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FKK im Streichelzoo - Roman

FKK im Streichelzoo - Roman

Titel: FKK im Streichelzoo - Roman
Autoren: Bjoern Berenz
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Aber ich bin im Dienst.«
    »Schon klar.«
    Er gibt mir die Fahrkarte zurück, tippt mit dem Zeigefinger an die Schirmmütze und macht auf dem Absatz kehrt, während ich mich langsam die Stufen hinunterarbeite, auf den älteren Herrn zu, der mir die Pussy Pump entgegenhält und mit zittriger Stimme sagt: »Wissen Sie, das mit der Schlafapnoe hat bei mir auch ganz schleichend angefangen – aber dass so ein junger Mann wie Sie … Also nein!«

2
    Das achtarmige Männchen der Tintenfisch-Spezies Taningia danae reißt fünf Zentimeter tiefe Wunden in das Fleisch des Weibchens und legt seine Spermien dort hinein. Danach macht es den polnischen Abgang. Sehr charmant.
    Etwa drei Stunden später und um neunundsiebzig Euro erleichtert befinde ich mich schließlich im ICE in Richtung Rheinland. Und auch wenn sich die Bahn noch so sehr bemüht, uns Bahnfahrern etwas anderes vorzugaukeln: Das kundenfreundliche und offene Design des Service-Points in hellem Holz und ganz ohne Panzerglas ist der reinste Hohn, wenn das menschliche Interieur Eiche rustikal ist. Eine zugeknöpfte Frau mit dem Charme einer Wohnzimmerschrankwand teilte mir in Nürnberg mit, dass der Frühbucherrabatt von ursprünglich neunundzwanzig Euro nicht mehr geltend gemacht werden könne und nun leider der gesamte Fahrpreis zu entrichten sei – zuzüglich der Gebühr für die Sitzplatzreservierung.
    Nachdem ich meinen Trolley in die obere Gepäckablage bugsiert habe, lasse ich mich in meinen Sitz fallen und starre aus dem Fenster in die langsam vorüberziehende Gegend. Weit reicht die Sicht nicht. Alles verschwimmt in einer trist-trüben Nebelsuppe, und die nächste Baumreihe lässt sich gerade noch erahnen. Man könnte meinen, es sei November statt April. Und wenn schon. Ich bin ohnehin zu erschöpft, um mich an irgendwelchen Landschaften sattzusehen. Allmählich fordert das anstrengende Wochenende in Pilsen wohl doch seinen Tribut.
    Das gleichmäßige Rattern der Schienen macht meine Augenlider schwer. Schließlich gebe ich nach und spüre, wie meine Gedanken immer wirrer werden und ich kurz davor bin, ins Reich der Träume abzugleit…
    »Stückste mal ’n Rück?«
    Jeder einzelne Nerv meinen Körpers zuckt vor Schreck zusammen. Auf meiner Augenhöhe kreist ein gigantisches Gesäß, das von einer eng sitzenden Jeans im Zaum gehalten wird. Dort, wo die Hose viel zu früh aufhört, blitzen die Ausläufer eines Dschungels aus schwarz gekräuselten Haaren hervor.
    Begleitet von einem ergreifenden Ächzen nimmt das Etwas neben mir Platz und reißt damit nicht nur die Armlehne zwischen unseren Sitzen mit einer dreisten Selbstverständlichkeit an sich; seine wabbelige rechte Bauchseite geht den Weg des geringsten Widerstands und schafft es irgendwie, unter der Lehne hervorzuquellen und sich ungefragt auf meinen Platz auszudehnen.
    »Geht doch nix über ’ne Sitzplatzreservierung«, brummt das Wesen in seinen ungepflegten Bart. »Ich bin übrigens der Rüdiger.«
    Ich kann nicht anders, als ihn anzustarren. Mit seiner hohen Stirn und dem braunen fettigen Haar, das er sich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hat, sieht er aus wie der zu Fleisch gewordene Comic-Händler von den Simpsons . Der Geruch seiner schwitzigen Füße, die trotz der herbstlichen Brühe draußen in offenen Sandalen stecken, steigt mir in die Nase und sorgt dafür, dass mir augenblicklich speiübel wird. Auf seinem verwaschenen schwarzen T-Shirt steht in großen weißen Buchstaben: Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden.
    Tja, wem sagt er das.
    Verzweifelt lasse ich meinen Blick durch den Wagen schweifen. Aber ich habe schlechte Karten, es ist kein anderer Sitzplatz mehr frei. An Schlaf ist neben diesem Monstrum auch nicht mehr zu denken. Also versuche ich Rüdiger auszublenden und widme mich dem, was sich nicht länger aufschieben lässt: meinem überfälligen Manuskript. Dafür aber brauche ich den Laptop, der zwischen meinen Füßen in meiner Umhängetasche steckt – und eingequetscht zwischen meinem Sitz und Rüdigers Beinen muss ich feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, in einem Radius von wenigen Zentimetern herumzuhantieren. Zumal, wenn ich aufgrund der Nähe zu Rüdigers Füßen nicht in den nächsten Minuten an einer Gasvergiftung krepieren will.
    Als ich den Rechner endlich nach oben gezerrt habe, tippe ich nervös auf der Tastatur herum, bis endlich der begrüßende Signal-Akkord über das monotone Scheppern des Zugs hinweg ertönt. Mit einem weiteren Klick
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