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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels
Autoren: Bert Saurbier
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    Seinen geliebten Wagen, ein in die Jahre gekommener E 220 CDI, stellte er in der Garage des elterlichen Hauses ab. Gern hätte er Mutter und Vater noch einen kurzen Besuch abgestattet. Da aber beide für ein paar Tage verreist waren, musste er heute auf diese liebevolle Begegnung verzichten.
    An diesem Abend kam ihm das gerade recht.
    Den gesamten Samstagnachmittag hatte er hart trainiert und sehnte sich danach, die Füße in aller Ruhe hochzulegen. Doch Dusche und Liegestuhl auf der Dachterrasse seines kleinen Holzhauses mussten noch eine gute Stunde warten. Ein hartes Stück Trainingsarbeit lag noch vor ihm. Es war zu einer überwindungsbedürftigen Gewohnheit geworden, den Weg von Gemünd bis hinauf nach Hergarten joggend zurückzulegen. Zu bewältigen waren etwa acht Kilometer bergauf mit einem Höhenunterschied von über hundert Metern.
    Als er los lief, hatte die Dämmerung bereits eingesetzt. Aber das beunruhigte ihn keineswegs. Die Laufstrecke war ihm vertraut, und er konnte sich auf sein überdurchschnittliches Sehvermögen verlassen. Sogar nachts, bei nur mäßigem Mond- oder Sternenschein, hatte er keine Probleme mit der Orientierung.
    Er legte das Törchen des Spriegelzaunes ins Schloss und trat auf die Straße. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, etwa zwanzig Meter entfernt, fiel ihm ein anthrazitfarbener VW Polo mit Siegburger Kennzeichen auf. Er hatte das Gefühl, hinter den spiegelnden Scheiben bewege sich etwas. Einen Moment lang war er versucht, stehen zu bleiben und genauer hinzuschauen, doch dann überlegte er es sich anders und lief los.
    Nach fünfhundert Metern löste der festgewalzte, rotbraune, feinkörnige Schotter der Spazierwege durch den Gemünder Kurpark den Asphalt der Urftseestraße ab. Wenige hundert Meter weiter begann der naturbelassene Waldweg. Doch seine Gedanken wanderten zurück an den Ausgangspunkt. Wer hatte in dem Kleinwagen gesessen? Weshalb versteckte sich diese Person in dem Wagen? Beobachtete sie etwas, ohne selbst bemerkt werden zu wollen? Hätte jemand in diesem kleinen Fahrzeug schlafen wollen, wäre der Sitz zurückgeschoben und die Rückenlehne flachgestellt gewesen.
    Plante jemand einen Einbruch in das zurzeit unbewohnte Haus seiner Eltern? Wie gut, dass sie im vergangenen Jahr das Haus einbruchsicher hatten ausrüsten lassen. Eine hochmoderne Alarmanlage hätte sofort jeden Einbruchversuch der nur zwei Kilometer entfernten Polizeistation gemeldet.
    Er beendete seine Grübeleien mit dem Vorsatz, sich morgen eine Auskunft einzuholen. Das Kennzeichen war in seinem fotografischen Gedächtnis gespeichert.
    Erschöpft, aber auch stolz auf diese außergewöhnliche Trainingseinheit, hatte er in der vorgesehenen Zeit sein Schmuckkästchen, sein trautes Zuhause erreicht. Hinter ihm lagen sechs Stunden eines bis an die Grenzen seiner physischen und psychischen Belastbarkeit reichenden, hochspezialisierten Trainingsprogramms. Er musste lächeln, als er die letzte Stunde des beinharten Berganlaufes in Gedanken als Nachtisch bezeichnete.
    D’Aubert schob den großen schmiedeeisernen Schlüssel ins Schloss der hölzernen Haustür mit dem kleinen Sprossenfenster und genoss es, wie jedes Mal, in eine Welt einzutreten, die ihn mit Vertrautheit, Geborgenheit und erholsamer Ruhe umschmeichelte.
    Üblicherweise hätte er sich jetzt als erstes von seinen leicht verschwitzten Trainingssachen befreit und genussvoll erlebt, wie die heiße Dusche die Anstrengungen des Tages von Leib und Seele schwemmte und ein anschließender kneippscher Kaltwasser-Ganzkörper-Guss die müden Lebensgeister auffrischte.
    Heute Abend jedoch störte etwas diesen gewohnten Rhythmus. Da war noch immer das Bild der sich im Auto versteckenden Person.
    Eine Warnlampe in seinem Kopf ließ ihn darauf verzichten, das Licht anzuschalten. Er stieg die Treppe hinauf, öffnete geräuschlos die Glastür zur Dachterrasse und legte sich vorsichtig in den Liegestuhl. Das Terrassengeländer bestand aus massivem Holz und bot ihm somit kompletten Sichtschutz.
    Er versuchte, sich zu entspannen und genoss die klare, erfrischende Eifelluft, den natürlichen Duft des Waldes, die schmeichelnde Musik, die beim Spiel des leichten Windes mit den Blättern der Baumwipfel entstand und die Dunkelheit, die besucht wurde vom dezenten Licht aus den ehrfurchtgebietenden Unendlichkeiten des Alls.
    Dieses entspannende Erleben der hier draußen noch puren Natur leitete über zur Sehnsucht nach der Gnade eines wohltätigen Schlafes. Die
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