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Flaming Bess 09 - Die Erde

Flaming Bess 09 - Die Erde

Titel: Flaming Bess 09 - Die Erde
Autoren: Thomas Ziegler
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vom Tiefsttemperatur-Stasisfeld vor dem Verderben bewahrt wurde, spürte er, wie sein eigenes Fleisch immer mehr zerfiel.
    Er hatte damit gerechnet.
    Die Biotechniker von Herculea hatten ihn darauf vorbereitet.
    Die Revitalisierung eines Toten war niemals von Dauer. Der endgültige Zerfall ließ sich hinausschieben, mit hochwirksamen Medikamenten verzögern, aber nicht für alle Zeit aufhalten.
    Es spielte keine Rolle.
    Der Lichtdom war greifbar nah, und selbst wenn sein Körper versagte und sich weigerte, den Befehlen seines Gehirns zu folgen, würde er den Dom trotzdem erreichen — das Exoskelett war über mikrominiaturisierte Neurokontakte mit seinem Nervensystem verbunden, und solange sein Gehirn arbeitete, würde es ihn zum Ziel tragen. Krom betrachtete erneut das entspannte, edle Gesicht des Kälteschläfers und dachte an sein eigenes Gesicht, wie es vor Kas tödlichem Strahlschuß ausgesehen hatte.
    Im Gesicht des Erdmenschen las er die Antwort auf die Frage nach dem Grund der Verbannung der herculeanischen Ahnen.
    Die Antwort war so offensichtlich, so sehr Teil des herculeanischen Selbstverständnisses, daß er sich wunderte, sie nicht schon längst gefunden zu haben. Die Sonnensphäre, das rein defensive, lediglich reagierende Abwehrsystem der Erde, die freiwillige Isolation vom Rest der Galaxis, die Kälteschreine — auch darin lag die Antwort.
    Die Erdmenschen waren schwach.
    Lebensuntüchtig.
    Sie hatten ihre Wissenschaft und Technik zur höchsten Vollkommenheit entwickelt, sie hatten alle Geheimnisse des Universums gelöst und die physikalische Welt ihrem Willen unterworfen — doch statt ihrer Bestimmung zu folgen und den Kosmos in Besitz zu nehmen, hatten sie sich wieSchwächlinge verhalten.
    Der Rückzug ins Innere der Sonnensphäre war eine Flucht gewesen. Und die herculeanischen Ahnen — Erdmenschen wie dieser Schläfer, aber stark statt schwach, stolz statt feige, zum Herrschen geboren — hatten sich der Flucht verweigert.
    Das war das Schisma, von dem die Überlieferungen berichteten. Die Menschheit hatte sich gespalten. Der kämpferische, wilde, vitale Teil war von dem friedlichen, schwächlichen, lebensuntüchtigen Teil von der Erde vertrieben worden.
    Zweifellos durch Hinterlist und Heimtücke.
    Die herculeanischen Ahnen mußten irgendeinen verhängnisvollen Fehler gemacht haben, denn wie sonst hätten diese Schwächlinge sie besiegen und verbannen können?
    Aber wir sind zurückgekehrt, dachte Kriegsherr Krom. Nach Jahrtausenden des Exils sind wir zurückgekehrt. Die Erde gehört uns. Die Erde hat schon immer dem Starken gehört.
    Er atmete röchelnd.
    Er spürte, wie sich die Müdigkeit in seinen Gliedern ausbreitete, die klamme Kälte des langsamen Todes, und vom Surren der Elektromotoren begleitet, hob er erneut den Kopf und blickte zum strahlenden Dom.
    Es wurde Zeit.
    »Krom!« Ein leiser Ruf. Eine vertraute und verhaßte Stimme.
    Er fuhr herum, trotz der Müdigkeit und der zunehmenden Kälte in seinen Gliedern schnell und geschmeidig wie eine Raubkatze. Das Exoskelett seines Kampfanzugs glich die Erschöpfung seines Körpers aus. Die Elektromotoren surrten, stählerne Gelenke quietschten leise.
    »Bess!« röchelte er.
    Sie stand zwischen den Bäumen, achtzig oder hundert Meter von ihm entfernt, aber seine künstlichen Augen waren scharf genug, um jede Einzelheit erkennen zu können. Flaming Bess schwankte vor Erschöpfung. Ihr Gesicht war schweißüberströmt und verzerrt, und am Oberschenkel ihres rechten Beines klebte getrocknetes Blut.
    Sie stolperte weiter und zog ihren Destruktor.
    Es amüsierte ihn. Eine sinnlose Geste — er wußte, daß sie nicht auf ihn schießen würde. Sie konnte nicht sicher sein, ihn mit dem ersten Schuß zu treffen, und das Abwehrsystem des Doms würde verhindern, daß sie ein zweites Mal ihre Waffe abfeuerte. Und erschöpft wie sie war, hatte sie keine Chance, ihn einzuholen.
    Er lachte krächzend.
    Ich habe dir versprochen, daß du sterben wirst, Flaming Bess, dachte er, und ich werde mein Versprechen halten. Komm nur, komm, folge mir zum Dom, wo sich dein Schicksal und das Schicksal der Kälteschläfer erfüllen wird. Komm — und werde Zeugin meines endgültigen Triumphes …
    Der Kriegsherr wandte sich ab und begann zu laufen. Er lief mit großen, seltsam steifen Schritten den grasbewachsenen, sanft abfallenden Hang hinunter. Die Motormuskeln des Exoskeletts hoben und senkten seine Beine mit der Präzision eines Uhrwerks. Er atmete röchelnd und
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