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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges
Autoren: Bernard Cornwell
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sagte Sir Edward und leerte den Krug. Er trug ein Kettenhemd über einer Lederjacke und darüber den Wappenrock mit den Sternen. Ein Schwert hing an seiner Seite. Die Klinge war, wie Hook wusste, nicht verziert. Das Heft bestand aus schlichtem Stahl, auf den Griffstücke aus Walnussholz geschraubt waren. Mit diesem Schwert übte Sir Edward sein Kriegshandwerk aus, und er hatte es benutzt, um den Aufständischen zu töten, dessen Kampfaxt ihm das halbe Gesicht weggeschlagen hatte.
    Die Gruppe aus der Kirche war inzwischen von den Soldaten und den Priestern zur Mitte des Marktplatzes getrieben worden, wo die meisten von ihnen niederknieten und beteten. Es waren etwa sechzig Personen, Männer und Frauen, Junge und Alte. «Wir können sie nicht alle verbrennen», sagte Sir Martin bedauernd, «also müssen wir den Rest von ihnen am Strick zur Hölle schicken.»
    «Wenn es Häretiker sind», knurrte Sir Edward, «dann sollten sie alle verbrannt werden.»
    «Wenn das Gottes Wille wäre», gab Sir Martin scharf zurück, «hätte Gott für genügend Feuerholz gesorgt.»
    Nun tauchten immer mehr Leute auf. Immer noch herrschte Angst in der Stadt, doch das Volk spürte, dass die größte Gefahr vorüber war, und so kam es zum Marktplatz, wo Sir Martin den Bogenschützen befahl, es durchzulassen. «Das sollen sie sich mit eigenen Augen ansehen», verkündete der Priester. In der Menge herrschte Missmut. Die Sympathie der Leute galt eindeutig den Gefangenen und nicht den Wachen, obwohl hier und da ein Priester oder Mönch eine unvorbereitete Predigt herunterhaspelte, um die Geschehnisse dieses Tages zu rechtfertigen. Die Todgeweihten seien Gegner Christi. Sie hätten Gelegenheit erhalten zu widerrufen, diese Gnade jedoch abgelehnt, und deshalb mussten sie sich nun ihrer Höllenstrafe stellen.
    «Wer sind diese Leute?», fragte Hook.
    «Lollarden», antwortete Sir Edward.
    «Was ist ein Lollarde?»
    «Ein Häretiker, du Schleimbeutel», sagte Snoball heiter. «Diese Bastarde hatten vor, sich hier zu sammeln und einen Aufstand gegen unseren huldreichen König zu führen» Stattdessen fahren sie jetzt zur Hölle!»
    «Sie sehen aber gar nicht nach Aufständischen aus», sagte Hook. Die meisten Gefangenen waren mittleren Alters, manche sogar schon alt, und eine Handvoll von ihnen war sehr jung. Auch Frauen und Mädchen befanden sich in der Gruppe.
    «Es ist völlig egal, wonach sie aussehen», erklärte Snoball. «Es sind Häretiker, und deshalb müssen sie sterben.»
    «So lautet Gottes Wille», sagte Sir Martin.
    «Aber was macht sie zu Häretikern?», fragte Hook nach.
    «Oh, haben wir heute unseren neugierigen Tag?», knurrte Sir Martin missmutig.
    «Ich würde das auch gerne wissen», ließ sich Michael vernehmen.
    «Dass die Kirche sie zu Häretikern erklärt hat», schnauzte Sir Martin und besann sich dann darauf, seinen Ton zu mäßigen. «Glaubst du, Michael Hook, dass sich die Hostie in dem Moment, in dem ich sie erhebe, in das allerheiligste Geheimnis, in das geliebte Fleisch unseres Herrn Jesus Christus verwandelt?»
    «Ja, Pater, natürlich!»
    «Nun, die dort glauben es nicht», sagte der Priester mit einer abfälligen Kopfbewegung zu den Lollarden, die im Dreck knieten. «Sie glauben, das Brot bleibt einfach nur Brot, und damit sind sie dümmer als ein Ziegenschiss. Und glaubst du, dass unser Heiliger Vater, der Papst, Gottes Stellvertreter auf Erden ist?»
    «Ja, Pater», sagte Michael.
    «Und dafür solltest du Gott danken, denn sonst müsste ich dich verbrennen.»
    «Ich dachte, es gibt zwei Päpste?», warf Snoball ein.
    Sir Martin ging darauf nicht ein. «Hast du schon mal einen Sünder brennen sehen, Michael Hook?», fragte er stattdessen.
    «Nein, Pater.»
    Der Geistliche grinste lüstern. «Sie schreien, junger Hook, wie ein Eber beim Kastrieren. Genau so schreien sie!» Unvermittelt drehte er sich um und stach Nick seinen knochigen Zeigefinger in die Brust. «Und diese Schreie solltest du, Nicholas Hook, dir ganz genau anhören, denn sie sind die Liturgie der Hölle. Du wirst nämlich», erneut stieß er mit seinem Finger gegen Nicks Brust, «ganz bestimmt auch bald zur Hölle fahren.» Wieder wirbelte der Priester herum, diesmal mit ausgebreiteten Armen. Er erinnerte an einen großen schwarzen Vogel. «Wehret die Hölle ab!», rief er leidenschaftlich, «wehrt sie ab! Keine Titten mittwochs und freitags, und tuet eifrig jeden Tag Gottes Werk!»
    Noch mehr Stricke waren an anderen Balken rund um den Marktplatz
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