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Flaming Bess 09 - Die Erde

Flaming Bess 09 - Die Erde

Titel: Flaming Bess 09 - Die Erde
Autoren: Thomas Ziegler
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weiß vor ihr in den fahlblauen Himmel ragte.
    Krom …
    Wo war Krom?
    Wie groß war sein Vorsprung? War er schon am Lichtdom angelangt?
    War er vielleicht in diesem Moment dabei, den Dom zu zerstören und damit die Kälteschläfer zu töten? War es bereits zu spät, um die Erdmenschen zu retten?
    Ihr kam ein anderer Gedanke, ein verführerischer Gedanke: Vielleicht ist er beim Absturz seiner Fähre ums Leben gekommen. Vielleicht liegt er mit zerschmetterten Gliedern und gesplitterten Augenimplantaten in den Trümmern seiner Maschine. Vielleicht …
    Aber sie konnte nicht sicher sein.
    Also rannte sie weiter, und der Wald lichtete sich immer mehr, und vor ihr der Dom, riesig und strahlend, und zwischen ihr und dem Dom …
    Kriegherr Krom.
    Gebeugt über einem Kälteschrein stehend.
     
     
     
    Im Schrein lag ein Mann.
    Er lag da wie tot, aber er war nicht tot. Er schlief im Eis, und er schlief schon seit Jahrtausenden. Die Kälte konservierte sein Fleisch, errichtete eine Barriere gegen die Zeit, so wie die heiße Sonnensphäre eine Barriere gegen den Raum errichtete.
    Der Mann war groß und schlank, seine Haut war von hellem Braun, er war kräftig, ohne übermäßig muskulös zu sein, und sein im Schlaf entspanntes, von dunklen Haaren umrahmtes Gesicht wies kaukasische, asiatische und negroide Einschläge auf, als wäre in ihm das Erbgut aller menschlichen Rassen vereint.
    Er war ein Mensch der Erde.
    Lange Zeit stand Kriegsherr Krom vor dem Kälteschrein und starrte den Erdmenschen an.
    Schweigend, rasselnd atmend, reglos, eine Statue in einem schwarzen Kampfanzug, an dem die Stahlverstrebungen des Exoskeletts wie silberne Knochen glitzerten, mit dem entstellten Gesicht eines wahnsinnigen Götzen.
    Und in den vergletscherten Tiefen seines Bewußtseins regte sich ein vergessenes, für immer verloren geglaubtes Gefühl: eine düstere, grausame Freude, eine böse, verdorbene Heiterkeit, die vielleicht mehr als alles andere bewies, daß Krom in Wirklichkeit niemals von den Toten zurückgekehrt war, sondern nur den Tod in die Welt der Lebenden getragen hatte.
    Er hob den Kopf, unterstützt von den summenden Elektromotoren des Exoskeletts, und richtete die elektronischen Augenimplantate auf den strahlenden Dom, der nur wenige Kilometer von ihm entfernt wie eine Kuppel aus weißem Licht in den Himmel ragte, hoch über den grünen Hängen eines langgestreckten Tales thronend.
    Und die Hänge glitzerten, als wären die Sterne herabgefallen und hätten sich beim Aufprall in riesige Diamanten verwandelt. Und jeder glitzernde Diamant war ein Kälteschrein, in dem ein schlafender Erdmensch lag.
    Tausende allein in diesem Tal, Millionen oder Milliarden über den ganzen Planeten verstreut.
    Die Erde war nicht tot, die Erdmenschen waren nicht ausgestorben.
    Sie schliefen nur, und der Lichtdom hütete ihren traumlosen, eisigen Schlaf.
    Seit Jahrtausenden.
    In Kroms Gletscherbewußtsein tauchte ein weiteres Gefühl auf: Haß.
    Er haßte die Schläfer. Er haßte sie mit jeder Faser seines mehr und mehr zerfallenden Körpers, er haßte sie mehr als die Menschen des Sternenbundes, mehr als das dhrakanische Echsengezücht, mehr als Flaming Bess.
    Er haßte die Schläfer, weil er die Wahrheit erkannte.
    Sie waren für die Vertreibung der Ahnen von der Erde und ihre Verbannung ins Universum der Schattenwelt verantwortlich gewesen. Sie hatten die Ahnen bekämpft, verfolgt und schließlich besiegt und sie einem Schicksal ausgeliefert, neben dem sich sogar der Tod wie ein Segen ausnahm.
    Dieser braunhäutige, schwarzhaarige Mann in seinem tiefgekühlten Bett … vielleicht hatte nicht er selbst gegen die Ahnen gekämpft. Vielleicht war der große, grausame Krieg schon vor seiner Geburt ausgetragen worden.
    Aber das war unwichtig.
    Es waren Männer seiner Art gewesen.
    Deshalb hatten er und die Millionen oder Milliarden anderen Schläfer den Tod verdient.
    Der Kriegsherr röchelte.
    Ah, er wußte, was es hieß, zu sterben. Er fürchtete den Tod nicht. Wem das Leben nichts bedeutete, für den war der Tod ein bloßes Wort. Inhaltsleer und ohne Schrecken.
    Aber dieser Mann im Kälteschrein, dieser stattliche junge Mann mit dem edlen Gesicht und den sinnlichen Lippen — er liebte das Leben. Für ihn war das Leben mehr als ein zufälliges biologisches Phänomen, es war der Höhepunkt der kosmischen Entwicklung, die Erfüllung eines unfassbaren göttlichen Plans.
    Und während Krom über den Schrein des Schläfers gebeugt stand, dessen Fleisch
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