang das
Bad, um mit Puder und Lidschatten Erfahrungen zu sammeln und neue Frisuren auszuprobieren.
    Und seit Madame Perrette ihr in modischen Fragen mit Rat und Tat zur
Seite stand, trug sie gelegentlich bunte Pullover und seit einigen Tagen sogar
eine Tunika, die sie selbst genäht hatte. Und das, obwohl sie sich als sehr unpraktisch
erwiesen hatte, weil die weiten Ärmel ständig in der Butter oder im Kakao
hingen. Neulich waren sie sogar in eine Kerzenflamme geraten, wodurch die
Tunika beinahe ruiniert und die Familie obdachlos geworden wäre. Aber zum Glück
hatte Felix den Tunikaärmel geistesgegenwärtig mit einem Glas Cola gelöscht.
Seitdem waren die Ärmel zwangsläufig kürzer und praktischer in der Handhabung,
und Carolin hatte für ihren künftigen Beruf etwas Wesentliches gelernt: Eine
Modeschöpferin darf nicht außer Acht lassen, dass die moderne Frau eine
zweckmäßige Mode braucht, in der sie die eine oder andere Arbeit verrichten
kann, ohne sich in Lebensgefahr zu bringen.
    Mamma Carlotta war entzückt gewesen, als sie bei ihrer Ankunft auf
Sylt zu hören bekam, dass Carolin einen neuen Beruf ins Auge gefasst hatte.
Früher hatte sie Lehrerin werden wollen, das war Mamma Carlotta auch sehr recht
gewesen. Dann jedoch war sie von dem Wunsch besessen gewesen, Schriftstellerin
zu werden und schließlich sogar Sängerin. Beides hatte ihre Nonna mehr
befremdet als erfreut. Nun jedoch wollte sie nach der Schule unbedingt eine
Schneiderlehre absolvieren, um Modedesignerin zu werden. Das war so recht nach
dem Geschmack ihrer Großmutter! Die hatte schließlich ihre sieben Kinder nur
anständig kleiden können, indem sie das meiste selbst nähte. Sie kannte sich
also aus. Auch Lucia, Carolins Mutter, hatte gern genäht, und Mamma Carlotta
war stolz, dass ihre Enkelin dieses Familienerbe nun weitertrug. Mit großem
Engagement hatte sie Carolins Zukunftspläne verteidigt, als Erik zu erkennen
gegeben hatte, dass er sich für seine Tochter einen akademischen Beruf
wünschte.
    Â»Handwerk hat goldenen Boden, Enrico! Das ist auf Sylt nicht anders
als in Italia! Vielleicht wird Carolina sogar eine berühmte Modeschöpferin!«
    Und nachdem Erik festgestellt hatte, dass seine Tochter, seit sie
ihr Schulpraktikum in der Schneiderwerkstatt absolvierte, gelegentlich etwas
anderes trug als beige oder graue Pullover und neuerdings modische Stiefeletten
statt ihrer bequemen braunen Halbschuhe, hatte er sich jede Kritik an Carolins
Berufswunsch versagt. Nur als sie unbedingt eine neue Krawatte für ihn
entwerfen wollte und einen Stoff dafür ausgesucht hatte, den er nicht einmal
auf einem Sofakissen geduldet hätte, hatte er sich noch einmal aufgelehnt.
    Was er wohl sagen würde, wenn er hörte, dass seine Tochter sogar bei
der nächsten Präsentation des Modeateliers als Model mitwirken würde? Mamma
Carlotta war nicht ganz sicher, ob er darüber ebenso begeistert sein würde wie
sie selbst. Und dass sie Anerkennung ernten würde, wenn Erik hörte, dass auch
seine Schwiegermutter an der nächsten Modenschau beteiligt sein würde, bezweifelte
sie ebenfalls.
    Hätte sie etwa doch ablehnen sollen? Nein! Niemals hätte sie eine
Aufgabe zurückgewiesen, die so wahnsinnig aufregend war, dass später ihr ganzes
Dorf auf der Piazza zusammenlaufen würde, wenn sie davon erzählte. Carlotta
Capella als
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