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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges
Autoren: Bernard Cornwell
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befestigt worden, und jetzt wurden die Gefangenen von groben Soldaten in kleinere Gruppen aufgeteilt und zu den Behelfsgalgen getrieben. Ein Mann sprach seinen Gefährten mit lauter Stimme Mut zu. Er rief, sie sollten auf Gott vertrauen und dass sie sich alle im Himmel wiedersehen würden, noch bevor der Tag zu Ende ginge, und so sprach er immer weiter, bis ihm ein königlicher Soldat mit der Faust im Kettenhandschuh den Kiefer brach. Der Mann mit dem gebrochenen Kiefer war einer der beiden Aufständischen, die zum Verbrennen ausgesucht wurden, und Hook, der etwas abseits von seinen Gefährten stand, beobachtete, wie der Mann auf das mit Steinen und Kies gefüllte Fass gehievt und an den Balken gefesselt wurde. Die Soldaten schichteten noch mehr Feuerholz um seine Füße auf.
    «Los, Hook, träum nicht», knurrte Snoball.
    Die Zuschauer schienen immer noch nicht überzeugt, die meisten sahen finster drein und wirkten aufgebracht. Sie wandten einer Gruppe Mönche in braunen Kutten den Rücken, die einen Lobgesang über die glorreichen Ereignisse dieses Tages angestimmt hatten.
    «Heb den Alten hoch», sagte Snoball zu Hook. «Wir müssen zehn töten, also machen wir, dass wir fertig werden.»
    Einer der Handkarren, mit denen das Feuerholz gebracht worden war, stand nun leer unter dem Balken, und Hook sollte einen von vier Männern auf die Ladefläche heben. Die anderen sechs Gefangenen, vier Männer und zwei Frauen, warteten an der Seite. Eine der Frauen klammerte sich an ihren Mann, die zweite hatte sich zum Beten niedergekniet. Alle vier Gefangenen auf dem Karren waren Männer, und einer von ihnen war alt genug, um Hooks Großvater zu sein. «Ich vergeh» dir, mein Sohn», sagte der alte Mann, als Hook ihm den Strick um den Hals legte. «Du bist Bogenschütze, oder?» Hook antwortete nicht. «Ich war bei der Schlacht von Homildon Hill», sprach er weiter und sah hinauf zu den grauen Wolken, während Hook den Strick straffer zog. «Dort habe ich mit dem Bogen für den König gekämpft. Pfeil auf Pfeil, mein Junge, habe ich in die schottischen Reihen geschickt. Ich habe die Sehne weit gespannt und sie mit gewaltiger Kraft vorschnellen lassen, und Gott verzeih mir, aber ich war gut an diesem Tag.» Er sah Hook in die Augen. «Ich war Bogenschütze.»
    Hook war neben seinem Bruder und dem einen oder anderen Mädchen nur weniges im Leben teuer, doch Bogenschützen waren Hooks Helden. Englands Sicherheit bewahrten in seinen Augen nicht die Männer in schimmernden Rüstungen auf Pferden mit gepolsterten Überwürfen, sondern die Bogenschützen, gewöhnliche Männer, die Häuser bauten, Felder pflügten oder ein Handwerk ausübten und die mit dem Eibenbogen einen Pfeil hundert Schritte weit fliegen lassen und ein Ziel von der Größe einer Handfläche treffen konnten. Hook erwiderte den Blick des alten Mannes und sah keinen Häretiker mehr, sondern einen stolzen und kräftigen Bogenschützen. Er sah sich selbst. Und plötzlich wusste er, dass er diesen alten Mann mögen könnte, und diese Erkenntnis ließ seine Hände zittern.
    «Du kannst nichts daran ändern, Junge», sagte der Mann leise. «Ich habe für den alten König gekämpft, und sein Sohn will meinen Tod, also zieh den Strang ordentlich fest, Junge, zieh in fest. Und wenn ich tot bin, mein Junge, dann tu etwas für mich.»
    Hook nickte beinahe unmerklich.
    «Siehst du dort das Mädchen beten?», fragte der alte Mann. «Das ist meine Enkelin. Sarah, sie heißt Sarah. Bring sie für mich von hier weg. Sie ist noch zu jung für den Himmel, also bring sie weg. Du bist jung, mein Sohn, du bist stark, du kannst sie für mich wegbringen.»
    Wie?, dachte Hook und zog heftig am Ende des Stricks, sodass sich die Schlinge in den Hals des alten Mannes grub. Dann sprang er vom Karren und glitt im Schlamm halb aus. Snoball und Robert Perrill hatten die anderen Schlingen geknüpft und waren längst vom Karren heruntergeklettert.
    «Einfaches Volk ist das», sagte Sir Martin. «Nichts weiter als einfaches Volk, und dennoch glauben sie es besser zu wissen als die Mutter Kirche. Daher muss ihnen eine Lektion erteilt werden, damit ihnen keine anderen einfachen Leute in ihrem Irrtum folgen. Habt kein Mitleid mit ihnen, denn es ist Gottes Barmherzigkeit, die wir vollstrecken, Gottes unendliche Barmherzigkeit!»
    Und Gottes unendliche Barmherzigkeit wurde vollstreckt, indem die Männer den Karren mit einem Ruck unter den Füßen der vier Lollarden wegzogen. Sie fielen ein kurzes Stück
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