Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
FKK im Streichelzoo - Roman

FKK im Streichelzoo - Roman

Titel: FKK im Streichelzoo - Roman
Autoren: Bjoern Berenz
Vom Netzwerk:
genauso weit entfernt wie vom Koblenzer Hauptbahnhof.
    Genau genommen bin ich noch nicht mal Schriftsteller, von einem Autor ganz zu schweigen. Jerry-Lightning –Heftromaneschaffen es noch nicht einmal in die Buchhandlungen. Und damit habe ich unter meinen Autorenkollegen in etwa den Status eines Putzerfisches im Süßwasserbecken des Sealife inne. Dennoch füllt mich diese Tätigkeit aus wie nichts anderes. Das Jonglieren mit Wörtern ist meine Passion, die ich tief in mir trage und die mir niemand nehmen kann. Auch wenn ich vielleicht nicht in einer Liga mit Hemingway, Irving oder von mir aus auch nur Tommy Jaud spielen kann, bin ich doch mit Feuereifer bei der Sache und punkte mit einer hohen Anschlagrate. Und das ist in diesem Genre beinahe wichtiger als kunstvoll verwobenes Erzählen.
    Dumm nur, dass ausgerechnet dieser Feuereifer mich jetzt im Stich lässt.
    Wieder überkommt mich die Deadline-Neurodermitis, wie ich diese körperliche Erscheinung liebevoll nenne. Ein vorwiegend auf der Kopfhaut, im Gesicht und an den Unterarmen auftretender Juckreiz, der durch nichts aufzuhalten ist; diesmal juckt es peinlicherweise sogar im Schritt. Dieses psychosomatische Krankheitsbild tritt immer dann in Erscheinung, wenn sich die Zeit bis zum Abgabetermin im umgekehrt proportionalen Verhältnis zu der noch zu schreibenden Zeichenanzahl befindet.
    Ich stolpere über meinen eigenen Gedanken, und zwar nicht, weil er zu kompliziert ist, sondern weil diesmal irgendetwas anders ist: Es juckt mich nur im Schritt.
    »Wat schreibst ’n da?«, durchbricht Rüdiger das gedämpfte Gemurmel des Großraumabteils. Sein Tonfall lässt nicht erkennen, ob er aus wirklichem Interesse oder nur aus Langeweile nachfragt.
    Ich nehme den Blick von dem kleinen vertikalen Strich am Absatzbeginn, der mich höhnisch anblinkt. »Einen Roman.«
    »Oh. Und wer ist Matt Rex?«
    Zunächst bin ich verwirrt. Dann aber sehe ich, dass seinBlick am unteren Rand der Fußzeile klebt. »Ich bin Matt Rex. Also, das ist mein Pseudonym.«
    »Ach.«
    Seine Augen wandern wieder nach vorne und saugen sich an einem Punkt auf der Kopfstütze seines Vordermannes fest. So recht weiß er die neue Information wohl nicht einzuordnen. Aber was kümmert mich das. Ich habe drei ganz andere Probleme: eine sich unaufhaltsam auf mich zu bewegende Deadline. Einen tyrannischen Exposé-Autor, der die Story geliefert hat. Und eine ausgewachsene Schreibblockade.
    Mit meinen persönlichen Reitern der Apokalypse im Nacken scrolle ich zum Ende des Textdokuments und lese mir den letzten Abschnitt noch einmal durch:

    »Hier spricht Jerry Lightning, ich rufe die Janus IV! Können Sie mich hören?«
    »Ich verstehe Sie sehr gut«, antwortete der Androide in einem monotonen blechernen Singsang.
    »Wir geben Ihnen Feuerschutz. Beenden Sie Ihre Mission.«
    Mit einem kurzen Nicken gab Lightning den Befehl. Augenblicklich wurde der Sichtschirm der Kommandobrücke in ein hellrotes gleißendes Licht getaucht. Die gegnerischen Schiffe der Maruder vom Planeten Dystorbia wichen aus der unmittelbaren Zone der sonnenhellen Glut. Mit Lichtgeschwindigkeit flog die Janus IV in das Zentrum des Ringes hinein …
    Ein abfälliges »Ts!« katapultiert mich aus dem Androbeta-Universum zurück ins Hier und Jetzt.
    »Wer liest denn so was freiwillig?«
    »Fans«, presse ich zwischen den Zähnen hervor. Ohne auch nur aufzublicken, widme ich mich wieder den Buchstaben, die sich einer fröhlichen Vermehrung einfach widersetzen. Es ist zum Marsmenschenmelken! Der kleine Strich blinkt mir weiterhin höhnisch entgegen und übt eine hypnotisierende Wirkung auf mich aus wie die Schlange Kaa im Dschungelbuch .
    Doch dann fällt mir plötzlich etwas ein, und ich lasse meine Finger über die Tastatur gleiten:

    Der sechsarmige Maruder manövrierte das Steuerelement mit seinem Ordinärgehirn und …
    »Maruder«, brummt Rüdiger und glotzt unverhohlen auf meinen Monitor. »Wat soll’n dat sein?«
    »Science-Fiction«, erwidere ich schmallippig. Ich presse meine Kiefer derart fest aufeinander, dass ein stechender Schmerz durch meine Schläfe fährt. So kann ich einfach nicht arbeiten! Nicht dass ich momentan überhaupt zu so etwas wie Produktivität fähig wäre, aber dank Rüdiger klappt ja nicht mal mehr die Selbstverarsche.
    »Ssseiii-ääänß Fiiick-schnn.« Er zieht die beiden Worte wie Kaugummi in die Länge. Als liefe er allein dadurch, dass er die Silben in den Mund nimmt, Gefahr, von einer ansteckenden Krankheit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher