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FKK im Streichelzoo - Roman

FKK im Streichelzoo - Roman

Titel: FKK im Streichelzoo - Roman
Autoren: Bjoern Berenz
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öffne ich das Schreibprogramm, und jetzt kann es endlich losgehen.
    Also … theoretisch.
    Praktisch will mir einfach nichts einfallen, was ich schreiben könnte. So bleibt mir erst einmal nichts anderes übrig, als die letzten Buchstaben des bereits halb fertigen Kapitels eingehend zu betrachten, bis sie vor meinen Augen zu tanzen anfangen. Meine Gedanken driften ab in eine weit zurückliegende Vergangenheit. Dorthin, wo alles seinen Anfang nahm. Zur Büchse der Pandora – in Form des Schlafzimmerschranks meiner Eltern.
    *
    Die Science-Fiction hat mich von frühester Kindheit an in ihren Bann gezogen. Star Wars, Captain Future, Star Trek  – alles, was auch nur im Entferntesten mit Raumschiffen und kulleräugigen Außerirdischen zu tun hatte, wurde schwammkopfmäßig von mir aufgesogen. Irgendwann stieß ich dann auf die Jerry-Light n ing -Heftromane meines Vaters, die er in seinem Kleiderschrank rechts neben den lieblos unter einem Klamottenstapel versteckten und bereits vergilbten Praline- Ausgaben aufbewahrte. Noch immer frage ich mich, wofür er sich mehr schämte.
    Doch damals, da war ich ungefähr neun, hatte ich noch keinen Sinn für die prallen Oberweiten und die lüstern dreinblickenden Nackten mit Neon-Lippenstift im linken Stapel. Vielmehr hatten es mir die kleinen Heftchen mit den knallbunten Titelbildern angetan. Es waren Hunderte! Jedes einzelne ein Meisterwerk für sich. Die Cover dieser Hefte zeigten ausgedehnte Mondlandschaften, dramatische Szenen im All mit nostalgisch wirkenden Raumschiffen im Vordergrund und fantasievolle Außerirdische, die sich in ihrem Aussehen nicht selten an der irdischen Tierwelt orientierten: raubtierartige Wesen in Weltraumanzügen, Riesenschnecken, die als Reittiere missbraucht wurden, Reptilien mit Laserblastern. Ich hatte wahrhaftig einen Schatz aufgestöbert!
    Am Anfang begnügte ich mich mit dem Betrachten der Cover und malte mir meine eigenen Geschichten zu den abgebildeten Szenarien aus. Doch irgendwann packte mich die Neugier, und ich verschlang jeden einzelnen Roman dieser Weltraumoper. Ich verstand absolut gar nichts. Aber es war faszinierend. Und mit jedem weiteren Heft stieg ich mehr in die Materie ein – in rasanter Geschwindigkeit tat sich mir ein Universum der unendlichen Möglichkeiten auf.
    Als ich die letzte Seite des untersten Hefts aus dem Stapel durchhatte, begann ich wieder von vorn. Schließlich, nach dem dritten oder vierten Durchgang, wollte ich Nachschub, neue Abenteuer meiner Weltraumhelden, die in fernen Galaxien für Recht und Ordnung sorgten. Zu meinem großen Erstaunen gab es die Serie noch immer am Kiosk um die Ecke. Allwöchentlich erschien ein neues Abenteuer meiner Space-Cowboys um den Haudegen Jerry Lightning, der es sich mit seiner Crew zum Zielgesetzt hatte, alle Völker der Galaxis zu vereinigen – koste es, was es wolle. Und auch wenn mein wissenschaftliches Interesse mit der Zeit zwar wieder zurück in den Kleiderschrank, allerdings weiter nach links zum Praline- Stapel, wanderte, kam ich doch nie wirklich von dieser Science-Fiction-Serie los, machte immer wieder einen Abstecher in die Zeitschriftenläden und Bahnhofsbuchhandlungen und besorgte mir die neueste Ausgabe.
    Mit Wehmut denke ich an diese Zeit zurück. Eine Zeit geprägt von Idealen und Illusionen. Die Realität hingegen sieht reichlich trostlos aus, zumindest momentan. Gut, ich habe es tatsächlich geschafft, mir meinen Kleinjungentraum zu verwirklichen, und darf inzwischen selbst als Autor am Helden meiner Kindheit herumwerkeln. Aber mir geht eindeutig die Fähigkeit ab, mit dem bisschen Geld, das ich damit verdiene, über die Runden zu kommen.
    Meinen daher dringend nötigen und leider ziemlich schlüpfrigen Zweitjob habe ich Menschen, genau genommen: Männern wie dem neben mir vor sich hin müffelnden Rüdiger zu verdanken. Und wenn ich die Sache ganz ungeschönt betrachte, weiß ich genau, dass die Schreiberei die eigentliche Nebensache ist – und allein mein verhasster Nebenjob als Schüttelwestern-Held dafür sorgt, dass ich mir die schriftstellerischen Ausflüge in die Welt von Jerry Lightning überhaupt leisten kann. Doch diesen Gedanken schiebe ich schnellstens wieder zurück in eine der hintersten Gehirnzellen und schließe die Tür mit einem massiven Vorhängeschloss ab. Denn all die Umstände, Mühen und Qualen bin ich gerne bereit auf mich zu nehmen – für meinen großen Traum, endlich ein anerkannter Autor zu werden. Und davon bin ich noch
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