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Flaming Bess 09 - Die Erde

Flaming Bess 09 - Die Erde

Titel: Flaming Bess 09 - Die Erde
Autoren: Thomas Ziegler
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nicht die goldenen, an faustgroße Kirschen erinnernden Früchte gewesen. Der Schleudersitz hing zwei Meter über dem bemoosten Boden.
    Bess bewegte sich vorsichtig, und der Sitz begann zu schaukeln. Ein Ast knirschte. Sonst war alles still.
    Wie Kriegsherr Krom vermißte sie das Zwitschern von Vögeln oder andere Tierlaute, aber im Gegensatz zu Krom erschien ihr die Stille nicht bedrohlich.
    Die Erde schläft, hatten ihr die Dhrakanen gesagt, die sie aus dem Zeitgefängnis des wahnsinnigen Baron Stork befreit hatten* (*siehe Flaming Bess 6: Sternbaronat Roter Riese ).
    Und jetzt, wo sie die Stille auf sich einwirken ließ, verstand sie die wahre Bedeutung dieser Worte.
    Intuitiv erkannte sie, daß die Erde nicht tot war wie die Ruinenwelten der Frühen Reiche, die Trimalorius auf seiner zwanzigjährigen Odyssee durch die menschenleere Fremde besucht hatte. Dies war nicht die ewige Stille des Todes, sondern die Stille eines tiefen, langen Schlafes, der sich nunseinem Ende näherte.
    Die Welt hielt nur den Atem an, um ausgeruht und gestärkt zu neuem Leben zu erwachen.
    Das Pochen in ihrem Kopf ließ nach, und die Schmerzen in ihrem verletzten Bein unterdrückte sie durch autogene Körperkontrolle.
    Krom, dachte sie. Wo war Krom?
    Sie erinnerte sich undeutlich daran, daß sich um Kroms Maschine das energiefressende Kraftfeld gebildet hatte — demnach hatte er die Fähre ebenfalls mit dem Schleudersitz verlassen müssen.
    Er ist auf dem Weg zum Dom, dachte Bess. Um die Station zu zerstören und die MORTUS aus dem Saugfeld zu befreien.
    Der Gedanke vertrieb ihre Benommenheit endgültig. Sie löste die Sicherheitsgurte und sprang. Das dicke Moospolster dämpfte den Aufprall, aber trotzdem schnitt sengender Schmerz durch den Oberschenkel. Sie biß die Zähne zusammen, atmete mehrmals tief durch und verstärkte ihre autogene Körperkontrolle.
    Der Dom …
    Wie weit war sie von ihm entfernt? Es konnten nicht mehr als dreißig Kilometer sein — eine lächerlich geringe Distanz im Vergleich zu den fast dreißigtausend Lichtjahren, die sie mit der NOVA STAR zurückgelegt hatte. Aber ohne Raketentornister bedeuteten vierzig Kilometer einen ganzen Tagesmarsch, und sie wußte nicht, wieviel Vorsprung Kriegsherr Krom hatte.
    Ich muß es schaffen. Und ich werde es schaffen, schwor sie sich.
    Flaming Bess rannte los. Südwärts, dort, wo das Licht des strahlenden Doms durch das Blätterdach des stillen Waldes sickerte.
    Sie war schnell und ausdauernd, und als Überlebensspezialistin hatte sie gelernt, wie sie im Notfall die letzten Reserven ihres Körpers aktivieren konnte. Sie lief durch den dämmrigen Wald, über nachgiebige Moospolster und verrottetes Laub, sprang über morsche Baumstämme und plätschernde Bäche hinweg, nur von dem einen Gedanken erfüllt: Ich werde es schaffen.
    Fast wäre sie an dem Schrein vorbeigelaufen.
    Der Schrein war halb im Unterholz verborgen, und sie entdeckte ihn nur, weil sich das Licht des strahlenden Doms in seinem Deckel brach. Sie folgte dem Glitzern, und was sie sah, hielt sie zunächst für einen Sarg aus Glas.
    Doch dann begriff sie, daß es sich bei dem Glas in Wirklichkeit um das Eis eines Tiefsttemperatur-Stasisfeldes handelte.
    In dem Schrein lag eine Frau.
    Sie war nicht tot, sie schlief.
    Sie schlief seit Jahrtausenden im Eis, so wie Flaming Bess die Zeitalter im Tempel von Terminus verschlafen hatte, und sie war die Antwort auf alle Fragen, die Erfüllung aller Hoffnungen.
    Die Frau war groß und schlank, ihre Haut war von hellem Braun, ihre Brüste waren voll, ohne üppig zu sein, und ihr im Schlaf entspanntes, von dunklen Haaren umrahmtes Gesicht wies kaukasische, asiatische und negroide Einschläge auf, als wäre in ihr das Erbgut aller menschlichen Rassen vereint.
    Sie war ein Mensch der Erde.
    Ein Mensch aus einer Zeit, die für Flaming Bess in ferner Zukunft und gleichzeitig in der Vergangenheit lag.
    Sie unterschied sich sowohl von den Menschen des 21. Jahrhunderts, als auch von den Menschen des Sternenbundes. Sie war vollkommen, ohne wirklich vollkommen zu sein. Obwohl sie eine Schönheit war und ihr Gesicht Intelligenz ausdrückte, schien ihr etwas Wesentliches zu fehlen.
    Sie war …
    Zu sanft, dachte Flaming Bess. Wie eine Heilige. Aber ohne den Schutz, den ein starker Glaube gewährte.
    War das die Antwort?
    War das die Erklärung für die freiwillige Isolation der Erde von der Galaxis?
    Hatten die Erdenmenschen im Lauf der Zeit eine Evolutionsstufe erreicht, die sie zu
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