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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges
Autoren: Bernard Cornwell
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Prolog
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    A n einem Wintertag des Jahres 1413, kurz vor Weihnachten, beschloss Nicholas Hook, einen Mord zu begehen.
    Es war ein kalter Tag. Über Nacht hatte strenger Frost geherrscht, und noch um die Mittagszeit lag Reif auf den Wiesen. Kein Windhauch regte sich, die ganze Welt war fahl, frostig und still, als Hook auf dem Hohlweg, der vom hochgelegenen Wald zum Mühlengrund führte, Tom Perrill entdeckte.
    Nick Hook bewegte sich wie ein Geist. Er war Forstmann, und sogar an Tagen, an denen der vorsichtigste Schritt wie brechendes Eis klingen konnte, ging er lautlos. Langsam arbeitete er sich den Hohlweg hinauf, auf dem Perrill eines von Lord Slaytons Zugpferden an den Stamm einer gefällten Ulme geschirrt hatte. Perrill zog den Baum zur Mühle, um daraus neue Blätter für das Wasserrad zu machen. Er war allein. Das war ungewöhnlich, denn Tom Perrill entfernte sich selten ohne seinen Bruder oder einen anderen Begleiter so weit von zu Hause, und Hook hatte ihn noch nie ohne seinen Bogen über der Schulter in diesem Teil des Waldes gesehen.
    Nick Hook blieb an der Baumgrenze stehen und verbarg sich hinter einem Stechpalmengebüsch. Er war noch hundert Schritt von Perrill entfernt, der fluchte, weil die Karrenrillen im Weg gefroren waren, sodass der große Ulmenstamm in den Furchen hängen blieb und das Pferd sich gegen die Anstrengung sträubte. Perrill hatte das Tier blutig geschlagen, aber das hatte nichts geholfen, und jetzt stand er mit der Gerte in der Hand da und verfluchte das unglückliche Geschöpf.
    Hook zog einen Pfeil aus der Tasche, die an seiner Seite hing, und überprüfte, ob es der war, den er benutzen wollte. Es war ein Breitkopf mit langer Halterungszunge, dessen Spitze so gearbeitet war, dass sie tief in den Körper eines Hirschs eindringen konnte, ein Pfeil, der die Schlagader aufriss, sodass das Tier verblutete, falls Hook das Herz verfehlte - allerdings verfehlte er es nur selten. Mit achtzehn Jahren hatte er den Drei-County-Wettbewerb gewonnen, ältere, in England weithin berühmte Bogenschützen geschlagen, und auf hundert Schritt verfehlte er sein Ziel niemals.
    Er legte den Pfeil über den Bogenschaft. Dabei beobachtete er Perrill, denn auf den Pfeil oder den Bogen musste er keinen Blick verschwenden. Sein linker Daumen hakte sich über den Pfeil, und seine rechte Hand spannte die Sehne leicht an, sodass sie in die kleine, mit Hörn verstärkte Kerbe am Ende des befiederten Pfeils rutschte. Dann hob er den Bogen, die Augen immer noch auf den ältesten Sohn des Müllers gerichtet.
    Er zog die Sehne ohne erkennbare Anstrengung zurück. Die meisten Männer, die keine Bogenschützen waren, hätten die Sehne nicht halb so weit zurückziehen können. Er dagegen spannte sie bis zu seinem rechten Ohr.
    Perrill hatte sich umgedreht und sah in Richtung des Mühlengrundes, in dem sich der Fluss als silbriges Band unter den winterkahlen Weiden dahinwand. Er trug Stiefel, Kniehosen, eine Jacke und darüber einen Mantel aus Hirschleder, und er ahnte nichts davon, dass sein Tod nur noch ein paar Herzschläge entfernt war.
    Hook gab den Pfeil frei. Er schnellte glatt davon, die Hanfsehne löste sich ohne das geringste Zittern von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger.
    Der Pfeil beschrieb eine gerade Linie. Hook sah den grauen Federn nach, beobachtete, wie der sich verjüngende Eschenschaft mit der Stahlspitze auf Perrills Herz zuraste. Er hatte die keilförmige Stahlspitze geschärft, und er wusste, dass sie Hirschleder so leicht wie Spinnweben durchdringen würde.
    Nick Hook hasste die Perrills, genau wie die Perrills die Hooks hassten. Die Fehde reichte zwei Generationen zurück. Damals hatte Tom Perrills Großvater Hooks Großvater im Dorfgasthaus getötet, indem er ihm einen Schürhaken ins Auge rammte. Der alte Lord Slayton hatte erklärt, es habe sich um einen redlichen Kampf gehandelt, und sich geweigert, den Müller zu bestrafen. Seitdem suchten die Hooks nach einer Gelegenheit zur Rache.
    Sie hatten nie eine gefunden. Hooks Vater war bei dem alljährlichen Fußballspiel zu Tode getrampelt worden, und man hatte niemals jemanden dafür zur Verantwortung gezogen, obwohl jeder wusste, dass es einer von den Perrills gewesen sein musste. Der Ball war ins Schilf hinter dem Obstgarten des Herrenhauses geflogen, ein Dutzend Männer waren ihm nachgelaufen, doch nur elf waren zurückgekehrt. Der neue Lord Slayton hatte bei der Vorstellung, das als Mord zu bezeichnen, nur gelacht.
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